R. J. Barker: Die Rache des Assassinen (Buch)

R. J. Barker
Die Rache des Assassinen
(Blood of Assassins, 2017)
Übersetzung: Beate Brammertz
Heyne, 2019, Paperback, 528 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-31883-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Fünf Jahre sind ins Land gegangen, seitdem wir unseren Assassinen-Lehrling Girton Klumpfuß und seine Meisterin Karn das letzte Mal begleitet haben. Nachdem sie den Anschlag auf den Thronerben auf der Burg Maniyadoc vereitelt und das Machtgefüge im Reich mächtig durcheinander gewirbelt haben, reisten sie die letzten Jahre durch ferne Länder. Girton hat dabei, sehr zum Unwillen seiner Meisterin, seine Übungen im Umgang mit dem scharf geschliffenen Stahl eingestellt und sich eines Streithammers bemächtigt. Neben dem Waffenwechsel aber ist offensichtlich, dass sich auch sein inneres Wesen gewandelt hat.

 

Aus dem sensiblen, einfühlsamen Jungen ist ein gnadenloser Kämpfer geworden, der auf dem Schlachtfeld in Blut watet und berserkerhaft in jeden Kampf geht. Seine Meisterin Merela befürchtet gar, dass er den Gott des Todes sucht, so dass sie ihre Wege wieder gen Maniyadoc richtet.

Hier kämpfen mittlerweile drei Könige um die Herrschaft. Dass Merela, kurz bevor sie das Lager eines der Könige erreichen, vergiftet wird und dem Tode nahe dahinsiecht führt dazu, dass Girton als Botschafter zu seinem alten und einzigen Freund König Rufra entsandt wird. Er soll nicht nur ein Friedens- und Bündnisangebot überbringen, Rufra setzt ihn als Kämpen und Ermittler ein um die Suche nach den Verrätern aus dem innersten Kreis sowie in einem Mordfall. Wahrlich keine einfache Aufgabe für einen jungen, verbitterten und verunsicherten Mann, dessen Menschenkenntnis zu wünschen übrig lässt…


Girton war schon im ersten Band der mittlerweile auf eine Trilogie angewachsenen Saga kein triumphierender, strahlender Held. Schon seine körperliche Behinderung aber auch sein impulsives Wesen, machten ihn zu einem sperrigen, aber auch interessanten Protagonisten.

In vorliegendem zweiten von insgesamt drei Bänden setzt sich diese Entwicklung fort. Neben der Tatsache, dass die Handlung deutlich martialischer angelegt ist, als im Debütroman Barkers, agiert der junge Mann nicht eben souverän in seinen Ermittlungen. Impulsiv ist er, er neigt zu Schnellschüssen und arbeitet viel zu sehr mit Unterstellungen und Annahmen, statt auf das zu hören, was ihn seine Meisterin gelehrt hat - nichts für bare Münze zu nehmen und alles zu hinterfragen nämlich. So verdächtigt er oftmals die Falschen, geraten Unschuldige ins Visier während die eigentlich Verantwortlichen zunächst mit ihrem Treiben fortfahren können.

Allerdings führt die Zeichnung des Erzählers dazu, dass wir uns um ihn sorgen. Gleichgültig kann man dieser oftmals geschundenen Kreatur, die eigentlich immer nur das Beste für seine Meisterin, seinen Freund und nicht zuletzt für sich sucht, nicht gegenübertreten. Mehr noch, so manches Mal verzweifelt man fast an der Unfähigkeit Girtons, die Hinweise einzuordnen und mit seinen Ermittlungen voranzukommen. Er verhält sich schlicht dumm, muss dann aber auch folgerichtig den Preis dafür bezahlen.

Auffällig war und ist die Verschiebung des Plots hin zu Kampfbeschreibungen. Barker sind hier einige sehr intensive und blutige Kämpfe, Schlachten und Gemetzel gelungen, die mich ein wenig an die entsprechenden Beschreibungen des Kollegen R. Scott Bakker erinnert haben. Hier bietet sich der Plot deutlich dunkler, ja brutaler an als der erste Teil.

So ist dies ein Roman, der eine ganz andere Gewichtung aufweist als der erste Teil. Die Handlung konzentriert sich auf die Beschreibungen der vielen Kämpfe, erst spät erfahren wir weitere Details um die Macht-Strukturen im Reich, die das Land verderbende Magie und deren Träger. Mehr als genug offene Fragen also für den abschließenden dritten Teil also.

In Großbritannien erschien auch dieser Band als Trade Paperback bei Orbit. Daneben aber hat ein kleiner Verlag für seine Kunden eine auf 300 Stück limitierte, signierte Hardcover-Ausgabe drucken lassen. Man stelle sich das vor, wenn ein deutscher Kleinverlag oder Buchhändler an Random House/Heyne herantreten würde, mit dem Ansinnen von einem Paperback für ihn und seine Kunden parallel zur regulären Ausgabe noch eine gebundene Edition in Kleinauflage drucken zu lassen - eigentlich undenkbar, oder?