Kevin Hearne: Erschüttert - Die Chronik des Eisernen Druiden 7 (Buch)

Kevin Hearne
Erschüttert
Die Chronik des Eisernen Druiden 7
(Shattered, 2014)
Übersetzung: Friedrich Mader
Titelbild: Gene Mollica
Hobbit Presse, 2017, Paperback, 410 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-608-96170-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Nach den letzten Kämpfen gegen seine Feinde hat der „eiserne Druide“ Atticus einige Verletzungen davon getragen, durch die seine Tattoos beschädigt wurden, so dass er nicht mehr zwischen der menschlichen und seinen Tiergestalten wechseln kann. Granuaile ist zwar jetzt eine vollständige Druidin, aber nicht erfahren genug, um die magischen Tattoos neu zu stechen. Diese Aufgabe soll Atticus‘ Erzdruide erfüllen, den die Morrigan auf einer Zeitinsel ablud, so dass er nicht merkte, dass rund zweitausend Jahre an ihm vorbeizogen.

Zunächst jedoch muss Atticus seinen alten Lehrmeister auf die neue Welt vorbereiten, ihm unter dem Namen Owen Kennedy alle notwendigen Papiere besorgen und ihn vertrauenswürdigen Leuten vorstellen. Außerdem hat sich Owen den Thuata dé Dannan vorzustellen und sie, insbesondere die Göttin Brighid, darüber in Kenntnis zu setzen, dass er noch lebt. Atticus bittet ihn, wachsam zu sein, denn er vermutet einige seiner Feinde unter diesen Göttern. Und tatsächlich kommt Owen bald ein ganz schlimmer Verdacht.

Unterdessen reist Granuaile mit ihrer Hündin Orlaith nach Indien, wo gerade sehr seltsame Dinge passieren, ausgelöst von ihrem verschollenen Vater. Zusammen mit der Hexe Laksha und der Dewi Durga kämpft sie gegen die finsteren Mächte, die Besitz von ihrem Vater und unschuldigen Menschen ergriffen haben. Dass das alles eine Falle war, erkennt sie erst, als es zu spät ist. Obendrein erbeutet der Strippenzieher durch sie zwei tödliche Waffen und brandmarkt sie mit seinem Zeichen, so dass er sie überall und jederzeit finden kann.

Das macht es Granuaile unmöglich, mit Atticus in ihrer Hütte oder an anderen für sie wichtigen Orten zusammen zu sein, denn der Feind, der ihn töten will, würde ihn durch sie mit Leichtigkeit aufspüren. Und ausgerechnet jetzt, da sie geschwächt und zu einer Gefahr geworden ist, braucht ihr Lehrer und Liebster sie dringend, da er zusammen mit Freunden ebenfalls in eine Falle tappte, trotz Owens Warnung.


Die ersten fünf Bände wurden von Atticus in der Ich-Form erzählt, und Autor Kevin Hearne ging freudig in seiner Figur auf. Das änderte sich mit dem sechsten Buch, da die Perspektive aufgrund von Atticus‘ vorübergehendem Tod zu Granuaile wechselte, die trotz aller Bemühungen doch immer ähnlich der Titelfigur klang, und man hatte auch das Gefühl, dass sich Kevin Hearne nicht so recht wohl in dieser ‚Haut‘ fühlte, zumal er selbst Atticus‘ Hund Oberon überzeugender und witziger darzustellen vermag. Jetzt ist mit dem Erzdruiden Owen gar noch eine dritte Figur hinzugekommen, in die sich der Autor leichter hineinzuversetzen vermag, die aber ebenfalls wie ein Atticus-Klon wirkt.

Wirklich schlimm ist das nicht, aber die Aufteilung auf mehrere Personen und Schauplätze ist notwendig, um einerseits das drohende Ragnarök, in dem Atticus den Platz des getöteten Thor einnehmen soll, noch etwas aufzuschieben und andererseits neue Erkenntnisse aufzudecken, ohne dass die Hauptfigur ständig der im Mittelpunkt stehende Alleskönner ist. Tatsächlich leisten diesmal Granuaile und Owen einige wichtige Beiträge zur teilweisen Aufklärung der vagen Pläne jener, die Atticus ermorden und die Erde neu gestalten wollen, während er seine meist nicht sonderlich hilfreichen Unterstützer identifiziert.

Ein Nebeneffekt ist allerdings, dass Atticus nicht gestärkt wird, im Gegenteil, denn er verliert nicht bloß treue Verbündete während der Kampfhandlungen, sondern auch Granuaile, die zweifellos die Konsequenzen aus der Markierung ziehen wird, da sie gegen ihren Willen zu einer Bedrohung für ihre Freunde geworden ist. Hinzu kommen die mächtigen Waffen, die sich nun in der Hand des vielleicht schlimmsten Feindes befinden und die auch für Atticus höchst gefährlich sind. Dadurch verschärft sich die ohnehin kritische Situation einmal mehr.

Von diesem ernsten Aspekt einmal abgesehen, wartet der Autor mit einigen humorigen Szenen auf, beispielsweise wenn Oberon seine Eindrücke zum Besten gibt, Owen die ihm noch fremde Welt kommentiert oder Atticus die Götter verschiedener Pantheons nicht immer schmeichelhaft und im zeitgenössischen Jargon beschreibt.

„Die Chronik des Eisernen Druiden“ ist moderne Urban Fantasy mit viel Tragödie und auflockerndem Humor sowie etwas Romantik. Man gewinnt die schrulligen Charaktere bald lieb und freut sich auf jedes neue Abenteuer, in dem bekannte und weniger verbrauchte Elemente bunt gemischt und neu interpretiert werden, so dass das Resultat meist mit einigen Überraschungen aufwartet.

Ein Top-Titel von Klett-Cotta, der von eingefahrenen Pfaden immer wieder abweicht und für ein großes Lese-Vergnügen sorgt.