Die Traumfabrik 1: Der Riese und die Nackttänzerin (Comic)

Laurent Galadon
Die Traumfabrik 1
Der Riese und die Nackttänzerin
(La Parole du Muet 1: Le géant et l’effeuilleuse, 2016)
Übersetzung: Annabelle Steffes
Titelbild und Zeichnungen: Frédéric Blier
Panini, 2017, Hardcover, 48 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0248-1

Rezension von Elmar Huber

Frankreich in den 1920ern: Seit Celestine als Kind ein Kirmes-Kino besucht hat, träumt er davon, selbst Filme zu machen. Als junger Mann verlässt er die provinzielle Anwaltskanzlei des Vaters in Richtung Paris, um seinen Traum zu verwirklichen. Dort sucht er zuerst Anatole auf. Der Schausteller von damals ist heute Besitzer eines kleinen Kinos in der Hauptstadt, in dem einigermaßen betagte Filme gezeigt werden und das sich nur mit illegal gezeigten erotischen Kurzfilmen über Wasser halten kann.

Der Zufall will es, dass Celestine tatsächlich als Kulissenbauer in einem der Pariser Filmstudios Arbeit findet, wo er gleich Freundschaft zu dem kleinwüchsigen Marcel knüpfen kann, der einen sicheren Instinkt hinter der Kamera beweist, aufgrund seiner ‚Behinderung‘ aber nicht für voll genommen wird. Weitere zufällige Begegnungen befeuern Celestines Traum immer mehr. Eines führt zum anderen, und so finden sich der selbsternannte Regisseur, sein Kameramann Marcel und dessen gutaussehender Bruder und eine Darstellerin aus Anatoles erotischen Mitternachtsfilmchen des nachts in den Studios von Celestines Arbeitgeber ein, um dort ihren eigenen Film zu drehen.


„Die Traumfabrik“ 1 bietet eine absolut zauberhafte Story, die auch gut und gern aus einem Walt-Disney-Film stammen könnte. Der rundliche und etwas tölpelhafte Celestine ist geprägt von diesem einen Kindheitserlebnis und verfolgt unbeirrt seinen kindlichen Traum. Und es ist seine unermüdliche Leidenschaft, die ihn seine Mitstreiter für sich gewinnen und scheinbar alle Hürden überwinden lässt. Sein aufrichtiges und gütiges Handeln nimmt sogar die berühmte Schauspielerin Véronika Forsans für ihn ein. Fast geht einem alles zu einfach und glimpflich, doch sollte man sich von diesem ‚Märchen‘ einfach gefangen nehmen lassen und in diese magische Welt abtauchen.

Ein Hauch Verruchtheit schleicht sich dennoch unter den Zuckerguss. Der Anflug eines Geheimnisses, was es mit den geheimnisvollen erotischen Filmen auf sich hat. Doch auch diese Situation, die schnell aus dem Ruder geraten könnte, rettet Celestine mit seiner ganz eigenen naiv-charmanten Herzensgüte. Und man fragt sich zwangsläufig, ob die Welt nicht ein besserer Ort wäre, wenn es mehr Menschen von diesem Schlag gäbe.

Auch filmhistorisch hat die Zeit, in der „Die Traumfabrik“ angesiedelt ist, etwas Magisches: Das Medium ‚Film‘ ist gerade dabei, von der Hand einiger Pioniere und Glücksritter in ein Studio- und Star-System überzugehen. Es herrscht Aufbruchsstimmung, was diese neue Kunstform angeht, zwischen künstlerischer Leidenschaft und Kommerzdenken.

Der Anhang bietet noch einige Informationen zu den Brüdern Lumiere und den Anfangstagen des Mediums ‚Film‘.

„Die Traumfabrik“ 1, „Der Riese und die Nackttänzerin“, ist ein liebenswert altmodisches ‚Kino-Märchen‘ aus der Frühzeit der bewegten Bilder.