Daniel O’Malley: Codename Rook - Die übernatürlichen Fälle der Agentin Thomas 1 (Buch)

Daniel O’Malley
Codename Rook
Die übernatürlichen Fälle der Agentin Thomas 1
(The Rook, 2012)
Übersetzung: Wolfgang Thon
Blanvalet, 2019, Taschenbuch, 700 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-7341-6181-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Tages auf ohne Erinnerung an ihr Leben, in einem Körper, der ihnen fremd ist und umgeben von Leichen, die alle Latex-Handschuhe tragen. Aus einem Brief, den Sie in ihrer Kleidung entdecken erfahren sie, dass Sie reich sind, und für eine höchst geheime Regierungseinheit arbeiten. Und dass Sie exakt zwei Möglichkeiten haben: Sie fliehen oder Sie leben das Ihnen fremde Leben.

So nebenbei teilt Ihnen der Brief ihrer Vorgängerin noch mit, dass Sie verraten wurden - von Ihren engsten Kollegen; nur wer hinter dem Attentat mit dem Gedächtnisverlust steckt, das weiß auch Ihre Vorgängerin nicht.

Ach ja, ich vergaß zu erwähnen, dass Sie wie alle anderen Ihrer Einheit ein besonderes Talent ihr Eigen nennen: Sie sind übernatürlich begabt. Jeder auf seine Weise - Sie können mittels Berührung beeinflussen oder bei Bedarf auch töten.

So nach und nach schleichen Sie sich in ihr bisheriges Leben ein. Dumm dabei, dass Sie nicht wissen, wer hinter Ihnen her ist und dass das Empire von Mutanten der Alchemistischen Bruderschaft angegriffen wird. Nun ist es an Ihnen, ja genau, Sie unwissendes Schaf, den Angriff der Züchter aufzuhalten…


Urban Fantasy scheint man nicht totzukriegen. Wer nun aber annimmt, dass nichts Neues mehr auf den Buchmarkt kommt, der reibt sich ob dieses Ziegelsteins von Taschenbuch zu einem Hammer-Preis verwundert die Augen.

Natürlich sind die Ingredienzien nicht wirklich neu, doch die Mischung hat man - ich zumindest - so noch nicht gelesen. Da erwachen wir zusammen mit unserer Erzählerin im Körper einer etwas verknöcherten, introvertierten Begabten. Nach und nach erschließt sich uns die geheime Organisation, die sich im Britischen Empire um Bedrohungen der übernatürlichen Art kümmert - und natürlich sind wir mit unserer massiv überforderten Protagonistin mittendrin.

Das ist wahrlich nicht immer logisch, was uns der Autor da an Handlungssträngen, Wendungen und Situationen auftischt, aber herzlich unterhaltsam. Voller Tempo, gespickt mit unterschwelligem Humor, manches Mal britisch unterkühlt, quasi staubtrocken, dann wieder versteckt und doch immer mitschwingend unterhält der Plot fulminant. Die originellen Ideen, die der Autor für uns bereithält, machen die Lektüre zum Selbstläufer.

Das ist klasse Unterhaltung, frisch, munter und kurzweilig, dazu noch gut übersetzt - eine Entdeckung. Hoffen wir, dass die Fortsetzung - im Original als „Stiletto“ tituliert und mit anderen Figuren in der Hauptrolle - auch seinen Weg zu Blanvalet findet.