Hard Boiled (Neue Edition) (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 26. September 2018 19:22

Hard Boiled (Neue Edition)
Autor: Frank Miller
Zeichner: Geof Darrow
Übersetzung: Stefan Pannor
(Hard Boiled 1-3, 2008/2018)
Cross Cult, 2018, Hardcover, 128 Seiten, 30,00 EUR, ISBN 978-3-95981-788-2
Rezension von Christel Scheja
Bereits 2008 veröffentlichte Cross Cult die dreiteilige Mini-Serie „Hard Boiled“ von Frank Miller und Geof Darrow, frei nach einer Kurzgeschichte von Philip K. Dick entstanden, in einer Hardcover-Gesamtausgabe. Nun gibt es die Geschichte noch einmal, diesmal jedoch im Überformat und mit neuer Kolorierung. Ähnlich wie in „Sin City“ taucht der Kultautor hier in eine Welt ein, in der offen die dunklen Seiten des „American Way of Life“ ausgelebt werden.
Der Tag verläuft wie immer für Nixon, ärgerlich, aber nicht zu vermeiden. Zum einen setzt er seinen alten Straßenkreuzer gegen die Wand und begeht ein kleines Massaker in der Innenstadt, dann gerät er auch noch in eine Porno-Convention und lässt einen Steuerflüchtling in der Luft explodieren.
Oder ist er vielleicht Carl Seltz, ein einfacher Versicherungsvertreter, der seine Ware an den Mann und die Frau zu bringen versucht - notfalls mit der Waffe mit der Hand. Oder vielleicht ist er auch Carl Burns, ein einfacher Mann, der sich nach Hause und zu seiner Familie sehnt.
In seinem Kopf geht da Einiges durcheinander und er weiß nicht mehr so ganz genau, was nun Wahrheit oder Lüge ist. Nach und nach realisiert er aber, dass er ganz offensichtlich ein Cyborg ist, gefüttert mit Erinnerungen, die nicht die seinen sind und im Dienst eines rigoros gegen säumige Zahler und Störenfrieden vorgehenden Konzern steht. Doch gibt es ein Entkommen aus dem Dilemma?
Eine Antwort gibt der Comic darauf nicht, denn „Hard Boiled“ ist eine böse Vision der Zukunft, in der die Menschen offen das ausleben, was in der heutigen Gesellschaft gerne unter den Tisch gekehrt wird.
Gewalt, Grausamkeit, das Recht des Stärkeren und düstere Leidenschaften, all das regiert das Leben der Menschen in einer übervollen Stadt, in der Mord und Todschlag nicht wirklich geahndet werden, Sex und Blut einfach dazu gehören. Es kümmert den hartgesottenen Helden auch nicht, dass er im Grunde jede Menge Unschuldiger auf seinem Weg zu den Schuldigen umnietet. Wozu auch, denn der Kollateralschaden muss nun einmal sein. Er ist viel mehr mit sich selbst beschäftigt und wird mehr als einmal vor die Frage gestellt, was er eigentlich will. Wie der Terminator folgt er zunächst seiner Programmierung, die dann aber durch mehrere Vorfälle - vor allem mit einer renitenten Schuldnerin - durcheinander gebracht wird. Und auch hinter den Kulissen läuft so Einiges ab, das ihn mehr oder weniger beeinflussen wird.
Die Künstler überlassen es dem Leser, sich auf eine Seite zu stellen, Sympathie und Antipathie zu entwickeln. Auch stellen sie viele Fragen und regen zum Nachdenken an, so dass die ansonsten eher dünne Geschichte Einiges an Eindruck hinterlässt.
Der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund, zynisch und böse macht er sich über die Klischees der amerikanischen Gesellschaft lustig. Der Zeichner unterstützt ihn dabei mit zahlreichen Panels die Wimmelbildern gleichen und zum genaueren Betrachten einladen, denn das eine oder andere Detail wird später noch wichtig; anderes vertieft nur die Atmosphäre.
Alles in allem überzeugt die Mini-Serie durch ihre konsequenten Entwicklungen und die Präsentation einer düsteren Zukunft, in der Bieles nur noch eine Illusion ist, die schnell wieder zerbrechen kann. Dabei erwarten die Künstler aber auch, dass die Leser bereit dazu sind, die krassen Darstellungen hinzunehmen, die zartere Gemüter doch schocken könnten.
„Hard Boiled“ dürfte all die Leser ansprechen, die auch schon „Sin City“ und ähnlich düstere und schmutzige Zukunftsvisionen mochten. Zwar ist die Handlung eher unwichtig, dient aber als Träger für jede Menge Ambiente, sowohl im Text als auch in den teilweise sehr detaillierten Bildern, die nicht einmal zu sehr gealtert sind.