Dan Simmons: Eiskalt erwischt - Joe Kurtz 1 (Buch)

Dan Simmons
Eiskalt erwischt
Joe Kurtz 1
(Hardcase, 2001)
Übersetzung: Michael Plogmann
Festa, 2012, Taschenbuch, 332 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-186-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Kurtz fuhr etwa drei Meilen, bis er zu der Erkenntnis gelangte, dass der Typ hinter dem Steuer des Hondas ein verfickter Idiot sein musste. Der Fahrer hielt sich so weit hinter ihm, dass Kurtz ein paar Mal nach einer Ampel oder einer Abzweigung langsamer fahren musste, damit sein Verfolger wieder zu ihm aufschließen konnte.“

Nach zwölf Jahren Knast wegen Totschlags versucht sich Joe Kurtz wieder als Privatdetektiv. Dass er mit seiner Vorgeschichte nie mehr eine entsprechende Lizenz bekommen wird, belastet ihn nicht weiter. Er sucht sich seine Mandanten kurzerhand selbst.

 

Wie den Mafiaboss Byron Farino, dem - wie Kurtz im Gefängnis zu Ohren kam-– sein Buchalter Buell Richardson, ohne eine Spur zu hinterlassen, abhanden gekommen ist. Kurtz soll nun herausfinden, ob Richardson gerade sein Insiderwissen verkauft oder - was besser für ihn wäre: tot ist.

„Kurtz wusste, dass es kein angenehmes Verhör würde, als Hathaway, der Kerl von der Mordkommission, die Jalousie vor den Einwegspiegel an einer Wand zog und dann das Kabel des Aufnahmemikrofons aus der Buchse im Fußboden riss. Ein zweites schlechtes Vorzeichen war, dass er Kurtz mit Handschellen hinter dem Rücken an einen Metallstuhl mit gerader Lehne fesselte, der fest mit den Fußboden verschraubt war.“

Kurzerhand prügelt Joe Kurtz den Mörder seiner Partnerin durch ein geschlossenes Fenster auf die wesentlich tiefer liegende Straße, dazu landet dieser noch direkt auf einem Polizeiwagen, und er selbst fährt für Totschlag zwölf Jahre in den Bau ein. Kaum wieder auf freiem Fuß verschwendet er auch weiterhin keinen Gedanken an Reue, besinnt sich auf seine Stärken und auf Arlene Demarco, die er kurzerhand für sein neues Detektivbüro ohne Lizenz, dafür im Keller unter einem Pornoladen gelegen, erneut als Sekretärin rekrutiert.

Auch wenn Kurtz nicht in den Gelben Seiten steht, bleibt er nicht lang arbeitslos. Er verlässt sich auf die Gerüchte, die im Knast die Runde gemacht haben und bietet sich einer Mafiafamilie als unbürokratischer Problemlöser in einer prekären Lage an.

Kaum hat er mit der Suche nach dem verschwundenen Buchhalter der Farinos begonnen, sieht sich Kurtz eingekeilt zwischen verschiedenen Interessengruppen, denen gar nicht so unbedingt etwas am Wiederauftauchen des unerwünschten Geheimnisträgers Richardson liegt. Kurtz selbst wäre da nur ein Kollateralschaden. Unter anderem ist ihm ein Killerduo auf den Fersen, wie es aus einem Roger Moore-„James Bond“ stammen könnte, ganz zu schweigen natürlich von der Polizei, die Kurtz grundsätzlich auf dem Kieker hat.


Dan Simmons ist in erster Linie für seine Horror- („Göttin des Todes“/„Song of Kali“, „Sommer der Nacht“) und Science-Fiction-Werke („Endymion“, „Hyperion“, „Olympos“) bekannt. Seine letzten prominenten Romane waren die historischen Mystery-Thriller „Terror“ und „Drood“. „Eiskalt erwischt“, sein erster Beitrag in Sachen Hard-Boiled-Thriller, wurde im Original bereits im Jahr 2001 veröffentlicht und kann mit Fug und Recht als ordentlicher Genre-Beitrag gewertet werden.

Simmons bedient die bekannten Klischees, die bereits durch zahllose prinzipientreue, wortkarge und einer körperlichen Auseinandersetzung nicht abgeneigte Zyniker vor ihm festgelegt wurden. Das geht soweit, dass Kurtz sogar - ganz den Genre-Konventionen folgend - von der Tochter seines Auftraggebers verführt wird, die im Hintergrund ganz eigene Pläne verfolgt. So gibt die Geschichte dem Genre keine neuen Impulse mit, doch bedient Simmons die bekannten Klischees so satt, dass der Roman auch nicht enttäuscht.

Dass das Buch im Festa Verlag erschienen ist, sagt eigentlich schon alles über die Qualität der Präsentation aus. Einwandfreie Verarbeitung, Umschlag in exklusiver Lederoptik, auch nach dem normalen Lesen gibt es keine Gebrauchsspuren. Das Format ist mit 20 x12,5 cm etwas größer, als man es von den Festa Taschenbüchern kennt, und hat damit eher Paperback-Charakter. Titelbild und -layout sind wirkungsvoll zusammengestellt, wenn auch ohne Handlungsbezug.

Joe Kurtz erweist sich als Klon zahlloser Hard-Boiled-Kollegen, wie zum Beispiel Mickey Spillanes Mike Hammer, die stoisch, kompromiss- und skrupellos ihren Weg im Dienst der Sache verfolgen.