Ronald Malfi: Die Treppe im See (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 05. April 2018 21:53

Ronald Malfi
Die Treppe im See
(Floating Staircase)
Übersetzung: Andreas Schiffmann
Titelbild: Lars Maria Maly
Voodoo Press, 2012, Taschenbuch, 374 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-902802-16-3 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Travis Glasgow verdient sein Geld mit dem, was andere, bodenständige Menschen vielleicht abwertend als „Träumen und dafür bezahlt werden“ bezeichnen würden. Er ist Schriftsteller - allerdings einer, der gerade ein Problem hat. Schreibblockade nennt man das, wenn man einfach kein vernünftiges Wort mehr zu Papier bringt. Da kann der Horror-Plot, das Mystery-Geschehen noch so gut vorbereitet sein, es will einfach nichts gelingen.
Eine Ortsveränderung soll hier Abhilfe bringen. Travis und seine Frau Jodie ziehen in einen kleinen Ort, in dem Travis’ Bruder als Sheriff für Ordnung sorgt. Das kleine Haus, ehedem Heim der Familie Dentman, liegt idyllisch am Waldrand und in der Nähe eines kleinen Sees. Dass der Sohn der Dentmanns vor rund einem Jahr spurlos verschwunden und vermeintlich ertrunken ist, weckt in Travis Erinnerungen an eine Mitschuld am Unfalltod seines jüngeren Bruders.
Dann beginnen die Träume, die Travis den See, Treppen, Fußspuren eines Kindes und andere Merkwürdigkeiten zeigen. Als er im Haus ein zugemauertes Zimmer mit Spielsachen entdeckt, kommen die Dinge ins Rollen…
Ich kenne und schätze Ronald Malfi als Autor atmosphärisch dichter Horror-Romane der nicht blutigen Art. Seine Figuren sind in aller Regel interessant gezeichnet, entwickeln sich fort und ziehen den Leser in die Handlung. Im vorliegenden Roman, der 2011 für den Bram Stoker Award nominiert war, ist dies ein wenig anders.
Der Fokus ist und bleibt auf Travis, vielleicht ein Alter Ego des Autors. Als Schriftsteller für das Übernatürliche ist er naturgemäß von dem Rätsel des verschwundenen, vermeintlich ertrunkenen Jungen fasziniert. Seine persönliche Historie, sein Streit mit dem Bruder, das alles würde ihn eigentlich zu einer interessanten Figur machen. Allerdings wurde ich mit dem Protagonisten nie wirklich warm, blieb Travis, wie auch allerdings weit mehr seine Frau, distanziert, ja unscharf. Zu sehr konzentriert sich Malfi auf die Aufklärung des Rätsels um den verschwundenen Jungen, zu sehr auf Abstand bleibt er dabei gegenüber seinem Erzähler und den konstruiert wirkenden Nebendarstellern. Zudem kommt nie ein wie auch immer geartetes Grusel-Feeling auf. Vor den Augen des Rezipienten entfaltet sich eher ein Puzzle aus Indizien, aus denen er mit Travis im Fahrersitz das Rätsel zu lösen versucht.
Sprachlich bietet sich der Text uneinheitlich an. Neben umgangssprachlichen Dialogen verwendet der Autor immer wieder eher gedrechselt wirkende Formulierungen, ohne dass diese wirklich sinnvoll einer Handlungsebene zugeordnet oder dem Text hilfreich ergänzend eingeordnet werden könnte.
Das ist leider nicht der Roman, den ich erwartet habe; der Autor bietet hier einen leidlich interessanten Plot, ohne aber wirklich inhaltlich wie stilistisch überzeugen zu können.