Ronald Malfi: Nachtparade (Buch)

Ronald Malfi
Nachtparade
(The Nightparade, 2017)
Übersetzung: Stefanie Maucher
Voodoo Press, 2017, Taschenbuch, 438 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-9-9557561-8-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Eine Pandemie bricht über Gottes auserwähltes Land herein. Zunächst fallen die Gänse vom Himmel, durchschlagen Windschutzscheiben und Fenster, dann zeigte die ersten Menschen Auffälligkeiten. Sie wandern nackt oder nur in Unterwäsche bekleidet durch die Gegend, sind geistig verwirrt und oft nicht ansprechbar. Demenz oder Schlaganfall, so lauten die ersten, falschen Diagnosen. Dass die Erkrankten immer auch jede Menge Blut hinterlassen, bringt die Ärzte dann auf die Spur einer heimtückischen Erkrankung. Achtzehn Monate später sind ganze Städte ausradiert, ein Heilmittel nicht in Sicht.

Dabei gibt es Menschen, die gegen den Erreger resistent sind. David Arlens Frau Kathy ist immun und wird von den Wissenschaftlern auf der Suche nach einem Heilmittel so lange untersucht, bis sie entkräftet an den Folgen dieser Forschungen stirbt.

David weiß, dass die Forscher auf einen einzelnen Menschen bei Millionen von Infizierten keine Rücksicht nehmen. Und er weiß, dass seine achtjährige Tochter wie ihre Mutter immun ist - er will, er kann nicht zulassen, dass Ellie auch zum Forschungsobjekt wird. In einem geborgten Auto eines seiner Nachbarn flieht er zu seinem Stiefbruder nach Kentucky, ahnend, dass er selbst sich angesteckt hat. Doch noch hat er die Kraft und den Willen, für die Sicherheit seiner Tochter zu sorgen - oder sie mit ihren zu Tage tretenden besonderen Gaben für ihn…


Ronald Malfi gehört für mich zu den interessantesten, weil vielschichtigsten Horror-Autoren unserer Zeit. In seinen Romanen erzählt er immer wieder von ergreifenden Schicksalen, von Menschen, denen Selbiges gar übel mitspielt. Dabei vermeidet er es geschickt, seine Leser in Blood and Gore zu ertränken, zieht sein Grauen lieber aus der Ausweglosigkeit der jeweiligen Situation.

Und diese bietet sich dieses Mal dystopisch an. Die Nation unter Gottes Wort wird von einer heimtückischen Krankheit heimgesucht. Doch statt wandelnder Leichen, statt eines staatlichen Labors, aus dem der Erreger entfleucht ist, in den Mittelpunkt seiner Handlung zu stellen, beobachtet Malfi lieber die Auswirkungen auf das Leben seiner Erzähler.

Dass die Prämisse, dass es immune Menschen geben wird, dass diese mitleidlos für das Allgemeinwohl untersucht, ja bis zur Erschöpfung erforscht werden, ist so unvorstellbar nicht. Und auch die Flucht des Vaters mit seiner immunen Tochter ist gut vorstellbar.

Im Verlauf des an ein Roadmovie erinnernden Textes durchstreift unser Zweier-Team diverse Staaten, trifft auf andere Überlebende, auf gesperrte Städte und auf gar seltsame Menschen, die sich versuchen in und mit der Situation einzurichten.

Das Finale ist dann ebenso ergreifend wie folgerichtig, so dass der Leser einmal mehr befriedigt das Buch zuklappt.