Kull 1: Das Schattenkönigreich (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 07. Juni 2010 21:44
Arvid Nelson
Kull 1
Das Schattenkönigreich
(Kull #1-6, 2009)
Titelbild von Will Conrad und Andy Brase
Zeichnungen von Will Conrad
Farbe von Jose Villarubia
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Panini, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-367-8
Frank Drehmel
Im Zuge der aktuellen Wiederentdeckung der Figuren des US-amerikanischen Schriftstellers Robert E. Howard (1906-1936) für das Comic hat nach Conan, Red Sonja oder Solomon Kane auch Kull von Atlantis eine eigene neue Mini-Serie – 2008 bei Dark Horse – spendiert bekommen, nachdem der Charakter in den frühen 70ern des letzten Jahrhunderts schon einmal bei Marvel debütierte. Obgleich Kull vor Conan das Licht der literarischen Welt erblickte und somit der eigentliche Prototyp des Sword & Sorcery-Helden ist, stand der Atlanter von jeher im Schatten des cimmerischen Barbaren, wahrscheinlich nicht zuletzt, weil zu Howards Lebzeiten lediglich drei Kull-Storys veröffentlicht wurden, von denen die erste aus dem Jahre 1929, „Das Schattenkönigreich“ („The Shadow Kingdom“), von Arvid Nelson für das vorliegende Comic adaptiert wurde.
Nachdem Kull der Atlanter den Topas-Thron von Valusien erobert hat und ihm die Herrscher von sieben der alten valusischen Reiche die Treue schworen, bleibt dem Usurpator nur noch, sich des renitenten Grafen Areyas zu entledigen. Unglücklicherweise haben sich der und seine Getreuen jedoch in die militärisch uneinnehmbare Eiserne Festung zurückgezogen, sodass erst eine Intrige und ein Verrat die Tore dieser Trutzburg öffnen.
Angesichts der heranstürmenden Armee Kulls befreit Areyas in einem Akt der Verzweiflung eine monströse Kreatur, die gleichermaßen unter Angreifern wie Verteidigern ein Blutbad anzurichten beginnt. Doch schließlich fällt auch dieser Dämon unter Kulls Axt, allerdings nicht, ohne vorher eine düstere Prophezeiung ausgestoßen zu haben, nach der das Grauen in den Tiefen unter dem frisch eroberten Königreich liegen soll, in einem Schattenkönigreich, das ungleich größer als Valusien ist.
Nach dem Fall der Festung und dem Tod Areyas ist Kull damit beschäftigt, die Regierungsgeschäfte zu ordnen und Adel wie Bürger entweder auf seine Seite zu ziehen oder sie zumindest mit vorsichtigem Argwohn zu behandeln. Eines Tages macht dem frisch gekrönten König ein Abgesandter der Pikten – eines den Valusiern in Freundschaft verbundenen Volkes – seine Aufwartung; ein stolzer Krieger, der, von Kull mit Bedacht provoziert, seine Würde bewahrt und dem Atlanter eine Einladung des piktischen Herrscher überbringt.
Unter vier Augen weiht der gutmütige wie durchtriebene Pikte Kull während des Essens in ein Geheimnis ein: nicht nur, dass er – der Pikte – den Priestern der Großer Schlange ein heiliges Juwel gestohlen hat – eine Tat, die seinen sicheren Tod bedeutet, sollten es die Götzenanbeter herausfinden –, die gestaltwandelnden Diener dieses Kultes sind zudem dabei, den Hofstaat zu infiltrieren; zum Schutz des neuen Königs werde er deshalb seinen besten Krieger, Brule den Speer-Jäger, abstellen.
Tatsächlich ist Brule nicht nur ein begnadeter Kämpfer, sondern er führt dem Atlanter auch drastisch die Gefahr vor Augen, die ihnen allen durch die Schlangen und ihre Diener droht, wobei sich schlussendlich die Frage stellt, ob es tatsächlich die Götzenanbeter sind, von denen der Dämon Kull einst warnte.
Inhaltlich macht der Autor nicht viel Federlesens und geht gleich in medias res, führt den Hauptprotagonisten nicht umständlich ein, sondern offenbart dem Leser im Verlauf der von Beginn an actionreich inszenierten Handlung nach und nach Details, Bruchstücke und Fragmente aus der Vergangenheit des Atlanters. Dieses Vorgehen ist zunächst etwas unbefriedigend, da es dem Leser das Gefühl vermittelt, etwas verpasst zu haben; hat man jedoch schließlich den Punkt erreicht, an dem sich die Bilder von Kull und der Gesellschaft, in der er lebt beziehungsweise lebte, zu klären beginnen, ist die anfängliche Unsicherheit schnell vergessen. Abgesehen davon bietet „Das Schattenkönigreich“ interessante Figuren sowie straighte, stringente Sword & Sorcery mit einer Tendenz zum Düsteren und Geheimnisvollen.
Das um realistische Darstellungen bemühte Artwork ist bis auf ein Detail nicht außergewöhnlich originell, kann aber problemlos hinsichtlich Lebendigkeit, Dynamik und Kampfchoreografie mit den Genre-Standards mithalten. Das eine besondere Detail sind die karmesinroten Rüstungen Kulls und seiner Garde, die inmitten der eher zurückhaltenden, getragenen Koloration ungewöhnlich präsent und prägnant, fast schon surreal wirken und tatsächlich einen interessanten Eye-Catcher darstellen.
Fazit: Dynamische, spannende und klassische Sword & Sorcery; gefällig inszeniert und visualisiert. Für Genre-Fans eine vorbehaltlose Empfehlung.