Jon Skovron: Schatten des Todes - Empire of Storms 2 (Buch)

Jon Skovron
Schatten des Todes
Empire of Storms 2
(Bane & Shadow)
Übersetzung: Michelle Gyo
Heyne, 2017, Paperback, 606 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-31786-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen im Imperium der Stürme, einem Inselreich, das sich seit Jahrhunderten auf die Auseinandersetzung mit einem Nachbarreich vorbereitet. Nur aus diesem Grund, der Furcht vor den übermächtig scheinenden Nachbarn, die ihre Adeligen zum Teufel geschickt haben und in dem alle Bürger gleich sind, hat es den Biomanten ermöglicht, ihre Machtposition zu zementieren. Ihren magischen Gaben, die sie anhand und mithilfe von gepressten oder schlicht gekidnappten einfachen Bürgern schulen und fortentwickeln, verdankt der Imperator nicht nur sein mittlerweile ins 150. Jahr gehende lange Leben, auch die biologischen Waffen die vor einem Angriff abschrecken sollen, wurden unter grausamen Versuchen an Menschen, zumeist an Kindern, entwickelt.

Red, ein junger, charismatischer Mann wurde von den Biomanten verbessert. Er verfügt über die Gabe nachts zu sehen wie eine Katze, auch sein Geruchssinn und Gehörsinn wurde angepasst. Mittlerweile wurde er von den Biomanten im imperialen Palast gefangengesetzt. Hier sollen seine Fähigkeiten weiter erforscht und geschult werden, soll er doch als Assassine den Biomanten dienen. Doch Red wäre nicht Red, wenn er nicht mit allen Mitteln um seine Freiheit kämpfen würde. Dass er die Freundschaft des Thronprinzen errungen hat und diesem ein wenig von der wahren Welt zeigt, macht ihn im politischen Intrigenspiel plötzlich wichtig.

Währenddessen sind Reds Freunde nach wie vor bemüht, ihn aus seinem goldenen Gefängnis zu befreien. Zunächst haben sie an Bord ihres gekaperten Seglers Schiffe der Biomanten und des Imperiums angegriffen, jetzt wollen sie ein einsames Archipel, auf dem die Biomanten ihre gefährlichsten Experimente durchführen überfallen um die dort grausam zu Tode gefolterten und als Leichen wiederbelebten Mädchen zu rächen. Doch dazu brauchen sie Unterstützung - und wo gibt es diese am Ehesten? Dort wo sie sich auskennen, wo sie herstammen… in der Kehre rekrutieren sie ihre Kämpfer…


Die bislang auch im englischsprachigem Original auf zwei Bände angewachsene Saga um das Reich der Stürme ist von seiner Anlage und Ausführung her ungewöhnliches Fantasy-Lesefutter.

Es ist nicht einmal die Ausgangslage ; ein paar Underdogs aus den Elendsviertel einer Hafenstadt legen sich mit den mächtigen = mitleidlos bösen Magiern an und versuchen den Untergang ihrer Heimat aufzuhalten, die überrascht. Es ist mehr die Art und Weise, wie Skovron uns seine Geschichte präsentiert, die die beiden Romane aus dem Fantasy-Allerlei hervorhebt.

So wird oftmals bemängelt, dass das Tempo der Plots sehr, sehr langsam sei, dass es kaum vorangehen würde. Auch die zum Teil sehr zotige Ausdrucksweise wurde kritisiert.

Beginnen wir mit dem Letzteren. Auch in vorliegendem Roman sprechen insbesondere die Figuren aus dem Elendsviertel eine Sprache, die man nicht anders als vulgär bezeichnen kann. Dies wird aber ganz bewusst als Stilmittel eingesetzt, artikulieren die Adeligen sich doch ganz anders, hochtrabend, während die Handwerker wieder einen anderen Slang ihr eigen nennen. Dass Menschen, die umgeben von Gewalt, Not und Unterdrückung aufwachsen naturgemäß einen anderen, direkteren Einblick aufs Leben in all seinen Facetten haben und sich auch entsprechend deftig ausdrücken, dürfte einleuchtend sein. Für mich trug die unterschiedliche Art der Schichten im Imperium sich auszudrücken eher zur inneren Authentizität der Handlung bei, als dass sie mich groß gestört hätte.

Das als zäh, ja langatmig kritisierte Tempo des Buchs empfand ich bei der Lektüre nicht so. Es gibt durchaus packend beschriebene Kämpfe, sowohl zur See, als auch an Land, allerdings stehen diese nicht im Mittelpunkt, sondern sind eher notwendige Bestandteile, die den Fortgang des Plots und die Entwicklung der Figuren beleuchten und einsichtig machen. Genau hier, in den Charakteren, liegt denn auch die Stärke des Buches. Die gute Handvoll von Figuren, die das Zentrum des Buches einnehmen, sind allesamt Menschen, die es nicht einfach haben. Sie zweifeln oft und viel an sich selbst, hinterfragen ihre Überzeugungen und ihre Entscheidungen und entwickeln sie so auf ganz unterschiedlichen Wegen fort. Im Gegensatz zu anderen Autoren stellt sich Skovron mit seinen Figuren der Frage, was für Konsequenzen sich aus dem aktuellen Handeln für den jeweiligen Menschen ergeben. Schuld, Sühne, Glück oder Depression - jeder hinterfragt und urteilt über sich selbst, und das ist beileibe kein einfacher, immer aber ein sehr interessanter Vorgang. Die Entscheidungen, die die Figuren dann treffen werden so verständlich und nachvollziehbar.

Alles in allem also ein meines Erachtens sehr gelungener Roman, dem der Autor in den USA im November diesen Jahres einen abschließenden dritten Teil wird folgen lassen.