H. G. Wells: Die Zeitmaschine (Hörspiel)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 08. Oktober 2017 15:29

H. G. Wells & Oliver Döring (Script)
Die Zeitmaschine Teil 1 + 2
Sprecher: Hans Georg Panczak, Bernd Rumpf, Udo Schenk, Oliver Stenzel u.a.
Folgenreich, 2017, je 1 CD, je. ca. 59 Minuten, je ca. 8,99 EUR
Rezension von Christel Scheja
Durch die Umsetzung der „Mark Brandis“-Reihe von Interplanar hat sich Folgenreich bisher einen guten Namen gemacht, und dem versucht man treu zu bleiben, indem man nun bekannte Klassiker der Science Fiction aufgreift, die zwar jeder irgendwie kennt, aber so noch nie erlebt hat. Wie man an „Die Zeitmaschine“ merkt, erlaubt sich in diesem Fall Oliver Döring das Setting zu modernisieren und von der ausgehenden viktorianischen Ära in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zu versetzen.
Er gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet und wirft immer wieder neue, interessante und bahnbrechende Theorien in den Raum, aber nun wird der Wissenschaftler, den seine Freunde nur Jack nennen schwer belastet. Man wirft ihm die Veruntreuung von Geldern vor, die er angeblich für ein geheimes Projekt hinter den verschlossenen Türen eines eigenen Hauses benutzt. Zwei Freunde besuchen ihn, um herauszufinden, was eigentlich los ist und ihm ins Gewissen zu reden. Schon bald konfrontiert er sie mit einer Überraschung - er habe eine Zeitmaschine erfunden, von der er ihnen aber nur den Prototyp zeigt.
Deshalb können sie ihm auch nicht glauben, als er von einem ominösen Trip verletzt und zerlumpt zurückkehrt, dass er wirklich ins Jahr 800.000 gereist ist. Zu phantastisch klingt seine Geschichte von einer paradiesischen Zukunft hinter dem jedoch ein grauenhaftes Geheimnis steckt, zu unglaublich sind die Beschreibungen von Eloi und Morlocks.
„Die Zeitmaschine“ ist keine textgetreue Adaption des Romans von H. G. Wells, sondern lehnt sich nur sehr eng an die Geschichte an, die bewusst an den Stellen modernisiert wurde, an den es Sinn macht. Man fühlt sich in die 1980er Jahre versetzt, in denen die Technik schon um Einiges weiter war, die Digitalisierung aber noch in den Kinderschuhen steckte.
Gesellschaftlich musste Oliver Döring auch noch nicht allzu viel verändern, da sich damals erst alte Strukturen im Universitätsumfeld aufzulösen begannen. Deshalb kann sich sein Held auch noch mit der Selbstverständlichkeit eines Viktorianers durch die neue, ihm fremde Welt bewegen, auch wenn er auf der anderen Seite schon etwas moderner denkt und handelt.
Die Geschichte nimmt sich die Zeit, den Helden und seine Motivation, aber auch seine Entwicklung vorzustellen, ebenso wie die Freunde, die natürlich die Rollen des Gläubigen und des Krittlers einnehmen.
In der Zukunft verkörpert eine erschreckend kindlich klingende Weena die Unschuld der Eloi, die sich dann aber nicht nur als Zuchtvieh, sondern als lernfähig erweisen, während die Morlocks selbst eher Monster bleiben, die auch keine eigene Stimme erhalten.
Die Szenen fügen sich zu einem runden Gesamtbild, die sanfte Modernisierung macht es jungen Zuhörern leichter, das Geschehen nachvollziehen und verinnerlichen zu können.
Auch die Sprecher schaffen es, ihre Figuren ansprechend zu verkörpern und so das Kopfkino anzuwerfen, auch wenn die Handlung selbst insgesamt ruhiger verläuft als man es von modernen Geschichten gewohnt ist.
Heraus kommt eine unterhaltsame und glaubwürdige Adaption von H. G. Wells Zeitreise-Version. „Die Zeitmaschine“ verliert auch durch die Modernisierung nicht an ihrem Reiz, weil der Geist der Vorlage voll und ganz bewahrt wurde.