Ronald Malfi: Passenger (Buch)

Ronald Malfi
Passenger
(Passenger, 2011)
Übersetzung: Andreas Schiffmann
Titelbild: Michael Schubert
Voodoo Press, 2013, Taschenbuch, 248 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-902802-35-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Wir kennen das Grundgerüst des Plots - ein Mann wacht auf, hat keine Ahnung, wer er ist, wie er an der Ort, an dem er zu sich kommt gelangt ist, und was er mit seinem Leben ohne Erinnerung anfangen soll. Nach und nach macht er sich mehr oder minder geschickt daran, zu erkunden wer er ist und wo sein Platz in der Gesellschaft ist oder war. Beliebig kann dann die Amnesie durch staatliches Eingreifen oder Verbrecher verursacht worden sein, eine Krankheit kommt eher selten als Grund infrage.

Nun, Ronald Malfi habe ich persönlich spät als interessanten Verfasser von Romanen für mich entdeckt. Seine im Luzifer Verlag erschienene Romane „December Park“ und „The Ascent“ aber brachten mich schnell auf den Geschmack, nach weiterer Lektüre eines Autors Ausschau zu halten, der nicht nur weiß, was er schreibt, sondern der, anders als so manche seiner Kollegen, auch sein Handwerk in stilistischer Form versteht.

Dabei schafft er es scheinbar mühelos, seine Leser mit einer Handlung, die kaum wirkliche Dramatik oder Action aufweist, bei der Stange zu halten.

Das ist definitiv kein Horror-Plot, den er uns hier kredenzt, das würde ich noch nicht einmal unter dem Begriff Phantastik oder Thriller einreihen wollen. Nein, das Gebotene ist ein sehr subtil, sehr bewusst aber unauffällig inszenierter Roman über einen Menschen auf der Suche nach sich selbst.

Und genau so, genau dies fasziniert uns so, einfach, weil ein jeder von uns früher oder später auch auf die Suche nach sich selbst gehen wird, gehen muss.

Zum Erwachsenwerden, zum Altwerden gehört immer auch das Hinterfragen des Selbst - wer bin ich, was macht mich aus, wie gehe ich mit mir, mit meiner Umwelt, mit meiner Umgebung um und was will ich dadurch letztlich erreichen.

So ungewöhnlich die Menschen, die unser Erzähler im Verlauf des Romans auch kennenlernt auch sind, sie sind immer nur ein Spiegel, in dem er sich fascettenhaft wiederfindet. Die verzweifelte Suche nach seinem Ich, nach seinen Wurzeln macht diesen für den Leser im wahrsten Sinne des Wortes „be-greifbar“, seine Bekanntschaften verleihen ihm nicht nur immer mehr Kontur sondern sind einprägsame Unikate, die man nicht vergisst.

Eindrucksvoll und bereichernd - das kann man nicht über viele Romane des erweiterten Horror-Genres sagen.