Wolfgang Hohlbein: Dunkle Tage (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 13. Mai 2017 07:19

Wolfgang Hohlbein
Dunkle Tage
Die Chronik der Unsterblichen 16
Titelbild: Federico Musetti
Lyx, 2017, Hardcover, 560 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-7363-0096-5 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Andrej und Abu Dun haben mittlerweile mächtige Freunde. Ein römischer Kardinal, dem nachgesagt wird, in Kürze auf dem Stuhl Petri platz zu nehmen, ist ihr Förderer. Als sie eines Nachts von maskierten Assassinen am Tiber überfallen und fast endgültig getötet werden, ist es nur den eingreifenden Wachen des Kardinals zu verdanken, dass ihre untote Existenz weitergeht.
Als Dank gehen sie im Auftrag des Kardinals nach Norden. In Hamblen geht die Pest um, Kinder verschwinden und die Schausteller gastieren, wie immer um diese Zeit, und lenken die Bevölkerung von der Misere ab.
Zunächst verdingen sich unsere beiden Unsterblichen als Leichensammler. Aus den Elendsvierteln der Stadt holen sie die Verblichenen aus ihren Wohnungen, laden sie auf die Wagen und karren sie zum Armenfriedhof. Dass der sie begleitende Priester statt Trost und Beistand für die Hinterbliebenen nur Drohungen vor dem Fegefeuer bereithält und den Heiden Abu Dun immer wieder angreift, führt zu weiteren Spannungen.
Baron Ferdinand Rechtler, der Wohltäter der Stadt, nimmt sie in seinen Dienst - sie sollen sich um die um sich greifende Rattenplage in der Stadt kümmern.
Als weitere Kinder verschwinden, ein Dudelsack-Musiker wie der legendäre Rattenfänger von Hameln die Tiere domestiziert und sich überragende Kämpfer auf die Jagd nach Andrej und Abu Dun machen, ahnen sie, dass sie in ein Wespennest gestochen haben.
Dann aber wird es alles noch viel schlimmer; ein Gegner taucht auf, gegen den unsere beiden versierten Kämpfer keine Chance haben…
Bevor Lyx von Egmont an den Lübbe-Konzern verkauft wurde, konnte man munkeln hören, dass die Reihe um die Chronik der Unsterblichen mit diesem, ihrem sechzehnten Teil beendet werden sollte. Nun, dem offenen Schluss des Romans entnehme ich, dass diese Planung obsolet ist, dass es wohl weitergehen wird.
Inhaltlich hat die Reihe schon so einige Höhen und Tiefen überstanden. Seitdem sich der Autor wieder mehr mit und auf seine Figuren vor einer glaubwürdigen, historischen Bühne konzentriert und statt Götterpantheons mit weltlichen Gegnern aufwartet, hat die Faszination der Romane wieder deutlich zugenommen.
Der aktuelle Plot schließt nahtlos an die Geschehnisse in „Nekropole“ an. Wie von Wolfgang Hohlbein gewohnt, hält er sich nicht lange damit auf, Figuren einzuführen, sondern tritt das Gaspedal gleich bis zum Anschlag durch. Assassinen, die unseren Kämpfern alles abverlangen, ja sie beinahe endgültig töten, eine Stadt im Griff der Seuche, Kinder, die verschwinden, Priester und Ordensschwestern, die ihr eigenes Süppchen zu kochen scheinen, ein Ritter des Deutschordens und mysteriöse Kräfte - für Action satt ist gesorgt.
Natürlich, auch dies sind wie aus den Romanen gewohnt, nimmt es Hohlbein mit der Logik seines Plots nicht so ernst, gibt es immer wieder Brüche, Ungereimtheiten und unerwartete Wendungen. Im Vordergrund steht eindeutig der Wunsch, den Leser packend an die Seiten zu bannen. Die Figuren, abgesehen von unseren beiden Unsterblichen, bleiben grob skizziert, Hohlbein arbeitet gern und viel mit Stereotypen.
Im Zentrum steht die abgewandelte Saga um den Rattenfänger von Hameln angereichert mit der Mär eines finsteren Pakts, der Pest und den misstrauisch beäugten Fahrenden. Das liest sich durchaus flüssig und spannend, wenngleich die Logik so manches Mal Kapriolen schlägt - Fortsetzung folgt, zumindest wenn es nach dem Cliffhanger geht.