Preacher 7: Einsam sind die Tapferen (Comic)

Preacher 7
Einsam sind die Tapferen
(Salvation)
Autor: Garth Ennis
Zeichnungen: Steve Dillon
Farben: Pamela Rambo
Übersetzung: Fred Fliege & the Wild Bunch
Lettering: Alessandro Benedetti
Panini, 2010, Hardcover, 276 Seiten, 29,95 EUR, ISBN 978-3-86607-920-5

Frank Drehmel

Jesse Custer kehrt zurück nach Salvation, jene kleine Ortschaft in Texas, nahe der er auf der Angelville-Ranch seiner Großmutter und ihrer perversen Bagage eine grausame Kindheit verbrachte. Als er in "Jodie's Bar" drei tumben Landeier-Schlägern die Leviten liest und weitere vier Männer, welche draußen vor der Tür ein missgestaltetes Mädchen belästigen, zusammenschlägt, wird der Sheriff des Ortes auf ihn aufmerksam und bietet ihm an, seinen Posten zu übernehmen.

Custer, der mittlerweile in "Jodie's Bar" eine Bleibe gefunden hat und eine seltsame Zuneigung zu der älteren, toughen, einarmigen Frau empfindet, nimmt den Job an. Es dauert nicht lange, bis ihm ein gewisser Odin Quincannon, der Besitzer des hiesigen Schlachthofes, seine Aufwartung macht, um Custer einen Deal vorzuschlagen: er solle – wie der alte Sheriff – hin und wieder ein Auge zudrücken, wenn die Fabrikarbeiter im übertragenen Sinne die Sau in Salvation rauslassen. Den anschließenden Flug durch das geschlossene Fenster wertet Odin als Kriegserklärung des Ex-Priesters. Fortan tummeln sich merkwürdige Gestalten in der Stadt, denen es nicht nur darum geht, Jesse und seinen schwarzen Deputy Cindy Dagget einzuschüchtern, sondern die den Mann mit der Macht des Wortes tot sehen wollen. Doch egal ob Bombenbastler, Odins scharfe Sado-Sekretärin Miss Oatlash oder Ku-Klux-Klan-Wichser, sie alle scheitern grandios an Jesses wachem Verstand, sodass der kleine Schlachthof-Chef selbst ran muss.

Der Aufenthalt in der kleinen Stadt bringt jedoch nicht nur Kampf mit sich: Jesse findet seine totgeglaubte Mutter wieder und eine kurze, unerfüllte Romanze macht ihm den Abschied schließlich nicht ganz so leicht. Dennoch muss er weiterziehen, um Gott zu suchen, denn die Genesis-Rechnung ist nach wie vor unbeglichen. Da die Reise durch Texas in dieser Hinsicht bisher kein befriedigendes Ergebnis zeitigte, versucht es Custer nun mit Drogen. Das Ergebnis ist ein Trip in die eigene Vergangenheit und an die Grenzen seines Verstandes.

Nachdem die amerikanische Kleinstadt-Idylle in den letzten Sammelbänden etwas aus dem Fokus des Autors geraten ist, setzt Ennis nun mit Liebe zum Detail seine Demontage all dessen fort, was „Amerika“ mutmaßlich ausmacht. Korrupte Gesetzeshüter, inzuchtgezeichnete Hinterwäldler und Vorkämpfer für die arische Rasse, deren genetische Degeneration man ihnen schon am fehlenden Kinn ansieht, Nazi-Schergen, Mitläufer und Ja-Sager prägen das Bild, das uns der Ire Ennis vom südstaatlich-ländlich sozialisierten Amerikaner zeichnet.

Allerdings fehlt es dem Story-Arc insgesamt an Biss und Originalität – auch wenn das Auspissen eines brennenden Ku-Klus-Klan-Kreuzes durch Jesse, zweifellos ein Highlight des amerikanischen Comic an sich darstellt –, denn letztendlich bestätigt der Autor einmal mehr nur das, was wir „aufgeklärten“, „gebildeten“ Europäer immer schon wussten: viele Texaner sind rassistische Gewalt-Fetischisten, die Hitler nacheifern und Kühe ficken (auch tote). Insgesamt kommt die Geschichte zudem relativ ruhig daher, getragen von teils deftigen, teils nachdenklichen Dialogen und eher slapstickhaften Szenen, statt von Skurrilität und Perversion, obgleich natürlich auch solche Momente immer wieder Ennis' Autorenschaft bezeugen.

Fazit: Humorvoll, brutal, pervers und dunkel. Ennis' unterhaltsame Abrechnung mit dem American Way of Life, Western-Romantik und US-Freiheits-Ideologie geht in die nächste Runde.