Curse of the Spawn 1 (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 08. September 2016 15:59
Alan McElroy
Curse of the Spawn 1
(Curse of the Spawn 1-14, 1996/1997)
Übersetzung: Gerlinde Althoff & Bernd Kronsbein
Titelbild: Danny Miki
Zeichnungen von Dwayne Turner, Danny Miki, Todd Broeker u.a.
Panini, 2016, Hardcover, 348 Seiten, 29,99 EUR, ISBN 978-3-95798-676-4
Rezension von Irene Salzmann
Todd McFarlanes „Spawn“ dürfte wohl die erfolgreichste Serie des Image Labels sein, ist sie doch die einzige, die nun schon seit einem Vierteljahrhundert („Spawn“ 1 wurde 1992 veröffentlicht) kontinuierlich erscheint (neben Erik Larsens „Savage Dragon“) und in diesem Zeitraum mehrere Spin-offs erfahren hat.
Eine dieser Auskopplungen ist „Curse of the Spawn“, geschrieben von Alan McElroy, der auch das Drehbuch zum „Spawn“-Kinofilm verfasste, welcher aufgrund rechtlicher Probleme Unterschiede zur Comic-Handlung aufweist (die Figur Chapel, geschaffen von Rob Liefeld für die Serien „Youngblood“ und „Team Youngblood“, durfte nicht verwendet werden, sodass ein anderer die Schuld am Film-Tod von Al Simmons trägt).
Außerdem engagierte Todd McFarlane als Zeichner Dwayne Turner („Wolverine“, „The Authority“, „Spawn“ etc.), der mit seinem Stil dem des Spawn-Schöpfers und seines Nachfolgers Greg Capullo treu bleibt und so die düstere, unheilvolle Atmosphäre des „Spawn“-Universums detailreich und stimmungsvoll vermittelt.
Die Handlung von „Curse of the Spawn“ 1, das die ersten 14 US-Hefte beinhaltet, lässt sich in vier Storylines untergliedern, die miteinander nicht in Verbindung zu stehen scheinen. Vielleicht hat Alan McElroy zunächst ein paar mögliche Geschichten ausprobieren wollen, vielleicht werden die einzelnen Teile zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt und/oder verquickt. Lockere Bezüge zur Hauptserie sind vorhanden, zum Beispiel durch Angela, die Spawn warnt, dass üble Dinge im Gang sind, was ihn wenig interessiert, da er mit seinem Schicksal hadert (siehe auch „Spawn - Original Collection“ 5).
Die Zukunft scheint für die Menschen verloren, denn Armageddon hat begonnen. Die Heerscharen der Hölle vernichten jegliches Leben und die Toten erheben sich als Zombies, um ihre einstigen Angehörigen und Freunde zu fressen. Ein neuer Hellspawn soll die Armeen des Teufels führen, und Daniel Llanso war als Lebender kein netter Mensch. Seine einzige gute Tat brachte ihm das Verhängnis, doch die Erinnerung daran ist nicht ausgelöscht. Er stößt auf die zwei Menschen, die ihm etwas bedeuten, und rebelliert.
Sam und Twitch schlagen sich, seit sie nicht länger für die Polizei arbeiten, mehr schlecht als recht durch, indem sie Ehemänner überprüfen, die ihre Frauen möglicherweise betrügen, oder nach vermissten Freundinnen suchen. Dabei geraten sie in polizeiliche Mord-Ermittlungen und ahnen schon bald, dass die Sache viel größer und komplizierter ist, als zunächst angenommen, denn plötzlich geht ein Unbekannter auf Mörderjagt - und stellt sich unverhofft den Behörden, aber nur aus dem einen Grund, um die Verbrecher in den Reihen der Polizei zu richten.
Der kriegerische Engel Angela begegnet auf einer fernen Welt, deren Bewohner dem Untergang geweiht sind, jemandem, der sie, die nichts fürchtet, in große Angst versetzt. Sein Erscheinen verkündet das Ende, auch für die Erde. Allerdings bezwingt Angela ihre Panik und will den Kampf gegen den mysteriösen Deurges aufnehmen.
Als kleines Kind zündete Jessica Priest das Haus ihrer Eltern an und entkam als einzige den Flammen. Jahre später lebt sie mit ihrem Mann und zwei Kindern ein Bilderbuch-Idyll und geht einem einträglichen Beruf nach. Was sie macht, wenn Jason Wynn ihr einen Auftrag erteilt, ist ihr großes Geheimnis, aber sie erledigt alle Aufgaben, und seien sie noch so gefährlich - konsequent, brutal, blutig. Das erfahren nicht nur zwei psychopathische Forscher, Bruder und Schwester, die auf inzestuöse Weise verbunden sind, sondern auch alle anderen, die sich Jessica in den Weg stellen.
Wer „Spawn“ kennt, weiß, was ihn in diesem Spin-off erwartet: Horror, Splatter, ab und zu deftiger bis morbider Humor. Die einzelnen Geschichten sind in das bekannte „Spawn“-Universum eingebettet, es ist aber nicht erforderlich, die anderen Serien zu kennen. Von Vorteil ist es zweifellos, schließlich tauchen bekannte Figuren wie der Spawn Al Simmons, Angela, Sam und Twitch, Cogliostro und so weiter auf, deren Hintergründe in der Regel nicht weiter erläutert werden.
Zumindest in dieser Collection ist der populärste Spawn nicht der Hauptakteur, sondern andere Protagonisten fügen durch ihre Einzelschicksale dieser Welt weitere Facetten hinzu. Infolgedessen sind zum Beispiel Sam und Twitch in erster Linie Beobachter, während der Fokus dem Opfer eines Verbrechens gilt, das zum Rächer wird. Angela, die man in der Hauptserie nur selten zu Gesicht bekam und die inzwischen ein Bestandteil des Marvel-Universums ist („Guardians of the Galaxy“), darf in einem actionreichen Abenteuer die Hauptrolle spielen.
Allen Charakteren ist gemein, dass sie keine ‚reinen und edlen Superhelden‘ sind, die selbstlos unschuldige Menschen beschützen, immer Gutes tun und die Verbrecher der Justiz überantworten. Ganz im Gegenteil sind die meisten von ihnen selbst Personen, die aus persönlichen Motiven handeln, Gesetze brechen, sich die drastischen Maßnahmen der Gegner zu eigen machen, um sich und die wenigen Freunde zu schützen und die noch schlimmeren Übel auszulöschen, die der Justiz durch die Maschen schlüpfen.
Das Böse hat viele Gesichter, angefangen bei einem Streifenpolizisten, der bewusstlose Frauen vergewaltigt, über eine psychopathische Killerin bis hin zu dem Abgesandten der Hölle. Mit vielen hat man kein Mitleid, und sie erhalten irgendwann ihre Strafe. Andere stürzen den Leser in Zweifel, denn einerseits hat man es mit einem Mörder zu tun, andererseits sind diejenigen, die er oder sie zur Strecke bringt, noch schlimmer, und in bestimmten Fällen sind diese Anti-Helden doch zu freundschaftlichen Gefühlen und selbstlosen Handlungen fähig, sodass man ihnen ein gewisses Verständnis entgegenbringt.
Schon aufgrund dieses Dissens, den man empfindet, sind „Spawn“ und seine Spin-offs einem reiferen Publikum zu empfehlen, das mit dem hohen Gewaltpotenzial, den grenzwertigen Charakteren und den splattrigen Abbildungen umgehen kann. Für junge Leser ist „Curse of the Spawn“ absolut ungeeignet; für erwachsene Horror-Fans, die die Inhalte korrekt zu interpretieren wissen, ist es eine spannende, abwechslungsreiche, ansprechend gezeichnete Lektüre.