Walter Diociaiuti: Miasma (Buch)

Walter Diociaiuti
Miasma
Voodoo Press, 2016, Taschenbuch, 224 Seiten, 11,99, ISBN 978-99957-56-06-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Die Mitte Italiens vereint die besten Eigenschaften des Landes in sich. Hier gedeihen Früchte ebenso wie der Wein, hier verwöhnt die Sonne und ein zumeist mildes, mediterranes Klima und hier leben Menschen, die noch verbunden sind mit ihrer Heimat. Doch genau hier gibt es auch Geheimnisse, uralte Geheimnisse, die darauf lauern, ihr Unheil über die Bewohner zu bringen.

In einem kleinen, malerischen Örtchen geschehen gar merkwürdige Dinge. Es beginnt damit, dass Kühe wie Wöchnerinnen keine Milch mehr geben, dann wird Schwangeren ihr Fötus brutal entrissen, später dann werden Liebende grausam geschlachtet aufgefunden. Einige junge Männer, unter ihnen ein Sohn des Dorfes der mittlerweile als Horror-Autor in England lebt und nur zu Besuch in seiner Heimat weilt, machen sich auf, das Mysterium zu erforschen.

Bald schon stoßen sie auf einen alten Mythos: Die Geschichte von Regolo, der Mutterschlange, die alle einhundert Jahre die Gegend heimsucht und ihren Tribut fordert. Was sich als Märchen, als verrückte Spinnerei anhört, das mündet in den Überfall des Gehöfts, in dem sich die jungen Männer aufhalten durch eine Armee von Schlangen, bevor es dann in einer antiken Kaverne zum Aufeinandertreffen mit dem Regolo kommt…


Walter Diociaiuti ist dem Kenner der Phantastischen Literatur in erster Linie als Verleger bekannt. In seinem zwischenzeitlich eingestellten Verlag Eloy Editions erschienen einige der besten zeitgenössischen Weird-Fiction-Stoffe, bevor er den Stab bildlich gesprochen an Voodoo Press und dessen Mitstreiter weitergab. Dass der Verleger auch als Autor zu überzeugen weiß, beweist vorliegender Roman.

Zunächst lässt der Autor mit leichter Hand das Bild einer kleinen, homogenen Gemeinde vor unseren Augen Gestalt annehmen. Hier, weitab der Hektik der Großstadt, scheint das Leben noch lebenswert, die dörfliche Idylle intakt. Doch auch hier gibt es Leid, zerbrechen Beziehungen, raffen das Alter oder Krankheiten die Menschen dahin. In diese sehr einfühlsam und überzeugend ausgearbeitete Umgebung bricht dann das Grauen herein. Zunächst nicht näher beschrieben, lernen wir die Heimsuchung anhand ihrer Auswirkungen auf die betroffenen Menschen kennen und fürchten. Was steckt hinter den rätselhaften Vorgängen, wie passt das helle Licht, die psychedelische Musik und der Gestank an den Tatorten zu den Verbrechen und wer ist der Täter? Als sich unsere Protagonisten näher mit den Vorkommnissen beschäftigen, der ermittelnde Kommissar, ein Onkel eines der jungen Männer, ihnen beisteht, kommen sie auf die Spur der Kreatur. Sie müssen erkennen, dass rationale Erklärungen nicht greifen, dass sie etwas gegenüberstehen, das sie allenfalls aus den Überlieferungen kennen.

Dass sie die Geschehnisse und die Erklärungen hierfür erstaunlich schnell und ohne Probleme akzeptieren erscheint ein wenig unglaubwürdig, sorgt aber dafür, dass der Plot schnell voran eilt. Der Handlungsbogen selbst wird straff und ohne Brüche durchgezogen, stilistisch bedient sich Walter Diociaiuti oftmals einer sehr einfachen Umgangssprache, die die Dialoge vorantreibt.

Insgesamt gesehen ein durchaus unterhaltsamer, wohltuend kurzer Roman, der in seinem packenden Showdown den Leser mitreißt.