Robert A. Heinlein: Die Tür in den Sommer (Buch)

Robert A. Heinlein
Die Tür in den Sommer
(The Door into Summer, 1957)
Übersetzung von Tony Westermayr
Heyne, 2016 Taschenbuch, 304 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-453-31739-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Das Original stammt aus dem Jahr 1957 und erschien 1963 erstmals in deutscher Übersetzung beim Goldmann Verlag, wo es die eine oder andere Neuauflage erlebte. Dreißig Jahre später wurde das Buch dann bei Bastei Lübbe publiziert und nun, 2016, ist Heinleins vielleicht anerkanntester und lesbarster „Erwachsenenroman” auch zum ersten Mal Bestandteil der großen Heyne-Science-Fiction-Reihe geworden. Glückwunsch!

Für viele Kenner und Kritiker ist „The Door into Summer“ auch vor allem deshalb der beste Heinlein (für Erwachsene), weil in ihm fast alle typischen intoleranten, faschistoiden, militaristischen und chauvinistischen Gedanken und Sichtweisen fehlen, die Heinleins Werke ansonsten dem Rezipienten oft sauer aufstoßen lassen. Nur selten finden sich hier Seitenhiebe auf „...die meisten langhaarigen Fasler...” (Seite 303) oder ähnliche humanistische oder liberale „Gefühlsduseleien” (wie sich der strenge, unnachgiebige und hart rechtsgerichtete Autor wohl unempathisch ausgedrückt hätte).

In diesem Roman wird einfach eine intelligente, spannende und höchst clever geplottete Geschichte konsequent und nahezu reibungslos durcherzählt.


Berichtet wird von einem Ingenieur namens Daniel Boone Davis (meist nur D. B. oder Dan genannt), der tolle Ideen für alle möglichen technischen Haushaltsgeräte hat und aus diesen wunderbare Roboter entwickelt, welche die Hausfrauen dieser Welt entlasten sollen. Denn auch im Jahre 1970 (immerhin vom Autor aus 13 Jahre in der Zukunft!) sind die langweiligen und stupiden Tätigkeiten eine Qual.

Leider hintertreibt Dans Geliebte, die intrigante Belle (in den früheren Übersetzungen des Übersetzers hieß sie noch Betty; die aktuelle Übersetzung weist auch sonst einige kleinere Korrekturen jenseits der neuen Rechtschreibung auf), die auch Sekretärin der kleinen Firma ist, Dans Erfolg. Zusammen mit Dans Partner kapert sie das Unternehmen und lässt den armen Ingenieur per Hypnosedroge und anschließendem Kälteschlaf 30 Jahre in die Zukunft schicken.

Doch Dan erkennt bald, welch grandiose Chance ihm dies bietet, denn er erfährt von einem neuen Freund von einem ungeheuerlichen Geheimnis...


Auch wenn die Figur des intriganten Weibchens fast zu gallig ausfällt (und Dans Katze den anderen menschlichen Protagonisten die Show stiehlt) und Heinlein seine Vorliebe für Nudismus plakativ im Roman auftauchen lässt, ist „Die Tür in den Sommer „noch immer pures Lesevergnügen und wimmelt von lockeren und intelligenten technischen Schilderungen und Ideen, die der Autor auch dem Laien glaubhaft und sehr lebenspraktisch veranschaulicht. Sogar „Technikmuffel” müssen hier den Hut ziehen.

In diesem Werk findet sich noch die für die 50er Jahre typische ungebrochene Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft für eine technikaffine Menschheit, der die neuen Entwicklungen die tägliche unnütze Schufterei abnehmen. Wenige Romane aus dieser Zeit transportieren diesen Zeitgeist so lebendig, perfekt und bunt wie dieses Buch.

Nach „The Red Planet“ (dt. u. a. „Der rote Planet“) ist deshalb dieses Buch Heinleins möglicherweise zweitbester Roman (wenn man auch zugeben muss, dass die zusammengestellten Geschichten aus Heinleins „Future History” sicherlich mehr intellektuelle Substanz und Tiefe haben), auch wenn andere Romane von ihm bekannter und vielleicht beliebter sind. Da diese jedoch durchgängig von des Autors streng intoleranter, oft menschenverachtender Weltsicht geprägt und kontaminiert sind und an vielen Stellen mehr als nur Unbehagen beim aufgeklärten Leser hinterlassen (besonders fällt dies bei „Starship Troopers“, „Farnhams Freehold“ und „Stranger in a Strange Land“ auf, wo Menschenleben und Individualität gezielt verächtlich gemacht und vernichtet, Toleranz, Empathie und Mitmenschlichkeit als schwach verleumdet und lächerlich gemacht werden), ist gerade das vorliegende Buch für viele Kritiker eine wohltuende Erholung vor Heinleins sonstigen Tiraden. Dies und die spannende, sehr gut ausgedachte Geschichte in Verbindung mit Heinleins mitreißendem Stil und den überzeugenden Charakteren, sichert „The Door into Summer“ einen Platz im Olymp der SF-Literatur.