Graham Masterton: Das Atmen der Bestie (Buch)

Graham Masterton
Das Atmen der Bestie
(Charnel House)
Übersetzung: Felix F. Frey
Festa 2012, Taschenbuch, 250 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-86552-135-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Man bekommt es als Beamter in städtischen Diensten aber auch wirklich mit allerlei merkwürdigen Menschen zu tun. Da kommt doch eines Tages ein komischer alter Mann zu mir ins Büro und beschwert sich über sein Haus.

Nun muss man dazu wissen, dass ich in San Francisco für Häuser schon zuständig bin. Wenn Sie also von Ratten oder Kellerasseln heimgesucht werden, wenn es in den Leitungsrohren klopft oder der Kamin von brütenden Vögeln verstopft ist, dann ist es mein Job, mich darum zu kümmern. Doch was soll ich machen, wenn da ein Opa daherkommt und doch glatt behauptet, dass sein Haus atmen würde?

Einen guten Seelenklempner empfehlen und dann den Alten möglichst schnell und ohne großes Trara durch das Loch, das der Mauerer in der Wand gelassen hat, hinauskomplimentieren - das sollte es sein. Dumm nur, dass der Senior so verrückt gar nicht gewirkt hat und mir die Angelegenheit keine Ruhe lässt.

Nach der abendlichen Sitzung im Kollegenkreis schließt sich mir ein ebensolcher an, und wir schauen auf dem alten Anwesen in 1551 Pilarcitos vorbei. Und wirklich, was soll ich sagen, das Haus atmet. Mehr noch, kurz darauf werden wir angegriffen, mein Kollege kommt schwer verletzt und mit angsteinflößend feuerroten Augen ins Krankenhaus. Der behandelnde Arzt leugnet zwar zunächst, dass mein Freund jetzt genauso komisch atmet, wie wir dies im Haus gehört haben, doch auch er kann das Merkwürdige, das vorgeht nicht wirklich leugnen. Am nächsten Tag besuchen wir, mit Verstärkung, erneut das Haus; ein weiterer Kollege verliert dabei im wahrsten Sinne des Wortes sein Gesicht - das ihm ein unsichtbares Wesen im Kamin vom Schädel reißt. Als kurz darauf der Alte, der alles erst ins Rollen gebracht hat, mit 15 Litern Blut im Körper aufgefunden wird, das Krankenhaus von einem riesigen Schwarm unbekannter Vögel heimgesucht wird und die beiden schwer Verletzten sich zu einem gemeinsamen Körper vereinen, ahne ich, dass die Kacke am Dampfen ist.

Ein indianischer Schamane weiß zu berichten, mit wem wir es zu tun haben: Coyote, auch bekannt als der Erste, der Worte zur Gewalt benutzte, der Dämon, den niemand aufzuhalten vermag, so er einmal losgelassen, versucht zurückzukommen - und er hat den Hauptteil seines Weges bereits zurückgelegt…


Was ist das für ein toller Roman? Es beginnt als eine moderne Version des heimgesuchten Hauses, verbindet dies dann mit einer realen Indianerlegende und einer Handlung, die, gerade weil sie in der Realität fußt, den Leser an die Kandare nimmt und bis ins Finale nicht wieder los lässt.

Und genau dies, die Fähigkeit des Autors in einer sehr real wirkende Alltagssituation das Übernatürliche behutsam aufbauend einfließen zu lassen, uns die Gefahr begreiflich, erlebbar und akzeptierbar zu machen, ist das Besondere an dem Roman. Gerade weil Masterton eben nicht versucht uns mit dem unbestreitbarem Grauen, das vom indianischen Dämon ausgeht zu überfallen, er die Bedrohung sehr behutsam und atmosphärisch dicht aufbaut, wirkt diese umso nachhaltiger und überzeugender auf den Leser. Das hat, obzwar nüchtern betrachtet so Einiges rätselhaft bleibt, eine innere Überzeugung, die selten ist.

Hier führt uns ein Meister in das klassische Topic des Haunted House ein, bereichert es mit einer ganz eigenen, dabei aber aus dem Legendenschatz der Native Americans entnommenen Sagengestalt und mixt dies zu einem Cocktail der besonderen, der faszinierenden, der beängstigenden Art - schlicht zu einem tollen Buch.