Tobias O. Meißner: Sieben Heere (Buch)

Tobias O. Meißner
Sieben Heere
Piper, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 408 Seiten, ISBN 978-3-492-70312-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Über Tobias O. Meißner muss wohl nicht viel gesagt werden, gehört er doch mittlerweile zu den fleißigsten deutschen Autoren, dessen Romane auch schon zu Bestseller-Ehren kamen, kann er sich doch gut den Wünschen seiner Leser anpassen, ohne sich dabei selbst allzu sehr zu verleugnen und klassischen Themen neuen Flair zu verleihen. Das beweist er auch in „Sieben Heere“, seinem neuesten Roman, der wohl auch noch mindestens eine Fortsetzung erfahren wird.

 

Akitanien ist von der geballten militärischen Macht seines Nachbarlandes Nafarroas überrannt worden und gefallen. Nun ziehen die sieben Heere der siegreichen Königin durch das Land, um die Bevölkerung zu „befrieden“. Diesen Kämpfern und Soldaten sagt man nach, dass sie die skrupellosesten und grausamsten Krieger sein sollen, aber sie scheinen auch gewissen Spielregeln zu folgen und trotzdem Menschen zu sein. Das bekommt das Dorf Hagenau zu spüren, als eine kleine Einheit die Siedlung besetzt. Der auf einem Gryph reitende Capitar macht eines klar: Wenn sich die Männer, Frauen und Kinder, angefangen vom Dorfoberhaupt bis hin zu den niedrigen Tagelöhnern, seinen Befehlen beugen, dann wird niemandem etwas geschehen. Erhebt aber einer der Dorfbewohner seine Hand gegen die Soldaten…

Anfangs nimmt er Geiseln, um sich des Wohlverhaltens der Einheimischen zu versichern, gibt diese aber nach und nach wieder frei. Tatsächlich versucht man notgedrungen miteinander auszukommen, was die Spannungen nicht mindert, doch es gibt unter den Hagenauern auch einige Hitzköpfe, die ihre Hände nicht bei sich behalten können. Als ein Mord geschieht, haben die Dorfbewohner deshalb nur noch eine Wahl.


Das Thema ist klassisch: Wie oft sind Dörfer und Städte schon von feindlichen Heeren überrannt worden, haben die überlebenden Bewohner alles dafür getan, sich von der Knechtschaft zu befreien, oder besser ein Teil davon.

Tobias O. Meißner arbeitet tatsächlich mit vielen von den üblichen Archetypen, aber schon bei deren Gestaltung durchbricht er Grenzen, verzichtet auf die altbekannten Klischees, indem er differenziert, sich die Zeit nimmt, die wichtigsten Figuren auf beiden Seiten ausreichend einzuführen, um ihnen Ecken und Kanten zu verleihen, ebenso wie Schwächen und Fehler. Bei ihm agieren keine überhöhten Gestalten sondern ganz normale Menschen. Selbst die Soldaten von Nafarroas haben freundliche und nette Seiten, während auf Seiten der Dorfbewohner einige Hitzköpfe folgenschwere Fehler begehen.

Gut und Böse ist auf beiden Seiten zu finden - die Seiten verschwimmen, genauso wie es keine besonderen Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Spannend dabei ist, dass durchaus Erwartungen der Leser bedient werden, aber doch immer wieder nicht. Da der Autor sich ganz auf die Figuren konzentriert, bleibt der Hintergrund eher schwammig. Man erfährt nicht wirklich, warum Akitanien eigentlich erobert wurde, die Königin ist eine nebulöse Gestalt, die zwar immer wieder erwähnt wird, aber nicht wirklich Bedeutung hat; diese besitzen eher die Menschen, mit denen sich die Hagenauer herumschlagen müssen.

Was bleibt ist eine interessante und abwechslungsreiche Geschichte, die aus beliebten Versatzstücken eine ganz eigene Handlung bastelt und dabei immer für eine Überraschung gut ist, auch wenn insgesamt Action und Drama eher Mangelware bleiben. Da nimmt man es dem Autor auch nicht übel, dass er sich munter aus der irdischen Namensgebung bedient hat, vor allem was die Namen der beiden Länder betrifft, die doch all zu sehr an das Herzogtum Aqutanien und das Königreich Navarra erinnern.

„Sieben Heere“ erweist sich als interessanter als sein Klappentext, denn wie nicht anders bei Tobias O. Meißner zu erwarten, spielt er wieder einmal mit den ganzen Erwartungen und Klischees, die man dem sehr klassischen Thema einer Eroberung entgegenbringt und macht doch eine ganz eigene Geschichte daraus, die Action und Kämpfe nur dann einsetzen muss, wenn es nötig wird.