Das Schwarze Auge 106: Todesstille, Bernard Craw (Buch)

Das Schwarze Auge 106
Bernard Craw
Todesstille
Titelillustration von Arndt Drechsler
Karte von Ralf Hlawatsch
FanPro, 2009, Taschenbuch, 384 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-89064-246-8

Von Christel Scheja

Bernard Craw greift in seinem Roman eine Region auf, die zwar in der Vergangenheit Aventuriens öfters im Fokus der Geschehnisse stand, zu die Autoren aber sehr selten kleine Abenteuer vor der einzigartigen Kultur verfassten. Das Bornland mag zwar in der einen oder anderen Sache fortschrittlicher wirken als das Mittelreich, ist die Gesellschaft betreffend aber sehr altertümlich und traditionell. Die Schichten sind sehr klar getrennt, und Aufstiegsmöglichkeiten gibt es nur wenige, vor allem wenn man ein Leibeigener ist. Diese gehören den adligen Landbesitzern, den Bronnjaren, mit Haut und Haaren und können wie Sklaven veräußert werden. Und da das Land nicht besonders stark besiedelt ist, endet die Zivilisation schon sehr oft am Rande der Dörfer.

Das ist auch und im Besonderen in den Rotaugensümpfen so. Diese Region im Herzen des Bornlandes gilt als besonders verdorben und gefährlich, denn dort verbergen sich nicht nur Goblins, sondern lauern auch viele düstere Gefahren aus der Vergangenheit.

Eine Gruppe von Boronis leistet den Totendienst an einem der sterbenden Grafen, der ihnen als Dank seinen Landbesitz vermacht hat. Doch dessen Erbe weiß das Testament geschickt zu deuten und die Diener des Totengottes mitsamt seinem Bruder Wulfjew in eine Gegend abzuschieben, die er ohnehin nicht in dem Maße nutzen kann, da sie zum großen Teil aus Sumpf besteht und düstere Geschichten um die verfallende Burg Dornblut aus der Zeit der Theaterritter umgehen.

Mehr oder weniger zähneknirschend nehmen der schweigsame Raawen, die träumende Bishdariel-Dienerin Marboria, ihre noch zu sehr dem Leben verbundene Schülerin Imalia und der nach einem ehrenhaften Tod suchende Golgarit Härmhardt die Gabe an und reisen zusammen mit Wulfjew, der zu einem Novizen wird, und den Leibeigenen Lonnet und Svetjana in die abgelegene Region.

Dort merken sie sehr schnell, dass die Einwohner des Dorfes Einiges zu verbergen haben und es genug Geheimnisse um die Burg und ihre letzten Bewohner gibt, die gelöst werden müssen. Als dann auch noch eine Norbardensippe, eine Goblinschamanin und ihr Stamm aktiv werden, überstürzen sich die Ereignisse, und rachsüchtige Geister erwachen aus ihrem langen Schlaf, während sich Schicksale erfüllen. Nur eines ist am Ende sicher: Boron erwartet jeden von ihnen.

"Todesstille" ist von einer morbiden und durchweg unheimlichen Gruselstimmung erfüllt, die der Autor gekonnt in Szene setzt. Sehr schnell wird klar, dass nicht die Auflösung der Geheimnisse sein Ziel ist, sondern der Weg dahin. Im Mittelpunkt stehen nämlich die Figuren. Nicht nur die Diener Borons müssen sich Prüfungen ihres Glaubens stellen, auch andere werden von den Fehlern und Schatten der Vergangenheit eingeholt.

Das alles wird sehr mystisch und philosophisch in Szene gesetzt – was allerdings auch auf Kosten der Spannung geht. Die Handlung ist erstaunlich schwerfällig, wenn auch atmosphärisch; die Auflösung beantwortet nicht alle Fragen, die man als Leser hat. Und so richtig wird auch nicht klar, was die früheren Bewohner der Burg eigentlich getrieben haben, so dass sie zu ruhelosen Geistern wurden, die nicht loslassen können.

Alles in allem vermag der Autor zwar durch die intensive Stimmung zu begeistern, kann aber nicht immer fesseln, da gerade der Mittelteil der Geschichte sehr zäh ist und kaum vorankommt.

In Folge dürfte "Todesstille" denen gefallen, die Charakter zentrierte Romane mögen und gerne mehr über die mystische Seite des Boron-Glaubens erfahren wollen, denn das sind die wahren Stärken dieses Buches.