Alim der Gerber 3: Der weiße Prophet (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 19. April 2010 08:47
Alim der Gerber 3
Der weiße Prophet
(Alim le tanneur: La terre du prophète pale, 2007)
Text: Wilfrid Lupano
Zeichnungen, Farbe: Virginie Augustin
Aus dem Französischen von Monja Reichert
Titelgestaltung von Dirk Schulz unter Verwendung einer Illustration von Virginie Augustin
Splitter, 2009, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-940864-95-6
Irene Salzmann
Alim der Gerber, seine kleine Tochter Bul und Schwiegervater Pepeh müssen ihre Heimat verlassen, da sie etwas entdeckt haben, was alles infrage stellt, woran sie und alle Bewohner Jesameths bisher geglaubt haben. Opfergeber Khelob duldet keine Ketzer, die seine Position gefährden könnten, und lässt die Familie von einer Armee unter der Führung des fanatischen Torq Djihid jagen, während er selber die Mitglieder des Iasubiner Rates ermordet. Knapp können die Flüchtlinge entkommen, während ihre Verfolger eine blutige Spur hinterlassen.
Aber dann passiert ein Unglück: Das Luftschiff mit Alim und Bul an Bord wird beschädigt, es stürzt ab, seine Insassen werden getrennt. Dank eines kleinen Ballons überlebt Alim, doch findet er sich in einem weit entfernten Land wieder – ohne Bul. Die Eingeborenen nehmen den Fremden gefangen, töten ihn aber nicht, da sie die Rache der Geister fürchten. Schließlich nimmt ihn ein Zauberer mit sich, um die einfachen Menschen durch seine Macht über den angeblichen Dämon zu beeindrucken. So vergehen zehn Jahre, bis Alim endlich von Gumseh, einem Karawanenführer aus Birrmo, befreit wird.
Von ihm erfährt Alim, dass Khelob seine Macht gefestigt und weiter ausgedehnt hat. Er lässt sich in Birrmo als der Befreier vom grausamen Schlangenkult verehren, denn noch ahnt die Bevölkerung nicht, dass lediglich eine erbarmungslose Herrschaft durch eine andere ersetzt wurde. Khelob plant eine Expedition zu einer geheimnisvollen Insel, auf der der Prophet geweilt haben soll. In seinem Gefolge befinden sich auch Torq Djihid, der Zauberer und Alim, der das Risiko der Entdeckung eingeht, um Bul wieder zu finden.
Zwischen dem zweiten und dritten Band vergehen zehn Jahre. Man erfährt in kurzen Szenen, was Alim in dieser Zeit zustieß, unterbrochen durch Rückblenden, in denen an die Personen erinnert wird, die er verloren hat. Das Schicksal Buls, die nun ein Mädchen von vielleicht 15 Jahre ist, bleibt ungeklärt.
Die Suche nach ihr wird zur Triebfeder von Alims weiterem Handeln. Obwohl er befürchten muss, durch eine unbedachte Äußerung des dubiosen Zauberers verraten oder von jemandem aus Khelobs Gefolge erkannt zu werden, mischt er sich unter die Soldaten und Zivilisten, die nach einer mysteriösen Insel suchen. Torq Djihid hat bereits ein Auge auf Alim und dem Zauberer, kann sich aber noch nicht erklären, was ihm an den beiden missfällt.
Das persönliche Drama von Alims Familie ist eingebettet in einen Kontext, der Kritik übt an der Verquickung von Religion und Politik, an einem Glaubenssystem, das auf Lügen und Dogmen basiert, an einer menschenverachtenden Kastengesellschaft, an der Machtgier und Skrupellosigkeit religiöser Fanatiker – an einem Leben, in dem eine kleine Oberschicht den Bürgern des eigenen Landes und anderer Länder unsägliches Leid zufügt. Die Namen lassen keinen Irrtum zu, auf welche aktuellen Ereignisse, Nationen und Religionen die Künstler mit dem moralischen Zeigefinger deuten.
Auch das Setting ist entsprechend gewählt. War der Hintergrund zunächst orientalisch-tibetisch angehaucht, wirkt er nun afrikanisch-mittelamerikanisch. Trotz der Verfremdung (Flora und Fauna) erkennt man die historischen und zeitgenössischen Vorbilder. Vor allem die Landschaften und Gebäude sind detailreich gezeichnet und wunderschön anzuschauen, während die Figuren comichaft wirken.
Alim hat seit seiner Flucht viel erlebt und durchgemacht; er hat sich weiterentwickelt und bekommt vom Leben so manche neue Chance geboten. Allerdings nimmt er die Gelegenheiten nicht wahr, sondern begibt sich erneut in Gefahr, denn er kann und will er Bul nicht vergessen. So geht seine Suche weiter, und man darf gespannt sein, ob er die Tochter in Band 4 findet und was ihr widerfahren ist. Zudem fragt man sich, was Khelob am Ziel seiner Reise erwartet und wann ihn jemand stoppt.
"Alim der Gerber" ist eine packende Fantasy-Serie mit exotischem Flair, die Lesern gefallen wird, die Spaß an Titeln wie "Das Wolkenvolk", "Ganarah" oder "Luuna" haben.