Shane McKenzie: Parasite Deep - Parasiten aus der Tiefsee & John W. Campbell: Das Ding aus einer anderen Welt (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 24. April 2016 10:00
Shane McKenzie
Parasite Deep - Parasiten aus der Tiefsee
(Parasite Deep)
John W. Campbell
Das Ding aus einer anderen Welt
(Who Goes There?)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Jürgen Bullin beziehungsweise Fabian Dellemann und Alexander Rösch
Titelillustration von Arndt Drechsler
Festa, 2016, Paperback, 336 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-432-4 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Eigentlich sollte es nur ein Angelausflug auf den Spuren der Familie werden. Seitdem ihr Vater vom Krebs viel zu früh dahingerafft von ihnen gegangen sind, waren die beiden Brüder Ben und Clyde wie Feuer und Eis. Da kam der Ausflug nach Palacios, Texas, am Golf von Mexiko gerade recht. Hier, in dem kleinen Kaff in dem ihre Familie seit Generationen als Fischer lebt, erwartet sie ihr Onkel Peter, als sie zusammen mit zwei Freunden und der Freundin Clydes zum Angel-Ausflug auftauchen. Dass Clyde mit Drogen dealt, seine Freundin misshandelt und auch deren Mutter fickt, hat dazu geführt, dass Ben seinen älteren Bruder hasst.
Einmal auf dem Meer unterwegs, bemerken die Ausflügler aber schnell, dass nicht unbedingt Clyde die tickende Zeitbombe an Bord des Trawlers ist. Kaum in einem abgelegenen Gebiet angekommen, überfallen Meeresbewohner das Boot - Delphine, Thunfische und Killerwale geben sich ein Stelldichein. Allerdings sind die Säuger nicht, wie sonst bekannt, friedlich unterwegs. Der Befall mit Tentakel-Seepocken sorgt dafür, dass sich die friedlichen Meeresbewohner zu Killer entwickeln - und dann gibt es da noch Onkel Pete, der psychopathische Killer schlechthin…
Es ist auffällig, dass viele der modernen Horror-Autoren ihre Motive aus und in der Welt der weißen Rednecks suchen. Im Mittelpunkt der Handlungen stehen selten Mittelklasse-Familien mit Bürojobs, sondern zumeist arbeitslose Loser, die von der Stütze leben, sich außer für den Nachschub an Alk und dreckigem Sex für wenig interessieren. Drogen spielen ebenso wie die häusliche Gewalt gerne eine Rolle, wenn sich die Abgründe des Dreiecks aus Armut, Arbeitslosigkeit und Drogenabhängigkeit auftun.
Vorliegend nutzt McKenzie diese Versatzstücke, um uns einen packenden Horror-Plot zu präsentieren. Neben dem Schwerpunkt der ergreifenden Schilderung häuslichen Elends, Gewalt und der Suche nach Vergessen im Drogenrausch, übernimmt dabei das Meer als zweite große Säule die andere Hauptrolle.
Wie es zu dem Befall der Fauna mit den Pocken kommt, bleibt unklar, die Auswirkungen aber werden plastisch und schockierend real dargestellt. Der Befall der Fische führt dazu, dass diese sich zu gnadenlosen Killern entwickeln - dies führt auf der begrenzten Größe des Bootes dazu, dass die Sache mehr als interessant wird. Zumal wir mit Pete, der den Tod seines Bruders nicht verkraftet hat, eine weitere existenzielle Bedrohung mit an Bord haben. Hier gelingt es dem Autor in der Gestaltung des Charakters des Fischers zu überzeugen.
Überzeugend ist dies in Hinsicht darauf, dass der Charakter des Mannes deutlich wird, dass nachvollziehbar wird, wie dieser immer mehr abgleitet in die Verzweiflung, die direkt zu Gewalt führt, später dann in den Wahnsinn. Das packt den Leser, weckt nicht nur Erinnerungen an den weißen Hai, sondern auch an maritime Tentakelmonster und besticht durch seine glaubwürdig gezeichneten Personen.
Mit beigefügt hat der Verlag dem Band eine weitere Novelle. Wie früher die legendären Ace-Doubles kann man, wenn man das Buch umdreht und auf den Kopf stellt, als zweiten Beitrag „Das Ding aus einer anderen Welt“ vorfinden.
Die mehrfach verfilmte Novelle um einen im ewigen Eis schlafenden Alien, der einmal geweckt sich als Gestaltwandler unter die Forscher mischt, Ableger ausbildet und droht, die Erde zu erobern hat von seine Faszination wenig eingebüßt. Zwar gibt es einige logische Brüche, doch die Story als solche weckt in mir immer noch Bilder, die sicherlich auch über die Filme geprägt wurden.
Zudem erhält man für den Preis für ein Buch deren zwei, das bedeutet viel Buch fürs Geld.