Stephen Baxter: Bronzesommer (Buch)

Stephen Baxter
Bronzesommer
Nordland-Trilogie 2
(Bronze Summer, Northland-Trilogy Book 2, 2012)
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Claudia Kern
Cross Cult, 2015, Paperback, 554 Seiten, 16,80 EUR, ISBN 978-3-86425-451-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Alternativwelt-Romane gibt es vermutlich schon länger als das Science-Fiction-Genre existiert, denn vermutlich haben sich Menschen schon immer Gedanken über das „Was wäre wenn“ gemacht und in die Form von Utopien oder mythischen Geschichten gepackt. Deshalb steht Stephen Baxter auch mit seiner „Nordland“-Trilogie in einer guten Tradition. Mit „Bronzesommer“ macht er nun einen Sprung von mehreren Jahrtausenden.

 

Noch immer hat der Steinwall, den die Menschen vor vielen Jahrhunderten errichteten, Bestand und schützt das Nordland, das seine Bewohner immer noch Exeltur nennen, vor den steigenden Fluten. Mittlerweile pflegt man gute Kontakte und Handelsbeziehungen zu anderen Völkern bis hin ins Herz Anatoliens und an die südlichen Küsten des Mittelmeeres. Der Austausch von Waren und Wissen schreitet gut voran, auch wenn sich Entwicklungen anbahnen, die das friedliche Miteinander zerstören könnten.

Im Mittelpunkt steht Milaqua, die aufmerksame und eigenwillige Tochter der letzten Anid Kuma, die durch einen tödlichen Unfall verstarb. Durch ihren Onkel Teel bekommt sie eine Ahnung von den Intrigen im Hintergrund und die Entwicklung neuer Waffen, denn nicht der Sturz vom Pferd hat die Mutter umgebracht, sondern eine Pfeilspitze aus einem neuen Metall: Eisen.

Tief im Süden, an der kleinasiatischen Küste, versucht der Abenteuer Quirum seinen Platz in der Welt zu finden. Als einer der letzten Überlebenden der Stadt Troja, ist er ein Ausgestoßener ohne Heimat, nicht mehr als ein Herumtreiber, der von der Hand in den Mund lebt und sich für Sold an jeden verdingt. Eines Tages erwirbt er eine Sklavin, die jedoch neue Begehrlichkeiten in ihm wecken. Kilushepa war einst die Tawanna der Hethiter, eine Königin mit nicht unbeträchtlicher Macht. Sie sehnt sich durchaus danach, diese Stellung wieder einzunehmen…


Wie auch schon im ersten Roman, konzentriert sich der Autor nicht nur auf einen Schauplatz und wenige Figuren, sondern erzählt seine Geschichte gleich auf mehreren Ebenen. Ob nun an den Küsten des Mittelmeeres, im unwirtlichen Nordland oder fern von Europa an der Küste eines ganz anderen Landes, immer wieder stehen die Einzelschicksale im Vordergrund. Dabei geht er nicht gerade nett mit seinem Helden um, denn Gewalt und Grausamkeit, das Recht des Stärkeren ist an der Tagesordnung und die Natur ein unerbittlicher Feind, der immer dann zuschlägt, wenn man es am wenigsten erwartet.

Vielleicht sind die Erlebnisse der Figuren in ihrer Heimat und auf ihren Reisen nicht gerade episch, aber sie schaffen durch alltägliche Details durchaus Atmosphäre und helfen dabei, die Charaktere besser kennen und damit auch schätzen zu lernen. Allerdings bewahrt Baxter bewusst eine Distanz zu deren Gedanken, so dass der Leser immer ein wenig auf Abstand bleibt. Nach und nach verknüpft er dann die einzelnen Handlungsfäden zu einem Bild, das so Stück für Stück verrät, welche Entwicklungen eigentlich im Hintergrund im Gange sind. Diesmal beginnt nämlich keine Ära, sie endet langsam.

Die Spannung selbst bleibt dabei auf einem eher niedrigen Niveau, denn die Handlung kommt nur sehr langsam voran, bietet keine allzu überraschenden Momente oder solche, bei denen man wirklich mit zittert. Selbst Action-Momente haben einen beschaulichen Touch. Angenehm ist auch, dass der Autor gut recherchiert hat und tatsächlich zu diesem Zeitpunkt abgelaufene Naturkatastrophen mit ein bezieht und die Kulturen dem modernen Wissensstand entsprechend beschreibt und nicht nur altgediente Klischees herunter betet.

„Bronzesommer“ ist sicherlich kein Abenteuer-Roman mit sehr viel Action, sondern mehr eine Geschichte mit Ambiente, die Lust darauf macht, sich mehr mit den erwähnten Kulturen und der geschilderten Zeit zu beschäftigen - auch wenn die Handlung selbst natürlich eine alternative Entwicklung schildert und dabei die Fäden aufgreift, die im ersten Band noch offen gelassen wurden. Man muss deshalb schon einiges an Geduld und Detailfreude mitbringen, um Spaß an dem beschaulichen Roman zu haben.