Marvel Exklusiv 88: Marvels: Im Fokus der Kamera (Comic)

Kurt Busiek, Roger Stern
Marvels: Im Fokus der Kamera
Marvel Exklusiv 88
(Marvels: Eye oft he Camera 1-6, 2009/2010)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration und Zeichnungen von Jay Anacleto
Panini, 2010, Paperback, 148 Seiten, 16,95 EUR (auch als Hardcover erhältlich, 25,00 EUR)

Von Irene Salzmann

1994 erschien der Vierteiler „Marvels“, geschrieben von Kurt Busiek („Astro City“) und gezeichnet von Alex Ross („Earth X“). Der Fotograf Phil Sheldon beobachtete durch seine Kamera das Auftauchen und Wirken von Superhelden in den Jahren 1939 bis 1974 und kommentierte die Ereignisse aus der Sicht eines ganz normalen Bürgers.

2009 und 2010 erschien die sechsteilige Fortsetzung, „Marvels: Im Fokus der Kamera“, ebenfalls geschrieben von Kurt Busiek mit Unterstützung von Roger Stern („Doctor Strange“), gezeichnet diesmal von Jay Anacleto („Aria“), koloriert von Brian Haberlin („Witchblade“).


Erneut ist es Phil Sheldon, der von seinem Beruf nicht loskommt, nicht einmal als er vom Arzt eine erschütternde Diagnose erhält und gezwungenermaßen in den Ruhestand geht. Jetzt erst recht verfolgt er die Bemühungen einer neuen Generation von Superhelden, die ihren Teil dazu beitragen wollen, die Welt für alle sicherer zu machen und deren guten Absichten viel zu oft verkannt werden, die ganz menschliche Probleme und Wünsche haben und doch meist als Monster gesehen werden. Phil Sheldon möchte vermitteln, aber viel Zeit bleibt ihm nicht mehr.


Wie schon in der ersten Serie nimmt der Leser an den Gedankengängen von Phil Sheldon teil, der wie jeder Mensch die Superhelden bestaunt und ihre nicht minder mächtigen Gegner fürchtet. Durch seine Kamera kommt er allerdings viel näher an sie heran und versucht, hinter die Fassaden dieser ungewöhnlichen Personen zu blicken: die X-Men, die Fantastic Four, die Avengers und andere.

So wechseln sich ruhige Alltagsszenen mit den Berichten der Journalisten ab. Die Geschehnisse werden im Fernsehen und auf Fotos gezeigt, eher selten durch unmittelbares Beobachten, und dann nur kurz, denn die Helden sind bestrebt, die Auseinandersetzungen von der Menge fortzutragen, um Unschuldige zu schützen. Infolgedessen ergeben sich ganz andere Perspektiven als in den üblichen Comic-Geschichten.

Die wundervollen Zeichnungen von Jay Anacleto, die ganz ohne Tuschung auskommen (ein Stil, den schon so manch anderer Zeichner zu kopieren versuchte), tragen das Drama auf realistische Weise und machen jedes Panel zu einem Genuss. Für die stimmungsvolle Kolorierung sorgte Brian Haberlin, der schon bei anderen Projekten mit Jay Anacleto zusammenarbeitete („Athena Inc.“).

Es heißt zwar, dass das Sequel nicht an den Erfolg der ersten „Marvels“-Storyline anknüpfen konnte, doch wer sich diesen Sammelband zulegt, wird es gewiss nicht bereuen, denn hier wird das Marvel-Universum von seiner erwachsenen Seite gezeigt in Verbindung mit echter Comic-Kunst.