Gillian Flynn: Broken House - Düstere Ahnung (Hörbuch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 11. Februar 2016 10:42
Gillian Flynn
Broken House - Düstere Ahnung
(The Grownup, 2015)
Aus dem Amerikanischen von Christine Strüh
Ungekürzte Lesung von Vera Teltz
Argon, 2015, 1 CD, ca. 80 Minuten, ca. 5,99 EUR, ISBN 978-3-8398-1466-6
Von Irene Salzmann
Schon früh lernte Nerdy von ihrer Mutter, wie man arglose Leute ausnimmt. Mittlerweile hält sie sich durch ‚Handjobs‘ über Wasser und träumt von einem besseren Leben, in dem sie sich wegen Geld und der Polizei keine Sorgen mehr zu machen braucht, von vielen Büchern und Freunden aus den besseren Kreisen.
Weil sie zunehmend Probleme mit ihrem Handgelenk hat, wird Nerdy von ihrer Chefin in den vorderen Bereich des Geschäfts geschickt, wo sie ihre gute Menschenkenntnis und Belesenheit als Wahrsagerin einsetzen soll. Schnell hat Nerdy den Dreh raus - und keinerlei Skrupel, den zumeist gut betuchten, gelangweilten und frustrierten Ehefrauen das zu erzählen, was sie hören wollen. Das ändert sich schlagartig, als Susan Burke um Hilfe bittet. Was sie erzählt, lässt Nerdy zunächst den großen Coup wittern, der eine Menge Geld einzubringen verspricht. Aber die Kundin ist ihr auch sympathisch, und es scheint ganz so, als wäre wirklich etwas dran an Susans Beteuerung, dass etwas Böses in ihrem Haus wohnt und Besitz von ihrem Stiefsohn Miles ergriffen hat. Nerdy will wirklich helfen, und ihr ist durchaus klar, dass sie als Schwindlerin in einem solchen Fall wenig ausrichten kann.
Dennoch besucht sie Susan in ihrem viktorianischen Haus, lernt sowohl ihren netten Sohn als auch den schwierigen Miles kennen - der Ehemann ist stets beruflich unterwegs. Prompt greift die unheimliche Atmosphäre, die in dem Gebäude herrscht, nach Nerdy. Sie beginnt, das Haus spirituell zu reinigen und zu recherchieren. Nach einigen bizarren Vorkommnissen weiß sie nicht mehr, was sie glauben soll… und wer wen töten will.
Das Hörbuch beginnt ziemlich weit vom eigentlichen Thema entfernt und recht schwafelig. Vera Teltz trägt mit der passenden schnoddrigen, etwas überheblich klingenden Stimme in Ich-Form die Lebensgeschichte von Hauptfigur Nerdy vor, welche sich über die Vorhersehbarkeit und Dummheit ihrer Mitmenschen amüsiert, die es ihr so leicht machen, zuerst als Bettlerin, dann als sexuelle Dienstleisterin und schließlich als Wahrsagerin auf einfache Weise Geld zu verdienen.
Es dauert eine ganze Weile, bis Nerdy Susan kennenlernt. Wieder werden die üblichen Klischees der reichen Ehefrauen und Mütter, die nicht arbeiten gehen müssen, bemüht, doch kommt bei aller Verachtung, die Nerdy zu empfinden vorgibt, heraus, dass das genau das Leben ist, welches sie selbst gern führen würde. Tatsächlich keimt in ihr für einige Zeit sogar die Hoffnung, Susan könne ihre Freundin werden und sie in ihre Kreise einführen, wenn Nerdy ihr gegen das Böse hilft. Das veranlasst sie sogar, mit der Wahrheit herauszurücken und auf die geplante Abzocke zu verzichten, damit Susan professionelle Unterstützung sucht, bevor etwas Schlimmes passiert.
Ab diesem Punkt überschlagen sich die Ereignisse, das Tempo zieht merklich an, und plötzlich ist alles ganz anders, als vermutet. Nerdy hat allen Grund zu glauben, dass jemand auf Mord aus ist, und als Täter kommen zwei Personen infrage - aber welche der beiden Geschichten, die ihr präsentiert werden und in denen sie selbst eine tragende Rolle spielt, ist die wahre? Insofern bietet das Ende spannende Unterhaltung und vermag sogar zu überraschen, da sich Nerdy mit völlig unerwarteten Konsequenzen konfrontiert sieht.
Vera Teltz, die man als Schauspielerin aus Filmen wie „Tatort - Manila“ und „Kommissar Stolberg“, als Synchronsprecherin von Pamela Adlon in „Californication“ und Jaime Pressly in „Two and a Half Man“ sowie als Lesende von Hörbüchern wie „Nacht des Begehrens“ von Kresley Cole und „Blind Date mit einem Vampir“ von Katie MacAllister kennt, setzt Nerdy als Erzählerin gekonnt ins Szene und führt den Zuhörer durch eine Handlung, die nach dem zähen Anfang immer interessanter wird.
Gillian Flynn spielt mit gängigen Klischees, die aus der Sicht einer Anti-Heldin auf die Schippe genommen werden. Das etwas später einsetzende Verwirrspiel überrascht letztlich mit einem Ende, wie man es nicht hat voraussehen können und das den Titel zu einem packenden, unterhaltsamen Hörbuch mit mehr Thrill als Mystery macht.