Cardo Polar: Die Kinder erwachen - Die Kinder der Kirschblüte 1 (Buch)

Cardo Polar
Die Kinder erwachen
Die Kinder der Kirschblüte 1
2015, Taschenbuch, 156 Seiten, 5,49 EUR, ISBN 9783738655179 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Cardo Polar ist das Pseudonym eines Autoren oder einer Autorin, der oder die ganz offensichtlich ihre wahre Identität verschleiern will.

 

Hanna ist eine Außenseiterin und zieht sich deshalb von allem und jedem zurück, obgleich sie ihre Einsamkeit genauso hasst wie die Klassenkameraden, die Eltern oder alle anderen, die sich um sie herum bewegen. Nur in ihrer Online-Clique, die sie in einem versteckten Forum gefunden hat, fühlt sie sich wohl, denn die anderen drei ticken ähnlich wie sie.

Als Sven, einer ihrer Freunde, mit dem sie sich besonders verbunden fühlt, durch eine brutale Tat in seiner Heimat Arnsberg ein Zeichen setzt, gerät sie zusammen mit den anderen ins Visier der Polizei. Nun bleibt nur noch die Flucht, doch auf dieser erwacht eine Gabe, die Hanna vorher noch nicht kannte - eine schreckliche Macht, die sie nicht kontrollieren kann. Das verbindet sie mit Sarah, einem Mädchen aus einer ganz anderen Zeit, die ebenfalls gegen ihre Rolle in der Gesellschaft aufbegehrt und dabei erfahren muss, dass in ihr etwas schlummert, dass zu einer gefährlichen Waffe werden kann.


Die Stärke der Geschichte liegt wohl darin, dass der Autor oder die Autorin die Helden frei nach Schnauze reden lässt und man sich so vorstellen kann, die Gedanken und Worte würden sich wirklich im Kopf von vierzehn- bis siebzehnjährigen Teenagern prägen, die über die Folgen ihres Tuns noch nicht ganz im Klaren sind. Vor allem Hanna bekommt eine klare Charakterisierung, sie ist ein typischer Emo - depressiv und ihrer Umwelt gegenüber misstrauisch. Vertrauen setzt sie nur in diejenigen, die ihre Gedanken und Gefühle am besten verstehen können, auch wenn diese mehr oder weniger Schatten bleiben, deren wahre Identität sie nicht einmal kennt. Die Nebenfiguren, auch Sven, sind allerdings um einiges blasser. Ausgearbeitet ist auch Sarah, wenngleich ihre Zeit und ihre Umwelt eher schemenhaft bleibt, so als wolle es der Autor oder die Autorin vermeiden, auch noch dafür recherchieren zu müssen. Wirklich sympathisch werden die beiden Mädchen durch ihr Verhalten aber nicht, dafür sind ihre Charaktere zu sehr in Klischees gepresst worden.

Die Handlung ist solide konstruiert, überrascht durch gelegentliche Wendungen und die ungewöhnliche Sichtweise auf die Heldin, bleibt aber dennoch weitestgehend überschaubar und wird nicht allzu kompliziert. Die phantastischen Elemente sind nur eine Randerscheinung und gewinnen für Sarah eher eine Bedeutung als für Hanna.

Junge Leser, die diese Zeit der emotionalen Entfremdung und des Misstrauens gegenüber den Erwachsenen selbst noch gut genug kennen, werden sicherlich ihren Spaß an dem Buch haben, wer schon etwas älter ist, wird manches doch recht befremdlich und bedrohlich finden.

Formal fällt negativ ins Auge, dass zu wenige Absätze gemacht werden, so dass gerade Dialoge einfach viel zu schwer zu lesen sind und dadurch leicht untergehen.

„Das Erwachen der Kinder“, der erste Band von „Kinder der Kirschblüte“, ist unterhaltsam zu lesen, dürfte aber nur Leser wirklich fesseln können, die etwa im gleichen Alter wie die Helden sind und deren Verhalten noch besonders gut nachvollziehen können, denen es auch nichts ausmacht, das Verbrechen eher ein schockierendes Kavaliersdelikt zu sein scheinen, das zur Dramatik und Charakterbildung der Figuren beitragen soll.