Patricia Briggs: Zeit der Jäger – Mercy Thompson 4 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 25. März 2010 17:00
Patricia Briggs
Zeit der Jäger
Mercy Thompson 4
(Bone Crossed)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Vanessa Lamatsch
Titelillustration von Animagic
Heyne, 2010, Taschenbuch, , 400 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-453- 52580-1
Von Carsten Kuhr
Mercy Thompson ist schon eine patente Frau. Nicht nur, dass sie sich als Automechanikerin mit Spezialität für deutsche Fabrikate kompetent und preiswert um die rollenden Karossen ihrer Kunden kümmert, auch als Wer-Kojotin steht sie ihre Frau.
In den ersten drei Bänden der Reihe haben wir miterlebt, wie sie sich zunächst mit ihren Nachbarn, einem Werwolfrudel, angelegt, dann Hexer kaltgestellt und Feenwesen dupiert hat. Mittlerweile ist sie mit dem Alpha des Werwolfrudels verbandelt, wurde im letzten Roman vergewaltigt und hat sich mit den allmächtigen Vampiren angelegt. Kein Wunder, dass ihre Freunde sich um sie Sorgen machen.
Um den Nachstellungen der Vampire zu entgehen, kommt es geschickt, dass sich eine alte Freundin meldet. Deren stummer Sohn wird von einem Geist heimgesucht. Nachdem unsere Mercy eben nicht nur gut zuschlagen, sondern auch Geister sehen kann, bittet ihre Freundin sie um Hilfe. Kaum der Vampirherrscherin ihrer Heimatstadt Tri-City entkommen aber gerät sie vom Regen in die Traufe. Als Gast trifft sie im Anwesen ihrer Freundin auf den örtlichen Obervampir – und der ist immer an frischer Nahrung interessiert …
Wie keine ihrer mannigfaltigen Konkurrentinnen hat Patricia Briggs das Gestaltwandler-Subgenre mit ihren beiden Sagenkreisen belebt. Nicht etwa, dass sie emanzipierte Frauen, noch dazu mit glaubwürdigen Charakteren ausgestattet, ins Zentrum ihrer Plots stellt ist das Besondere, sondern, dass es ihr gelingt, die Rudelmentalität der Werwölfe treffend zu portraitieren. Ihre Protagonisten verhalten sich nicht einfach wie Menschen, die sich so mir nichts, dir nichts in große Hunde verwandeln können, sondern sie agieren gerade im Zusammenspiel der Gemeinschaft in sich überzeugend. Unter dem Alpha hierarchisch abgestuft, hat in diesem homogenen Miteinander jeder seinen Platz. Die strengen Gesetze, die das Zusammenleben regeln, tun ein Übriges, die Beschreibungen glaubwürdig und überzeugend zu machen.
Im vorliegenden Band setzt sie die Ausschmückung ihres übernatürlichen Kosmosses fort. Wir erfahren mehr über die Vampire und deren Lebensweise. Nun hat das Gebotene wenig mit den distinguierten Bluttrinkern einer Anne Rice zu tun, abgesehen von dem Namen, Briggs' Blutsauger sind gefährliche Bestien, denen nicht zu trauen ist – nie. Getrieben einzig vom Hunger nach Blut und aufgrund ihrer enormen Kräfte kaum irgendwelchen Konventionen oder Gesetzen unterworfen, herrscht der jeweilige Fürst oder die Fürstin absolut und unangefochten – theoretisch zumindest. Doch auch hier gibt es Neid und Missgunst, wird intrigiert und verraten.
Darüberhinaus ist insbesondere die psychische Belastung, die unsere Protagonisten angesichts ihrer Vergewaltigung heimsucht, sehr einfühlsam und überzeugend dargestellt. Ihre Panikattacken, der Rückzug in sich selbst, die Scham, aber auch die hilflose Wut und Verzweiflung, die Mercedes überkommen, machen sie uns als Person nur noch glaubwürdiger und wecken unser Mitleid mit ihr. Dass sie sich trotzdem nicht unterkriegen lässt, dass sie, wenn auch angeschlagen, nach vorne schaut, spricht nur für sie.
Insgesamt gesehen eine der besseren, überzeugenderen Urban-Fantasy-Sagen auf dem Markt mit spannenden Verwicklungen, intriganten Feinden und einer Hauptperson, die zwar verletzlich ist, sich aber von Rückschlägen nicht unterkriegen lässt – weiter so. Mercy.