Joe R. Lansdale: Drive-In (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 28. Oktober 2015 09:46
Joe R. Lansdale
Drive-In
(Drive In 1-3)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Dietmar Dath und Alexander Wagner
Heyne 2015, Paperback, 736 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-67672-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Das Autokino ist ein typisch US-amerikanisches Phänomen. Hier, unter freiem Himmel im Caddy von Daddy ein paar Movies anschauen, auf dem Schoß das Sweetheart, das gehört seit Generationen zum American Way of Life. Ein Burger nebst Softdrink darf natürlich nicht fehlen, und sobald es dunkel wird, kann es losgehen mit dem Vergnügen.
Jeden Freitag ist im „Orbit“, einem immerhin 4000 Fahrzeuge aufnehmenden Cinema, die berühmt-berüchtigte Friday-All-Night-Horroshow angesagt. Den ganzen Abend lang laufen Horrorstreifen und bieten der zumeist jugendlichen Kundschaft wohlige Grusel- und Angstschauer.
Als plötzlich ein blutroter Komet am Nachthimmel auftaucht, ist allerdings Schluss mit lustig. Das Autokino wird hermetisch von der Außenwelt abgeschnitten, jeder der den Platz verlässt, verschwindet einfach.
Während auf der Leinwand weiterhin die Filme flimmern, beginnt die zivilisatorische Tünche langsam zu bröckeln. Das Recht des Stärkeren, des Brutaleren, erhebt sein Haupt, es kommt zu Kämpfen, Morden und, wenn das Opfer nun schon einmal gerade hinüber ist, kann man ja auch gleich zum Mahl schreiten; die Burger und Hot Dogs sind schließlich aus.
Jack und seine Freunde sind wie jeden Freitag gekommen, um die billigen Horrorstreifen abzufeiern. Jetzt verwandelt sich ihre Realität in einen Alptraum, in dem sie an die Grenzen ihrer Freundschaft, ihres Menschseins getrieben werden. In der Fortsetzung gelingt es einer Gruppe aus dem Autokino zu entkommen - doch das Draußen ist beileibe nicht besser oder sicherer, als das Kino. Auf Wegen, die scheinbar oder real alle wieder zurückführen, begegnen sie gar furchtbaren Wesen, dem Grauen und…
Joe R. Lansdale ist mittlerweile ein gefeierter Bestseller-Autor. Seine Hap-und-Leonard-Romane, die momentan von Hollywood verfilmt werden, haben ihm internationalen Ruhm als Thriller- und Krimi-Autor eingebracht, seine phantastischen Romane lassen seinen Namen in den Ohren der Horror-Fans gut klingen.
Ich erinnere mich noch gut daran, als ich „Drive-In“ das erste Mal vor gut 25 Jahren gelesen habe. Damals dachte noch kein feutscher Verlag daran, den damals unbekannten Texaner zu veröffentlichen. Und was war das für ein Werk, das ich hier verschlang - es spielte, wie die allermeisten Bücher Lansdales, in dessen Heimat Texas, es nahm den typischen, fast schon persiflierten American Way of Life, nutzte diesen und stülpte ihm eine Mischung aus Pulp, Splatter und schwarzem Humor über. Das ist, ganz den Vorgaben der Hardcore-Edition folgend, nichts für empfindsame Gemüter, da geht es sehr realistisch, blutig und brutal zur Sache. So hat dies auch mit den mittlerweile so beliebten, weichgespülten Endzeit-Szenarien wenig zu tun, stattdessen erwarten den Leser typisch Lansdale-Figuren: Fundamentalisten der super-bornierten Art, religiöse Spinner, politische Hasardeure, ideologische Betonköpfe und Möchtegern-Herrscher der brutalen Art. Wie er dann das Wegbrechen der gesellschaftlichen Tünche beschreibt, das hat schon etwas. Erschreckend überzeugend beschreibt er die schnelle Verrohung der Sitten, wie schnell und mühelos Überzeugungen aufgegeben werden und das Faustrecht zum Tragen kommt.
Auch wenn der dritte Band, der die Frage thematisiert, inwieweit die Realität wirklich real oder vielleicht Einbildung einer Wesenheit ist, deutlich abfällt, haben die Werke nichts von ihrer Fähigkeit verloren, den Leser zu schocken, zu unterhalten, zum Nachdenken anzuregen und natürlich zu gruseln.