Paul Alfred Müller: Die tödlichen Träume (Buch)

Paul Alfred Müller
Die tödlichen Träume
Titelillustration von Johnny Bruck
Verlag Dieter von Reeken, 2015, Paperback, 162 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-945807-00-2

Von Carsten Kuhr

Wir kennen die Auswirkungen von übermäßigem Konsumgenuss. Zu viel Ablenkung, zu viel Leben aus der Konserve, führt dazu, dass wir den Bezug zur Realität verlieren, nur noch in ein künstliches Zweitleben abtauchen, gar nicht mehr selbst denken. Vor genau dieser Gefahr warnt Paul Alfred Müller in seinem bereits 1961 erstveröffentlichten Roman.

 

Ein findiger, weltfremder Schweizer Erfinder hat eine Traummaschine erdacht, mit deren Hilfe man im künstlich herbeigeführtem Traum in Phantasiewelten abtauchen kann. Talentierte Schreiber sorgen dafür, dass wir uns als Wallenstein, Hitler oder Nero fühlen, ihre Erfolge und Misserfolge täuschend real miterleben. Das ist weit besser als jedes Kino, birgt jedoch die Gefahr in sich, dass das Gehirn überreizt wird, dass der Bezug zum wahren Leben verlorengeht.

Der amerikanischen Milliardär Steve Corell und der Journalist Wobb kommen der gefährlichsten Erfindung der Menschheitsgeschichte in den Schweizer Alpen auf die Spur. Schon während der Überfahrt lernten sie das Geschwisterpaar Howard und Ellen Price kennen, die in das abgelegene Schloss des Erfinders reisen, um die Werbung für die bahnbrechende Neuerung zu übernehmen. Kurz darauf taumelt ihnen ein angeschossener Howard auf der Straße entgegen. Die Spur führt zur Erfindung, die, das ahnen Sie, nie in Serie gehen darf, sonst sind die Tage der Menschheit gezählt…


Müller recycelte gerne eigene wie fremde Ideen. Traummaschinen, das zeigt auch Heinz J. Galle in seinem informativen Nachwort auf, hat Müller schon bei „Sun Koh“ und „Jan Mayen“ genutzt, wobei auch das Vorbild in Robert Krafts „Atalanta“ (eine Neuauflage erscheint gegenwärtig im Verlag Dieter von Reeken) nicht vergessen werden sollte.

Aus dieser Grundidee schuf Müller dann einen ganz typischen PAM-Roman.

Wir haben das gewohnte Abenteuerpaar - Corell und Wobb, die in vier anderen Romanen Müllers im Zentrum standen -, dazu ein klein wenig Romantik, eine junge Damsel in Not, ein verrückter aber genialer Erfinder und ein skrupelloser Verbrecher, der sich der Novität bemächtigt.

Hier mischen sich Action-Szenen mit Kriminalroman-Elementen, einer utopischen Idee und jeder Menge Verwicklungen. So ist die Spannungskurve hoch, liest sich das Buch auch heute noch frisch und spannend.

Überrascht war ich von den durchaus kritischen Tönen, die der Autor anschlug. Wenn er in drastischen Bildern die Folgen des Realitätsverlusts aufzeigt, wenn er übermäßige Berieselung durch TV und Kino beklagt, äußert er sich durchaus überzeugend gesellschaftskritisch. So ist dies ein Roman, der eine ernste Aussage in einen spannenden Plot kleidet und dabei auch heute noch zu faszinieren weiß.