Spawn: Violator – Besuch aus der Hölle (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 25. Juli 2015 10:19
Alan Moore
Spawn: Violator – Besuch aus der Hölle
(Spawn 8: In Heaven, Violator 1-3: The World / The Flesh / The Devil, 1993/1994)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelillustration von Todd Mc Farlane & Greg Capullo
Zeichnungen von Todd McFarlane, Steve Oliff, Reuben Rude u.a.
Panini, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 116 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-95798-515-6
Von Irene Salzmann
Einer von Spawns ersten Feinden und betrügerischen Gelegenheitsverbündeten ist Violator, ein Monster aus der Hölle, das bei seinen Ausflügen in die irdische Welt die Gestalt eines dicken Clowns annimmt. Nachdem er seine Aufgabe, den jungen Spawn auf seine teuflische Mission vorzubereiten, vermasselt hatte, nahm Malebolgia Violator seine magischen Kräfte und verbannte ihn auf die Erde.
Was dort aus ihm wurde, interessiert nun seine vier Brüder. Vindicator, Vandalizer, Vaporizer und Vacilator; die Phlebiac-Brothers, sind der Ansicht, dass Violator dadurch, dass er zu einem Mensch degradiert und ausgestoßen wurde, Schande über sie gebracht habe. Rufschädigung können sie natürlich nicht auf sich sitzen lassen, sodass sie die Jagd auf ihn eröffnen. Sie sind jedoch nicht die einzigen, die vorhaben, ihn umzubringen. Die Mafia hat den Admonisher angeheuert, damit er zu Ende bringt, was sie selber nicht geschafft hat.
In seiner Not wendet sich Violator an Spawn und bittet ihn, Magie einzusetzen, um die seine wiederherzustellen. Im Gegenzug würde Violator gegen seine Brüder und die Mafia kämpfen, die Spawns Territorium aufmischen. Natürlich verspricht er auch, Spawn seine Magie zurückzugeben, sobald die Feinde vertrieben sind. Tatsächlich lässt sich Spawn auf den Handel ein, und nicht nur er, sondern auch einige andere erleben eine böse Überraschung…
Der dem Violator gewidmete „Spawn“-Sonderband beinhaltet vier Storys. Eine davon, „Spawn“ 8, ist auch in der „Spawn Origins Collection“ 1 (Panini, 2013) nachzulesen. Hier tritt erstmals einer der Phlebiac-Brüder in Erscheinung und erlaubt einen Einblick in die Struktur der Hölle sowie in das Denken und Handeln seiner Bewohner.
Die Episode stellt den Leser auf das Kommende ein: die „Violator“-Miniserie in drei Teilen. Im Wechsel aus der Sicht seiner vier Brüder und aus seiner eigenen erfährt man, was aus dem Titel-Anti-Helden wurde – und mehr: nämlich wer die Phlebiac-Brothers überhaupt sind, wie sie zueinander stehen und welchen Status sie glauben, in der Hölle einzunehmen.
Autor Alan Moore verleiht allen fünf allein durch ihre Ausdrucksweise und ihre Ziele Individualität, sodass man sie anhand der (damit es etwas einfacher ist: unterschiedlich gefärbten) Sprechblasen identifizieren kann, selbst wenn sie nicht persönlich in Erscheinung treten und praktisch aus dem Off ihre Ansichten preisgeben.
Darüberhinaus strotzen die Storys vor Anspielungen auf Superhelden- und andere Klischees. Dass es sich bei dem Admonisher, der auf alles ballert, was sich bewegt, um eine schwarzhumorige Parodie auf den Punisher handelt, dürfte jedem klar sein. Die angesichts von soviel Bösem ohnmächtig wirkenden ‚guten‘ Superhelden, hier verkörpert durch das von Rob Liefeld geschaffene Team Youngblood (es erlebte in Deutschland nur winzige Auftritte in diversen Image-Serien; die US-Reihen „Youngblood“ und „Youngblood Strikefile“, ferner etliche Spin-offs wurden hier nie publiziert), definieren den Helden-Schlag, der nicht bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen; anders als Anti-Held Spawn, der auf schmerzliche Weise wieder einmal erfahren muss, dass man einem Höllenbewohner niemals vertrauen darf.
So manche Szene ist einen bösen Lacher wert, der jedoch buchstäblich im Hals steckenbleibt, da die Begebenheiten trotz der Übersteigerung und Überzeichnung einen realen Kern bergen (zum Beispiel die Kollateralschäden, die von staatlichen und anderen Organisationen bei ihren Aktionen hingenommen werden und die Hilflosigkeit der ‚Guten‘ angesichts des psychopathischen Terrors, den die Mafia, ein Söldner und fünf Monster entfalten). All das nimmt Alan Moore gekonnt auf die Schippe und überlässt es dem Leser, mit welchem der splattrigen Protagonisten er am ehesten sympathisieren will; und das zu entscheiden ist nicht leicht, denn sie wechseln immer wieder die Rollen vom Opfer zum Täter und zurück.
Unterstützt wird die packende Handlung durch die detailreichen, dynamischen Zeichnungen von Todd McFarlane („Amazing Spider-Man“, „Wolverine“, „Daredevil“), Greg Capullo („Quasar“, „X-Force“, „The Creech“) und Bart Sears („Legends of the Dark Knight“, „X-O Manowar“, „Turok“). Insbesondere Todd McFarlane und Greg Capullo prägten durch ihren Stil namhafte Comic-Reihen, allen voran Titel der Image Studios.
Aufgrund der zahlreichen Splatter-Szenen und des sehr morbiden Humors möchte man den Band einem erwachsenen Publikum empfehlen, das mit dem „Spawn“-Universum beziehungsweise vergleichbaren Serien vertraut ist und weiß, wie es die angeschnittenen Themen und Abbildungen zu interpretieren hat. Für reife Leser stellt „Violator – Besuch aus der Hölle“ eine spannende, böswitzige, intelligente Lektüre der Extraklasse dar, die weit über das hinausgeht, was man üblicherweise beim Kauf eines Superhelden-Comics (für Erwachsene) erwartet.