Lucky Luke 93: Meine Onkel, die Daltons (Comic)

Lucky Luke 93
Meine Onkel, die Daltons
Zeichnungen: Achdé
Text: Laurent Gerra & Jacques Pessis
Übersetzung: Klaus Jöken
Ehapa, 2015, Hardcover, 44 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-7704-3860-0 (auch als Album erhältlich, 5,95 EUR)

Von Frank Drehmel

Es gibt zwei Sorten von Daltons: die beinharten – Bob, Grat, Bill und Emmet –, sowie die scheinharten – Joe, William, Jack und Averell. Letztere wurden kürzlich von Lucky Luke einmal mehr der irdischen Justiz zugeführt und verbringen dementsprechend ihre Zeit in der Strafanstalt von Muffin Junktown mit Steineklopfen, Essen und Ausbruchspläne schmieden, als eines Tages ein Brief den geregelten Tagesablauf über den Haufen wirft.

Die Daltons sind Onkel!... und dazu auserkoren, ihren (neuen) Neffen – seines Zeichens Sohn von Emmet Dalton – während der Auslands-Abwesenheit seiner Mama (der Vater ist schon lange gen Sonnenuntergang entschwunden) zu betreuen, wobei der eher gutmütige Averell als Vormund vorgesehen ist.

Da man aber einerseits den Daltons guten Gewissens kein Kind anvertrauen kann – wegen der kriminellen Energie und so –, andererseits der Knast keine förderliche Umgebung für eine unschuldige Seele ist, obliegt es Lucky Luke, die ganze Bagage – Kind plus vier Gesetzlose – in einer neuen Freiheit zu beaufsichtigen. Als gleichermaßen entspannender wie großzügiger Aufenthaltsort soll die – vorsichtig ausgedrückt – pompöse Villa der wohlhabenden Mutter dienen. Doch schon auf der Reise dorthin stellt sich heraus, dass der Kleene nicht nur einen schwierigen Charakter hat, sondern auch das Dalton-Gen in sich trägt. Und so wird der Auftrag für Luke kein Zucker(stangen)schlecken, sondern artet in Arbeit aus, wobei ihm zupass kommt, dass Averell einen auf Essen beruhenden Draht zu dem Jungen hat. Dennoch erfordern Kind und Situation eine feste Hand, die keiner der Anwesenden bietet. Und so muss Ma Dalton zu Hilfe gerufen werden.

Nach zwei Alben voller qualitativ „inhomogener“ Kurzgeschichten geht die vorliegende Story mit einem Alben-Bonus ins Rennen, der sich aber bedauerlicherweise schnell verliert. Selbstredend zeigen sich Gerra und Pessis in der Lage, den einen oder anderen Kalauer in Szene zu setzen und haben den einen oder anderen Lacher auf ihrer Seite, aber unterm Strich wirkt die Story erstens wie aufgewärmter Eintopf, ohne frische Ideen – und tatsächlich kommen einem zahlreiche Situationen und sogar einzelne Panels „bekannt“ vor –, ohne Esprit, ohne das Prickeln der Morris/Goscinny-Zeiten, in denen beileibe auch nicht alles Gold war, was glänzte, zweitens erscheint die Story merkwürdig inkohärent und bemüht, wie eine Rahmenhandlung für die eher lauen Gags und drittens sind die Charaktere – angefangen beim Junior über die Daltons bis hin zu Lucky Luke und den Nebenfiguren – erschreckend eindimensional und blass, reduziert auf wenige und stereotype Eigenschaften und/oder willkürlichen Charakter-Wandlungen folgend. Dass die Kreativen zahlreiche bekannte Schauspieler in einer karikaturhaften Überzeichnung in die Geschichte einbauen – etwas, das bei Lucky Luke Tradition hat –, ist allein aufgrund der Masse der Cameo-Auftritte eher ein Ausdruck der Hilf- und Ideenlosigkeit, als dass es originell und frisch wirkt.

In Bezug auf das Artworks Achdés gibt es nicht viel zu beklagen, außer eventuell den Mangel an innovativem Content. Allerdings wäre grafische Innovation nicht nötig, wenn wenigstens die Geschichte den Leser mitrisse.

Fazit: Einige lustige Gags und die karikaturhaften Auftritte mehrerer „realer“ Kino-Mimen vermögen die laue Story mit ihren schwachen Figuren nicht zu retten. Der augenscheinliche Mangel an erzählerischem und künstlerischem Pioniergeist lässt für die Zukunft der Serie Böses schwanen.