Hilary Davidson: Im Namen der Schuld (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 28. Februar 2015 10:25
Hilary Davidson
Im Namen der Schuld
(The Damage Done, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Rebekka Rohleder
Lyx, 2015, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 404 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-8025-9660-9 (auch als eBook erhältlich)
Von Irene Salzmann
Die Reisejournalistin Lily Moore kehrt nach New York zurück, um ihre Schwester Claudia zu identifizieren, die tot in der Badewanne ihrer – eigentlich Lilys – Wohnung aufgefunden wurde. Allerdings handelt es sich bei der Leiche nicht um Claudia, sondern um eine Unbekannte von ähnlichem Aussehen, die sich offenbar seit gut einem Vierteljahr als Claudia ausgegeben hat und erstaunlich gut Bescheid über deren Leben weiß.
Zumindest darf Lily nun hoffen, dass Claudia, die genauso lang spurlos verschwunden ist, noch lebt. Allerdings haben ihre altenFreunde aus der Junkie-Szene schon länger nichts mehr von ihr gehört. Da auch die Polizei im Dunkeln tappt und schließlich sogar von dem Fall abgezogen wird, kann Lily nur auf die Detektive bauen, die ihr Ex-Verlobter Martin Sklar und Tariq Lawrence, der Claudia trotz der Trennung vor einem Jahr immer noch liebt, unabhängig voneinander engagiert haben.
Allerdings beschattet Martins Ermittler ausgerechnet Lily, und als sie das herausfindet, wachsen ihre Zweifel an seiner Aufrichtigkeit noch mehr. Hatten er und Claudia gar eine Affäre? Doch auch Tariqs Hilfe ist ein Messer mit zwei Schneiden, denn er kennt keinerlei Skrupel, wenn er die Menschen beschützen will, die ihm etwas bedeuten. Lily kommt der Wahrheit langsam näher, wodurch sie selbst in Gefahr gerät.
„Im Namen der Schuld“ ist – für einen Lyx-Titel ungewöhnlich! – kein Romantic Thrill, sondern tatsächlich ein spannender Krimi. Hauptfigur Lily Moore sucht ihre verschollene Schwester Claudia, die womöglich ihr Leben mit dem einer anderen, die nun tot ist, getauscht hat. Aber wer würde den Platz einer Heroin-Süchtigen einnehmen wollen, die zum wiederholten Male nach einem Entzug rückfällig wurde und nur dank Lilys Großzügigkeit ein Dach über dem Kopf hat?
Ziemlich schnell erfährt man mehr über die Familie Moore, sodass Claudias Abrutschen nicht weiter verwundert, man hingegen mit Lily sympathisiert, weil sie nicht dem Sog nach unten erlegen ist, sondern sich eine solide Existenz aufgebaut hat. In Jesse hat sie einen guten schwulen Freund, auf den sie sich sogar bei der gefährlicher werdenden Recherche verlassen kann. Ihr Ex Martin, ein vermögender Lebemann, der sie zurückgewinnen möchte, ist nicht annähernd so hilfreich und einnehmend und zeigt immer mehr, dass er eine Macke hat. Tariq bleibt mysteriös und im Hintergrund; mehr Einmischung von seiner Seite hätte die Handlung gewiss zu sehr beschleunigt.
Die übrigen Charaktere erfüllen ihre Rollen, indem sie zu den Rätseln weitere hinzufügen oder neue Wege aufzeigen. Mit dem Polizisten Bruxton wird ein zunächst unsympathischer Helfer hinzugefügt, der mit der Zeit neue Qualitäten entwickelt. Früh ahnt man, dass er der neue love interestwerden könnte, doch die Autorin bleibt beim Thema und verzichtet darauf, ihren Krimi durch eine überbordende Romanze zu verwässern. Stück für Stück wird das Puzzle zusammengesetzt und die ganze Wahrheit erst auf den letzten Seiten enthüllt.
Etwas nervig ist, dass Lily sich fortwährend Vorwürfe macht, weil sie sich zu wenig um Claudia gekümmert hat (Titel: „Im Namen der Schuld“), allerdings wird dem kaum ein Leser zustimmen wollen – ihre Freunde auch nicht –, da Lily sehr viel für ihre Schwester über Jahre hinweg getan hat, dabei immer wieder ihre persönlichen Belange zurückgestellt hat, obwohl es ihr nie gedankt wurde und Claudia es auch nie schaffte, ihr Leben in den Griff zu bekommen.
Hilary Davidsons unterhaltsamer Stil und das Verwirrspiel um Claudia sorgen für kurzweilige Unterhaltung. Sehr schön, dass Lyx auch ein paar ‚richtige‘ Krimis im Programm hat.