Helmut K. Schmidt:: Der Mann aus dem All und andere utopisch-phantastische Erzählungen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 25. Februar 2015 09:37
Helmut K. Schmidt
Der Mann aus dem All und andere utopisch-phantastische Erzählungen
Titelillustration von H. J. Bruck
Verlag Dieter von Reeken, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 345 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-940679-92-5
Von Carsten Kuhr
Nachdem man im Verlag Dieter von Reeken, auch dank der unermüdlichen Arbeit des Nachlassverwalters von Paul Alfred Müllers, Heinz Galle, die Werke PAMs im Neusatz aufgelegt und aus der Versenkung wieder ans Tageslicht gebracht hat, wendet man sich vorliegend einem Weggefährten Müllers zu. Gemeinsam haben sie, Müller als „Lehrmeister“, Schmidt zu Beginn als „Lehrling“, an Serien wie „Rah Norton“ und „Kim Roy“ gearbeitet, bevor sich ihre Wege trennten. In diesem Band haben die Herausgeber nicht weniger als sieben Romane und Novellen Schmidts gesammelt, die ursprünglich in einem Zeitraum von 1953 bis 1958 erstveröffentlicht wurden. Nicht alle Beiträge sind in die utopisch-phantastische Nische einzuordnen, zumeist mischen sich phantastische Erfindungen und Kriminal-Plots.
So geht es gleich zu Beginn in „Der kupferne Mond“ um einen charismatischen Millionär, der eines Verbrechens beschuldigt wird, das er nicht begangen hat. Es geht um Energiegewinnung aus dem Licht des Mondes, saubere, unerschöpfliche Energie, nur dass die Erfindung leider nicht ausgereift ist. Als der Erfinder und dessen geltungssüchtige Schwester in finanzielle Schwierigkeiten kommen, sinkt die Hemmschwelle – im Gefängnis, in dem der Unschuldige dann einsitzt geht ein Geist um.
Schon die Konstellation erinnert frappierend an die Vorbilder „Sun Koh“ beziehungsweise „Jan Mayen“. Die Hauptfigur wird von zwei Begleitern unterstützt, das markante Figurenkabinett (Held, jugendlich, vorlauter Helfer und der abgeklärte Butler) ist bekannt, so dass es nicht wundert, dass der Roman teilweise für „Rah Norton“ vorgesehen war.
Im zweiten Roman, „Der Mann aus dem All“, strandet ein humanoider Weltraumfahrer auf der Erde, nachdem seine fliegende Untertasse mit einem Satellit kollidierte. Gemeinsam mit einem Agenten von Interpol kommt er in der Folgezeit einem Verbrecher auf die Spur, der nicht nur die fähigsten Wissenschaftler der Welt ins seinen Dienst gepresst hat, sondern sich auch zum Herrscher über Brasilien aufschwingen will.
„Der Atomtod im Cadillac“ erzählt in Novellenlänge von einem gestohlenen Auto, das mit Atomkraft betrieben wird. Dumm nur, dass das Antriebselement nicht stabil ist und in Kürze in die Luft fliegen wird.
„Rückkehr gestern“ beschäftigt sich mit der überlichtschnellen Reise durchs All – die dazu führt, dass der Weltuntergang durch das Atomfeuer vielleicht doch noch aufgehalten werden kann.
„Ich war im Mond“ berichtet uns vom ersten Mondflug der nicht nur beweist, dass Luna hohl, sondern auch bevölkert ist.
In „Spur durch vier Dimensionen“ kommt eine Privatdetektivin Verbrechern aus der Zukunft auf die Spur – Reisen durch Raum und Zeit schließen sich an.
Den Band schließt dann mit „Sternengeschenk im Eis“ ab – einem Kurzroman, in dem vier Abenteurer im ewigen Eis ein dort gestrandetes UFO finden und in Betrieb nehmen. Eigentlich wollen sie zusammen mit einem exzentrischen Millionär in Richtung Mars starten, doch das UFO befördert sie stattdessen zur Venus. Hier stoßen sie nicht nur auf Riesenschlangen und Roboter, sondern auch auf Bauten und Überreste einer untergegangenen Hochkultur.
Natürlich sind alle Geschichten nostalgisch angehaucht, entsprechen weder vom Inhalt noch von den Figuren her dem heute Gewohnten. Aber gerade dies, die etwas antiquiert, ja behäbig wirkenden Gestalten, die eindeutige Zuordnung der Auftretenden und das Rollenverhalten das uns erwartet, wirken anheimelnd ja fast ein wenig nostalgisch. Immer geht es um Einzelschicksale, um Entdecker und Wissenschaftler, die um ihrer Früchte Arbeit geprellt werden sollen.
Und anders als sein Mentor scheut sich Schmidt nicht davor, seine Helden in den Weltraum hinauszusenden. Über Raum und Zeit lässt er diese ihre Abenteuer erleben, ohne sich groß um physikalische Gesetze oder die Logik zu kümmern. Da bereisen unsere Protagonisten fremde, lebensfeindliche Sonnensysteme, stoßen auf fremde Intelligenzen und nehmen diese Begegnungen dann erstaunlich locker. Es geht mehr um die Spannung, um die Jagd nach den Bösewichtern als darum dem Leser die Wunder des Alls wissenschaftlich fundiert näher zu bringen.
Dabei merkt man den Texten an, dass bei all dem Elan, den der Autor an den Tag legt, Schmidt kein PAM ist. Während Müller mit einigen wenigen Sätzen Nähe und Sympathie schafft, den Leser unglaublich schnell und mühelos in seinen Bann zieht, baut Schmidt seine Handlung behäbiger auf. Dass er sich dabei bewährter Stereotype bedient ist nachvollziehbar, nimmt den Texten durch ihre Uniformität aber so manches Mal ein wenig den Reiz.
Zwar lesen sich die Romane auch heute noch flüssig und kurzweilig, doch ragen sie kaum aus der Masse der damaligen Veröffentlichungen heraus. So ist dies, anders als die Neuauflage der Müller’schen Werke, keine sensationelle Wiederentdeckung eines Autors, der auch heute noch zu begeistern weiß sondern „nur“ die Neuauflage einiger typischer Romane aus der guten alten Zeit – auch nicht schlecht, oder?