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Silke Heimes: Who‘s to Blame (Buch)

Silke Heimes
Who‘s to Blame
Ueberreuter, 2024, Hardcover 256 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Silke Heimes vereint Wissen aus ihrem Studium der Medizin und Germanistik in ihrem Roman, denn sie hat lange als Ärztin in der Psychiatrie gearbeitet, bevor sie eine Professur für Journalismus antrat. Mit „Who‘s to Blame“ greift sie einige wichtige Themen für ältere Jugendliche in einem spannenden Thriller auf.


Es ist die letzte Deutsch-LK-Stunde vor den Ferien. Sam und Liam denken wie die anderen, dass sie eine ruhige Kugel schieben können, aber ihr Lehrer Moritz Brandl überrascht sie unangenehm, verriegelt er doch die Tür und richtet eine geladene Waffe gegen die Anwesenden.

Während draußen Polizei und SEK nach einem Weg suchen, um den Amoklauf des Lehrers ohne Gewalt zu beenden, fordert Brandl seine Schüler*innen zu einem Spiel um Leben und Tod auf, lässt nach jeder Runde einen von ihnen gehen. Doch was steckt wirklich hinter seinem Verhalten?


Leider gehören Amokläufe an Schulen heute fast schon zur Normalität an Schulen, auch wenn diese in der Realität eher mit direkter Gewalt einhergehen, so überlegte Geiselnahmen wie in diesem Fall sind eher selten.

Die Geschichte verläuft trotz der Bedrohung dann doch eher ruhig, denn der Lehrer, der ganz offensichtlich seine Gründe hat, genau diesen Kurs unter Druck zu setzen, zwingt jeden Anwesenden dazu, sein wahres Gesicht zu zeigen und Geheimnisse zu verraten, die sie mit sich herumschleppen.

Nach und nach enthüllt er aber auch, was ihn selbst zu diesem Handeln getrieben hat. Seine Unberechenbarkeit sorgt ebenfalls dafür, dass man keine Entscheidung des Lehrers wirklich vorhersehen kann.

Zudem wagt sich die Autorin mutig vor, was gendergerechte Sprache angeht. Sie nutzt die entsprechenden Worte aber immer im Kontext und dann, wenn es Sinn ergibt, so dass sich der Einsatz richtig und sinnvoll anfühlt, man als Leser vielleicht erst einmal darüber stolpert, aber auch daraus lernt. Denn immerhin ist einer der Charaktere nonbinär und das wird ebenso wie anderes als ganz normal angesehen.

Die Geschichte mag auf den ersten Blick vielleicht überspitzt wirken, ist aber nahe an der Realität. Die Figuren spiegeln alle Facetten der Schülerschaft wider, die man sich in einem solchen Leistungskurs vorstellen kann und bietet den Lesenden einige sympathische Identifikationsfiguren, die gerade Jüngere umso mehr mitfiebern lassen.

Auch das Verhalten der Polizisten ist nachvollziehbar und glaubwürdig, man merkt, dass die Autorin in dieser Hinsicht ebenfalls gut recherchiert hat, um so nahe wie möglich an der Wirklichkeit zu bleiben. Dadurch erzeugt sie eine beklemmende Atmosphäre, gibt aber auch Hoffnung, denn genau in dieser Situation wachsen die grundverschiedenen Charaktere über sich hinaus, vor allem diejenigen, auf denen der Fokus liegt.

„Who‘s to Blame“ bietet neben einer spannenden Thriller-Handlung auch ein paar glaubwürdig eingebaute Botschaften, die vor allem Leser*innen ab fünfzehn oder sechzehn Jahren verstehen und zu schätzen werden wissen. Denn das Drama, das dort beschrieben wird, ist in allen Belangen nahe an der Wirklichkeit.