Interviews

Im Gespräch mit: Jens Lossau & Jens Schumacher

Fantasy und Detektivroman – verträgt sich das? Die Beispiele sind rar gesät, umso bemerkenswerter, wenn sich zwei Autoren zusammenfinden und den Start einer entsprechenden Reihe ins Auge fassen. Bislang haben sich Jens Lossau und Jens Schumacher sich eher als Jugendbuchautoren und als Verfasser von Krimis mit phantastischem Einschlag einen Namen gemacht. Kürzlich erschien von ihnen bei Lyx mit „Der Elbenschlächter“ der Auftaktband der Abenteuer eines gar merkwürdigen Ermittler-Duos in der etwas anderen Nachfolge des Sherlock Holmes. Grund genug für Carsten Kuhr, die beiden auf den Verhörstuhl zu bitten.

Könntest Ihr uns zu Beginn ein wenig von euch erzählen? Was macht ihr beruflich, wie bereitet man sich auf eine Karriere als Bestseller-Autor am besten vor? Wie kamst Ihr zum Schreiben?

Jens Lossau: Vor vielen Dekaden war ich mal Buchhändler und Erwachsenenpädagoge, aber geschrieben habe ich schon immer. Seit 15 Jahren veröffentlichen Jens Schumacher und ich gemeinsam und getrennt. Sag mal, Schumacher, hast DU eigentlich was Anständiges gelernt?

Jens Schumacher: Nö. Nachdem ich bereits in der Grundschule Geschichten erfunden habe – zunächst Hörspiele, später interaktive Questbooks, Sketche, etc. –, verdiente ich mir während des Studiums mit Übersetzungen und Lektoraten mein Geld. Dann erschienen meine ersten Bücher, und ich merkte, dass ich eigentlich nichts anderes machen wollte ... glücklicherweise konnte ich schon wenige Jahre später von den Erlösen meiner Bücher leben.

Wie verbringt ihr eure Zeit, wenn ihr einmal nicht vor der Tastatur sitzt – bleibt Zeit für Hobbies?

Jens Lossau: Natürlich. Ein Autor – ich glaube, es war Ray Bradbury – hat mal gesagt, man kann nicht über das Leben schreiben, wenn man es nicht lebt. Wir gehören zu der aussterbenden Sorte von Autoren, die noch viel lesen. Außerdem schauen wir gerne Filme und pflegen regelmäßig Sozialkontakte mit Leuten außerhalb der Branche.

Jens Schumacher: Wohl gesprochen! Auch wenn ich dich sonst nur zu gern verbessere – ich kann nichts hinzufügen.

Das bringt mich zu der Frage, welche Autoren ihr bewundert, wer euch inspiriert hat?

Jens Lossau: Ich lese alles, was mir in die Finger kommt. Es gibt so viel zu lesen, so viele gute Bücher. Einige wiederhole ich alle paar Jahre, zum Beispiel „Die Borribles“ von Michael DeLarrabeiti – das anarchistischste und liebenswürdigste Buch überhaupt – oder die Reiseerzählungen von Michael Crichton – ein höchst weises und abenteuerliches Buch.

Jens Schumacher: Geht es mir ähnlich. Ich habe mich bei der Auswahl meiner Lektüre nie auf bestimmte Genres beschränkt, wenngleich ich für die Phantastische Literatur immer ein besonderes Faible hatte. Wer mich auf diesem Sektor in den letzten Jahren am meisten beeindruckt hat, sind Walter Moers und Albert Sánchez Piñol, ein literarischer Grenzgänger aus Spanien, der auf bezaubernde Weise krudeste Lovecraft-Topoi mit literarischem Stil, Witz und Liebesgeschichten zu mischen versteht.

Welche Bücher harren gerade darauf, dass ihr euch für sie Zeit nehmt?

Jens Lossau: Ich habe gerade zwei Autoren entdeckt, die bisher irgendwie komplett an mir vorbeigegangen sind: zum einen der große Cormac McCarthy, der mit „Die Straße“ das größte Stück Literatur der letzten Jahre abgeliefert hat, sowie Bill Bryers mit seinen spannenden Reiseerzählungen.

Jens Schumacher: Auf meinem Nachttisch stapeln sich derzeit (mal wieder) eher ältere Sachen – einige Titel von Heinlein, etwas Derleth, etwas Asimov. Für den Sommer-Urlaub spare ich mir derzeit unter anderem den jüngsten Titel von Lincoln Child auf, nachdem ich seine letzte Kollaboration mit Douglas Preston leider viel zu schnell weggelesen habe ... und tragischerweise war sie nicht mal sonderlich gut!

Ihr habt beide schon getrennt veröffentlicht, aber auch schon zusammengearbeitet. Muss man sich da nicht sehr gut kennen, wenn man zusammen einen Roman schreibt?

Jens Lossau: Das Erfolgsrezept ist im Grunde ganz simpel: Du solltest deinen Co-Autor seit mindestens dreißig Jahren kennen, beide müssen in ihrer Jugend viehisch viel gelesen und sich schon seit Teenagertagen gemeinsam Geschichten ausgedacht haben. Wenn ihr dann noch ungefähr fünfzehn Jahre gemeinsamer Publikationsgeschichte auf dem Buckel habt, ist es ein Kinderspiel, im Halbjahrestakt Romane miteinander zu schreiben.

Jens Schumacher: Ich glaube, die Art, wie wir zusammenarbeiten, lässt sich tatsächlich nur vor dem Hintergrund einer langen Freundschaft, ähnlich gelagerter Interessen (nicht nur literarischer Art) sowie eines über weite Strecken ähnlich gearteten kulturellen Rezeptionshorizonts realisieren. Dann allerdings macht es höllisch viel Spaß – und ist etwas, was einem andere nicht so ohne weiteres nachmachen können! (lacht)

Eure Kollaborationen sind vornehmlich Krimis mit einem leicht phantastischen Einschlag. Ist das etwas, was euch beiden liegt?

Jens Lossau: Wichtig ist der phantastische Einschlag. Es ist seltsam, dass das in Deutschland irgendwie immer noch verpönt ist – sobald übernatürliche Facetten zu einem Mainstream-Genre addiert werden, schaut sich die so genannte anspruchsvolle Kritikerzunft das Resultat nicht mehr an. Aber um die Frage zu beantworten: Ja, das liegt uns.

Jens Schumacher: Wie haben begonnen, Krimis zu schreiben, als wir festgestellt haben, dass viele literarische Mechanismen in sämtlichen Facetten der Spannungsliteratur ähnlich funktionieren, also in der Horror-Erzählung ebenso wie im Krimi. Damit wir uns dabei nicht zu Tode langweilen – dem typischen Krimi, in dem es um einen simplen Mord und einen ständig kochenden, italophilen Pathologen geht, können wir beide überhaupt nichts abgewinnen –, haben wir ein paar Backförmchen aus unserem ursprünglichen Sandkasten mit auf einen neuen Spielplatz genommen.

Wie kam es damals zu dem Kontakt mit Societäts-Verlag, in dem ja die meisten eurer Krimis erschienen sind?

Jens Schumacher: Der Programmleiter des Societäts-Verlags hatte mehrere Jahre lang an der Mainzer Uni als Dozent am Institut für Komparatistik gearbeitet, und ich hatte nahezu meines gesamtes Grundstudium bei ihm absolviert. Ein paar Jahre später trafen wir uns zufällig in einer Drogerie wieder, wo wir beide vergeblich nach unserem Lieblingsdeodorant suchten. Er erzählte, dass er Thriller mit regionalem Einschlag verlegte, ich berichtete von unseren Versuchen, welche zu schreiben; es folgte das übliche Besäufnis, dann war unser erster Krimi, „Der Schädeltypograph“, unter Dach und Fach.

Nun muss man als Autor, so man denn seine Ideen auch an den Mann, sprich Verlag bringen will immer zunächst ein Exposé entwerfen, aufgrund dessen der Verlag dann prüft, ob Interesse besteht. Wie ist dies bei euch so – wer fertigt das Exposé, wie kommt es zum Brainstorming? Wie läuft die Zusammenarbeit praktisch ab?

Jens Schumacher: Der Ablauf ist bei unseren Kollaborationen im Grunde immer gleich. Auf eine Grundidee, die gemeinsam geboren wird – sei es am Telefon oder auf ausgedehnten nächtlichen Spaziergängen – folgen Brainstorming-Sessions sowie ein erstes, kurzes Exposé, auf Basis dessen das Projekt angeboten wird. Ist das Buch verkauft, erstellen wir ein extrem ausführliches Verlaufsexposé, das es uns ermöglicht, das Buch zu gleichen Teilen getrennt auszuarbeiten. Nach der Fertigstellung des Rohtextes folgen mehrere inhaltliche und stilistische Korrekturrunden, und schließlich liegt ein fertiges, in einheitlichem Stil verfasstes Buch auf dem Tisch.

Heißt dies bei zwei Autoren auch doppelter kreativer Input, und wer entscheidet letztlich, welche Ideen umgesetzt werden? gibt es da auch einmal ein Hauen und Stechen?

Jens Lossau: Klar: Zwei Bekloppte bedeuten immer auch die doppelte Quantität bescheuerter Ideen! (lacht) Da wir uns so lange kennen und seit der ersten Schulklasse befreundet sind, gibt es bei uns so gut wie keine Unstimmigkeiten. Und selbst wenn mal einer das Gefühl hätte, sich in einem Lossau/Schumacher-Projekt nicht zu 100% verwirklicht zu haben, hat jeder ja noch Solo-Bücher, in denen er tun und lassen kann, was er will. Wir arbeiten seit Jahren auf professioneller Ebene zusammen – entweder, das klappt reibungslos, oder man muss es eben bleiben lassen. Dazwischen gibt es nichts.

Jens Schumacher kommt ja laut eigenen Angaben ursprünglich vom Grusel. So sind auch immer entsprechende Ideen in den Krimis verpackt. Wie ist dies bei dem anderen Jens? Lieber mehr gruselige Szenen als weniger, oder umgekehrt?

Jens Lossau: Nein, wir kommen beide vom Grusel. Schon in jungen Jahren hatten wir es beide mit Gespenstern und Horror-Filmen. Wir waren wohl von Jugend an nicht ganz dicht. (lacht) Im Grunde hat sich daran bis in die Gegenwart nichts geändert. Auch heute gibt es kaum einen neuen Horror-Film, den ich auslasse. Das Bedenkliche daran ist, dass mir die meisten sogar gefallen! (lacht wieder) Besonders das Unheimliche liegt mir. In meinen Soloprojekten – demnächst erscheint ein Roman mit dem Titel „Dunkle Nordsee“ im Blitz-Verlag – geht es stets makaber zur Sache. Und unheimlich! Zumindest hoffe ich, dass das Buch den Leuten Angst machen wird. Es sind wirklich ein paar schreckliche Szenen enthalten ...

Jens Schumacher: „Schrecklich“ in welcher Hinsicht? (lacht)

Wisst ihr im Nachhinein noch, welche Szene aus wessen Feder stammt?

Jens Lossau: Nein.

Jens Schumacher: Dazu sind die unterschiedlichen Textteile mittlerweile zu wild gesplittet, es gibt zu viele Korrekturrunden mit zum Teil recht einschneidenden Eingriffen, dazu Ideen von einem, die der andere in einem seiner Kapitel aufgreift und ausbaut ...

Jens Lossau: ... außerdem wird während des gesamten Schaffensprozesses die Zufuhr alkoholischer Getränke niemals unterbrochen! All das bewirkt, dass am Ende jeder der unumstößlichen Ansicht ist, ER hätte sämtliche guten Passagen des Buches geschrieben, während der andere für die ganzen schwachen verantwortlich war.

Jens Schumacher: Aber ich HABE alle guten Passagen im „Elbenschlächter“ geschrieben!

Hat sich für euch, jeweils in der Art und Weise wie ihr arbeitet aber auch in der Befriedigung, die ihr aus eurer Schriftstellertätigkeit zieht, etwas geändert, seitdem ihr nicht mehr nur aus kreativem Drang Geschichten verfasst, sondern auch von eurer Arbeit leben müsst? Anders gefragt, ist man nicht manches Mal einfach platt und alle, will einem nichts mehr einfallen, wenn man schreiben muss, weil die Rechnungen eine bedrohliche Höhe annehmen?

Jens Schumacher: Dass einem beim Ausarbeiten eines Textes nichts mehr einfällt, kommt grundsätzlich nicht vor, da Bücher, wie du schon korrekt bemerkt hast, auf Basis recht ausführlicher Exposés verkauft werden; d.h. es ist vor Beginn des Schreibprozesses klar, wohin der Hase läuft und wie das Buch ausgehen wird. Natürlich gibt es Tage, wo einem action-, dialog- oder geistreiche Szenen besser von der Hand gehen als an anderen.

Jens Lossau: Der kreative Drang ist bei alldem nach wie vor vorhanden – wenn wir keine Lust mehr hätten, Tag und Nacht an unseren Hirngespinsten zu laborieren und andere an unseren absonderlichen Ergüssen teilhaben zu lassen, würden wir einer anderen Art des Gelderwerbs nachgehen. Es gibt so viele Dinge, die man mit seinem Leben anstellen kann ...

Ihr geht ja auch gemeinsam auf Lesetour. Eure Lesungen sind für ihre Lebendigkeit bekannt. Wie kamt ihr darauf, das eigentlich sonst leider oftmals trockenem Vorlesen eines Textes, zu einer ganz besonderen Art des Vortrages mit musikalischen Unterbrechungen zu machen?

Jens Lossau: Da wir zu zweit sind, sind Live-Veranstaltungen für uns in erster Linie ein Spaß. Uns war schon früh klar, dass normale Lesungen schnell langweilig werden können, da auch Zuhören anstrengend ist. Deswegen tragen wir auf gemeinsamen Lesungen dialogisch vor, mit verteilten Rollen.

Jens Schumacher: Wir erstellen für diese Anlässe neue Textversionen, die der auditiven Rezeption stärker entgegenkommen als die häufig eher langatmigen, weil deskriptiven Buchtexte. So der technische Rahmen es zulässt, bringen wir auch mal eigens komponierte Musik und Geräuschsamples mit, so dass eine Art Live-Hörspiel entsteht, bei dem hoffentlich niemand mehr einschläft. (lacht)

Auf der Buchmesse 2009 habe ich das erste Mal von eurem neuesten Projekt, einer Fantasy-Thriller-Reihe um zwei Ermittler erfahren. Wie kamt ihr hier auf die Idee? Entsprechende Vorbilder gibt es ja kaum. Vor Jahren erschien bei Bastei-Lübbe die Lord-Darcy-Reihe von Randall Garrett und Michael Kurland, dann gab es bei Blanvalet Glen Cooks „Karenta“-Zyklus und Michael Scotts leider in der deutschen Ausgabe nicht fortgesetzte Romane um Thraxas sowie die von der Anlage her unterschiedlich aufgebauten Max-Frei-Bände, das war’s im Wesentlichen aber schon.

Jens Lossau: Wir wollten zwei Genres zu etwas verbinden, das es in dieser Form noch nicht gab. Da wir beide auf dem Gebiet des Phantastischen unsere Wurzeln haben und zusammen mehrere Krimis beziehungsweise Thriller geschrieben hatten, fanden wir es spannend, mit einem Crossover etwas frischen Wind in das zuweilen schrecklich konservative Fantasy-Genre zu blasen.

Jens Schumacher: Von den aufgezählten Titeln kommen vielleicht die Romane und Kurzgeschichten Randall Garretts dem nahe, was wir jetzt bei Lyx machen, dies aber nur sehr rudimentär, in Bezug auf den Institutionscharakter der ermittelnden Figuren. Von den restlichen Titeln kenne ich nur die Bücher des russischen Autorenkollektivs Max Frei, die aber schon allein vom handwerklichen Aspekt her nicht dazu einladen, sie mit unseren Sachen zu vergleichen.

Wie kam die Serie dann zu Lyx?

Jens Schumacher: Mit Volker Busch ist bei Lyx ein langjähriger Kenner der internationalen Fantasy-Szene als Programmleiter tätig. Als wir ihm unser Reihenkonzept um eine in einer klassischen Sword & Sorcery-Welt agierende kriminologische Ermittlungsbehörde vorlegten, erkannte er das Potential dieser Idee sehr rasch. Wir trafen uns ein, zwei Mal, um über das Thema zu diskutieren, dann waren die ersten beiden Romane verkauft.

Euer Handlungsort Nophelet erinnert mich in seiner Ausgestaltung ein wenig an eine Steampunk-Version des viktorianischen Londons. Stimmt das, oder wie seht ihr dies?

Jens Schumacher: Treffend erkannt, das war unser Ansatz. Wir schätzen beide das Flair klassischer Jack-the-Ripper-Verfilmungen, das zudem in der straighten Sword & Sorcery bisher eher selten bemüht wurde. Folglich orientierten wir uns für den ersten Band der Reihe daran. Aber keine Angst: Spätere Bände werden an anderen Orten Sdooms und Lorgonias spielen, wir werden uns nicht am urbanen Aspekt festbeißen. Das würde uns zu schnell langweilig.

Mögt ihr Steampunk-Romane?

Jens Lossau: Sorry, ich fürchte, wir kennen keine.

Jens Schumacher: Ich muss ebenfalls passen. Klar ist mir die Definition des Begriffes bekannt, aber in seiner literarischen Ausprägung – will heißen: in Form von etwas seriöseren Sachen als Fan-Romanen zu irgendwelchen Rollenspiel-Systemen – bin ich mit diesem Genre bislang nicht in Berührung gekommen.

Wieviel von euch selbst steckt in den Figuren? Wer ist Jorge, wer Meister Hippold?

Jens Schumacher: Das ist recht unterschiedlich, da wir gegenseitig immer viel zu der Figur beitragen, die der andere mehrheitlich betreut. Jorge bietet uns beiden ein tolles Ventil, um dumme Sprüche zu entwickeln und an den denkbar unpassendsten Stellen anzubringen; durch Hippolit können wir ab und an unsere Arroganz und Misanthropie ausleben. Dass wir uns in unseren Figuren konkret abbilden würden, kann man dennoch nicht sagen. Das wäre auch eher arm, finde ich – das würde zwangsläufig bedeuten, dass man nur eine einzige Geschichte mit einer einzigen Figurenkonstellation zu erzählen hat.

Warum ein Buch über Serienmorde an Strichern? Ist das gewollt, das Loslösen von den braven Jugendromanen? Die beschriebene Orgienszene ist ja auch nicht eben ohne...

Jens Schumacher: Nein, wie alle Lossau/Schumacher-Romane ist auch „Der Elbenschlächter“ nicht mal im Ansatz für Jugendliche gedacht. Er ist keine All-Ages-Fantasy, aber der Verdacht drängt sich auch nicht wirklich auf, wenn man beim Blick auf meine Backlist zwischen den Solo-Sachen und unseren Kollaborationen unterscheidet.

Nun ist der erste Roman erschienen. Wie sind die bisherigen Reaktionen darauf?

Jens Lossau: Der Roman ist zum Zeitpunkt dieses Interviews gerade mal zwei Wochen draußen. Es ist daher zu früh, über Reaktionen zu sprechen.

Jens Schumacher: Was sich aber bei den ersten Kontakten mit Journalisten, unter anderem im Zuge diverser vor der Veröffentlichung geführten Interviews, jetzt schon abzeichnet, ist, dass viele Genre-Kenner dankbar zu sein scheinen, dass sich endlich mal jemand des drögen Themas auf eine frische, stellenweise respektlose Art und Weise annimmt. Es wirkt ein bisschen wie damals, als diese unselige Political-Correctness-Bewegung in Deutschland eine dezidierte Gegenbewegung nach sich zog, die unter anderem im überbordenden Erfolg so kontroverser Band wie Rammstein gipfelte.

Jens Lossau: Du willst damit also sagen, wir seien die Rammsteins der deutschen Fantasy?

Jens Schumacher: Nein. Das heißt ... warum eigentlich nicht? (lacht)

Im ersten Band habt ihr eure Personen eingeführt. Insbesondere der nach wie vor mysteriöse Leiter des IAITs, ein Gestaltwandler, verspricht ja für die Zukunft noch so manche Offenbarung. Oder bleibt er mehr im Hintergrund? Und ihr habt Trolle und Elben thematisiert. Wird es im nächsten, für den Herbst angekündigten, Roman um andere Spezies gehen? Macht uns doch mal ein wenig den Mund wässrig – welches Verbrechen wird unser schlagkräftiges Duo dieses Mal aufklären müssen?

Jens Schumacher: Aus dem Heerlager einer Militärstreitmacht, die seit Wochen in der Ebene von Torr auf ihren Einsatz wartet, verschwinden Nacht für Nacht Soldaten, allesamt Orks. Die Vermissten werden Tage später tot in der Karstwüste rings um das Lager gefunden. Jemand – oder etwas – hat ihnen mit roher Gewalt die Herzen aus dem Leib gerissen! Da Leichen und Tatorte Rückstände von Magieanwendung aufweisen, schickt man umgehend nach den beiden erfahrensten Ermittlern des IAIT, Meister Hippolit und Jorge dem Troll. Die beiden folgen der Fährte des Täters bis in die Mauern von Torrlem, der berüchtigten Grabstadt. Hier, umgeben von Abertausenden von Leichen, stoßen sie auf ein grauenhaftes Geheimnis ...

Wann und wo schreibt ihr? Zu Hause, oder habt ihr ein ruhiges Plätzchen wo ihr euch ganz auf die Muse konzentrieren könnt?

Jens Lossau: Zu Hause. Als professioneller Autor braucht man einen Arbeitsplatz, an dem einen nichts ablenkt – auch kein Internet, dieser Fluch des neuen Jahrtausends, und dieser ganze Kram. Allerdings ist Schreiben, glaube ich, weniger ein überirdisches Geschenk der Inspiration als vielmehr das Ergebnis disziplinierten Arbeitens.

Jens Schumacher: Ich bin mittlerweile so viel unterwegs, dass es mir mehr oder weniger egal ist, wo ich mich zum Schreiben niederlasse und wie es um mich herum aussieht. Meine letzten fünf bis zehn Bücher habe ich zu großen Teilen in einer Küche, inmitten von Bergen ungespülten Geschirrs geschrieben. Lediglich ruhig sollte es sein. Wenn ich eins auf den Tod nicht ausstehen kann, dann von unachtsamen Menschen verursachten Lärm.

Wie lang dauert es von den ersten Notizen, bis ein Buch fertig ist?

Jens Schumacher: Das lässt sich so nicht beantworten, da zwischen Grundidee, verschiedenen Exposé-Stufen und dem Beginn der konkreten Schreibarbeit etliche Monate liegen können, in denen man an anderen Sachen arbeitet. Die erste Idee zum „Elbenschlächter“ dürfte jetzt ungefähr eineinhalb Jahre zurückliegen, das tatsächliche Schreiben hat etwa zwei Monate in Anspruch genommen. Bis ein Buch dann im Laden steht, vergehen allerdings meist noch einmal sechs bis zwölf Monate.

Ich habe gehört, dass sich die Handlung manchmal verselbständigt, dass der Autor von seinem Plot regelrecht mitgerissen wird. Wie sieht das bei euch aus?

Jens Schumacher: Das hasse ich echt – wenn Autoren behaupten, ihre Figuren hätten „während des Schreibens ein Eigenleben entwickelt“. Das sind in meinen Augen pseudo-romantisierende Sprüchlein, mit denen unser Berufsbild für den Laien möglichst schöngeistig eingefärbt werden soll. Ich meine, wir verkaufen unsere Bücher alle auf Basis von Exposés, in denen der Inhalt von A bis Z festgeschrieben ist. Auch wenn man sich bei der Ausarbeitung nicht immer sklavisch daran hält, wer allen Ernstes behauptet, seine Figuren hätten irgendwann „einfach gemacht, was sie wollten“, hat den Job des belletristischen Schreibens nicht verstanden. Basta.

Jens Lossau: Basta!

Vielen Dank, dass Ihr euch für uns Zeit genommen hast. Wir wünschen euch für die Zukunft alles Gute!


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