Fables 15: Hexen (Comic)

Bill Willingham
Hexen
Fables 15
(Fables 86-93, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von Joao Ruas
Zeichnungen von Mark Buckingham, Steve Leialoha, David Lapham, Jim Fern u.a.
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-86201-276-3

Von Irene Salzmann

Mister Dark hat damit begonnen, sein Reich auf den Ruinen von Fabletown zu errichten. Dafür verwandelt er Wesen aus den Märchenreichen und ‚Normalos‘ in Wiedergänger, die für ihn arbeiten.

Doch was wurde aus den magischen Büroräumen, die in den Gebäuden verankert waren? Sie verschwanden, bevor alles zusammenbrach – und mit ihnen der Bibliotheksaffe Bufkin, der Kopf von Frankenstein, der magische Spiegel und einige andere. Sie alle möchten diesen Ort, der zu ihrem Gefängnis wurde, verlassen und lieber noch die alten Zustände wiederherstellen. Allerdings müssen sie sich erst gegen zwei gefährliche Feinde und ihre Helfer erwehren: den Dschinn, den Sinbad zurückgelassen hat, und Baba Yaga, die sich befreien konnte und ihre Ritter zu sich rief. Auch sie suchen nach einem Weg in die Freiheit, um sich an allen zu rächen, die sie eingesperrt hatten.

Davon ahnen die Fables nichts, die sich auf die Farm haben retten können. Noch immer trauert Rose Red um Blue Boy und ist unfähig, sich um die Angelegenheiten der Farmbewohner und der Gäste zu kümmern. Einige sehen dadurch ihre Chance gekommen, die Führung zu übernehmen, allen voran Geppetto, der Mister Dark kennt und die Fables zu retten verspricht, wenn sie ihn als Anführer anerkennen. Auch bei den Zauberern bahnt sich ein Führungswechsel an, denn Frau Totenkinder will sich zurückziehen, woraufhin Ozma die vakante Position für sich beansprucht. Auch jene Fables, die dem Dachs Stinky, der einen religiösen Kult um den verstorbenen Blue Boy ins Leben gerufen hat, folgen, wollen bei den anstehenden Entscheidungen mitreden.

In Haven muss Flycatcher, der als der gute König Ambrose regiert, feststellen, wie schnell der Friede in seinem Reich in Gefahr geraten kann. Ein betrunkener Gnom frisst einen anderen Bewohner des Landes. Für diesen Mord soll er hingerichtet werden. Allerdings würde das eine Revolte der Gnome, die die Bevölkerungsmehrheit darstellen, zur Folge haben. Käme der Schuldige frei, gäbe es nichts mehr, was die Gnome davon abhielte, ihrer Natur zu folgen und ihre Nachbarn zu fressen. Wie lässt sich dieses Dilemma lösen?

Obwohl die Handlung an verschiedenen Schauplätzen spielt und nicht gleich Bezüge zwischen den einzelnen Geschehnissen ersichtlich sind, treibt der Autor die Storyline kontinuierlich voran. Gleichzeitig werden einige Fragen beantwortet: Was passierte mit Bufkin, Baba Yaga und den anderen, die mit den magischen Räumen verschwunden sind? Haben die Fables eine Chance, gegen die mächtigen Feinde, die mit ihnen eingesperrt sind? Kann irgendjemand die verschiedenen Gruppen auf der Farm zur Zusammenarbeit bewegen angesichts der Bedrohung, die Mister Dark darstellt? Was plant Frau Totenkinder, die nach einem Weg sucht, den unheimlichen Gegner zu besiegen? Ist nun auch der Friede in Haven in Gefahr?

Bill Willingham wirft dem Leser zahlreiche Puzzleteile vor, die nach und nach an die richtigen Stellen fallen und so das Gesamtbild ergeben. Man erfährt wesentliche Dinge, gleichwohl der Kampf gegen Mister Dark aufgeschoben wird – dafür sorgen andere, ebenfalls wichtige Auseinandersetzungen für Spannung. So mancher, der lange unterschätzt wurde, zeigt, wozu er fähig ist, wenn es die Not erfordert, und das bezieht sich nicht allein auf körperliche oder magische Kraft, sondern auch und vor allem auf den Verstand.

Man kann sich schwerlich entscheiden, welcher Schauplatz der interessanteste ist, denn alle haben ihren ganz eigenen Reiz und warten mit sehr individuell gestalteten Charakteren auf, die teils noch an ihre Vorlagen erinnern, sich jedoch weiterentwickelt und der modernen Welt der Menschen angepasst haben.

Mehrere Zeichner teilen sich die Arbeit, und erfreulicherweise wirken die einzelnen Episoden recht homogen, zumal vermieden wurde, dass ein Wechsel mitten in einer laufenden Handlung stattfindet – eine Schwäche vieler (Superhelden-) Comics, bei denen sich regelmäßig die Zeichner von einer Seite zur anderen den Bleistift in die Hand geben, wobei krasse Stilbrüche das Lesevergnügen schmälern.

Die Fantasy-Serie „Fables“ schafft es, inhaltlich und optisch ihr hohes Niveau zu halten. Sie hebt sich durch das Thema angenehm von anderen Comic-Reihen ab und fand inzwischen ihre Nachahmer, die sich allerdings mehr an den Superhelden orientieren („Grimm’s Fairy-Tales“). Wieder einmal muss man nun geduldig auf die Fortsetzung warten, die gewiss weitere unerwartete Wendungen und dramatische Entwicklungen bieten wird.