Mike Resnick: Jäger des verlorenen Einhorns (Buch)

Mike Resnick
Jäger des verlorenen Einhorns
Die Fälle des J. J. Mallory 1
(Stalking the Unicorn, 1987)
Aus dem Amerikanischen von Thomas Schichtel
Titelbild: Drew Baker
Bastei-Lübbe, 2011, Taschenbuch, 382 Seiten, 7,99 EUR, ISBN 978-3-404-20008-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Die Silvesternacht ist eigentlich der Abend, an dem man gemeinhin im trauten Kreis seiner Freunde und Familie feiert. Doch in keiner Nacht werden solch viele Morde und Selbstmorde verübt, wie beim Übergang in das Neue Jahr. Woran das liegt, wollen Sie wissen? Nun, es wird Bilanz gezogen, man lässt das vergangene Jahr Revue passieren – und bei so Manchem weckt dies nicht eben positive Erinnerungen.

So geht es auch John Justin Mallory, einem Privatdetektiv aus Manhattan. Sein Partner hat ihm die Frau ausgespannt und sich mit dieser gen Kalifornien abgesetzt, dessen Schuldeneintreiber und der Vermieter der Detektei-Räumlichkeiten klopfen nun buchstäblich an Mallorys Bürotür. Da hilft nur, ganz den gängigen Klischees entsprechend, ein tüchtiger Schluck aus der Whiskeyflasche. Als dann ein Elf bei ihm auftaucht und ihn anheuern will, schiebt er den Anblick zunächst auf den gebrannten Maissaft. Ein Bündel Banknoten ernüchtert ihn jedoch schnell, und er macht sich auf die Suche nach einem gestohlenen Einhorn.

Ein Einhorn in New York, werden Sie sagen, gibt es das denn? Nun, geführt von dem Elfen gelangt unser Schnüffler in eine parallele Ausgabe Manhattans, die es in sich hat. Neben sprechenden Pferden, Leprechaunen und Dämonen, Echsen-Prostituierten und Geistern, gar nicht zu reden von lebendig werdenden Naturkundemuseen, gibt es dort auch aufgegebene Lagerhäuser und Kneipen aus der Zeit der Prohibition, in der der Charleston munter Triumphe feiert und jede Menge skurrile Figuren, auf die unser Privat Eye im Verlauf seiner Nachforschungen stößt. Schnell merkt er, dass sein Auftraggeber nicht mit offenen Karten spielt, und dass hinter dem fehlenden Einhorn und dessen zauberkräftigem Rubin weit mehr Parteien her sind, als er angenommen hat …

Einmal mehr schickt Bastei-Lübbe eine neue, alte Serie ins Rennen um die Gunst des Lesers. Im Original bereits Ende der 80er Jahre erschienen, erwartet uns eine weitere phantastische Detektiv-Reihe. Dabei geht es vorliegend nicht in die Weiten des Alls, sondern wir bleiben im Big Apple. Einem Manhattan aber, das sich ein wenig anders präsentiert, als wir dies von der Stadt, die niemals schläft, gewohnt sind. Das erinnert von seiner Ausgestaltung anfänglich ein wenig an die seit einigen Jahren so angesagte Urban Fantasy, geht dann aber doch glücklicherweise ganz eigene Wege.

Resnick besticht hier insbesondere durch seine skurrilen Figuren und einen Humor, mit dem er seinen Text auflockert. Geschickt verulkt er dabei stereotypische Klischees rund um New York, nimmt die Börse ebenso auf die Schippe, wie die irischen Kneipen mit ihren Möchtegern-Rebellen. Das Pfund, mit dem der Autor aber ganz besonders wuchert sind seine liebevoll ausgestalteten Figuren. Mallory, der sich zu Beginn als Kopie auf bekannte Hollywood-Detektive anbietet, gewinnt im Verlauf der Ermittlungen immer mehr an Ecken und Kanten und damit an Tiefe. Hinzu gesellen sich weitere, ganz eigene Gestalten, bei denen der Autor seinen Einfallsreichtum beweist. Sei es die alt gewordene Großwildjägerin, die Katzenfrau mit den typisch-bekannten Eigenschaften unserer vierbeinigen Freunde oder die altersschwachen, verbitterten Rennpferde, in jedem Kapitel begegnen uns so noch nicht gelesene Gestalten.

Das hat Tempo und bietet zudem eine spannende, abwechslungsreiche Jagd nach dem Geheimnis.