Locke & Key 4: Schlüssel zum Königreich (Comic)

Joe Hill
Locke & Key 4
Schlüssel zum Königreich
(Locke & Key: Keys to the Kingdom #1-6, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Reinhard Schweizer
Titelbild und Zeichnungen von Gabriel Rodriguez
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 164 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-060-8

Von Frank Drehmel

Nach Kinseys lebensgefährlichem Abenteuer in der überfluteten Höhle und dem Kampf der Kinder mit den Schatten des Keyhouses könnte für die Locke-Sprösslinge fast schon eine Art Alltag einkehren, würde nicht der böse Geist des Hauses, Lucas Caravaggio alias Zack Wells, ohne jeden Skrupel dem Schlüssel zur Schwarzen Tür nachjagen.

Während im Hintergrund der sadistische Mörder seine Fäden zieht und vor Bluttaten und Mord nicht zurückschreckt, versucht Tyler, sowohl Distanz zu dem ganzen Wahnsinn, der über ihre Familie hereingebrochen ist, zu finden, als auch seine Beziehung zu Jordan auf die Reihe zu kriegen. Daher verweigert er sich den weiteren Nachforschungen Kinseys und Bodes, die sich von der alten Erin Voss, die in einer psychiatrischen Anstalt lebt, Informationen über das Keyhouse und ihren Vater erhoffen. Kinsey ihrerseits muss, kaum dass sie in der Anstalt der Alten eintrifft, fliehen, weil ein maskierter Mörder – Zack – durch die Gänge des Instituts schleicht, welcher Erin liquidieren will. Und nicht nur dieser Fehlschlag macht Kinsey zu schaffen: Spannungen zwischen ihren beiden Freunden Jamal und Scot sorgen für weitere Probleme.

Rufus Whedon, der Sohn Ellies, der Frau also, bei der Zack Unterschlupf gesucht hat, erhält unterdessen Besuch von einem toten „Soldaten“, der ihn vor dem bösen Geist des Keyhouses warnt und die kindliche Hilfe gegen den Widersacher einfordert. Doch Rufus ist nur ein kleiner verwirrter Junge, der Lucas Caravaggio letztlich hilflos ausgeliefert ist. Da aber mittlerweile zu viele Personen die Intrigen des Bösen zu durchschauen beginnen, kann Lucas alias Zack schlussendlich die Konfrontation mit seinen Gegnern nur aufschieben, den blutigen Showdown jedoch nicht mehr verhindern.

Auch wenn „Locke & Key“ im Jahr 2011 nur einen der vier Eisner Awards gewonnen hat – und zwar in der Kategorie „Best Writer“ –, für die die Serie von IDW nominiert gewesen ist, so steht nicht erst nach diesem vierten Tradepaperback der herausragende Anspruch dieser Reihe – gerade auch von Rodriguez' Artwork – außer Frage.

Die eigentliche Stärke von „Schlüssel zum Königreich“ liegt dabei nicht in der gewohnt exzellenten Psychologisierung der Charaktere, die mittlerweile die Schlüssel in ihr tägliches Leben integriert haben, nicht in der mystischen, verwickelten Story mit ihren zahlreichen Rätseln oder den begnadeten, klaren, ausdrucksstarken Bildern, sondern es ist in großen Teilen die Struktur, der Aufbau von Erzählung und Artwork selbst, die das Tradepaperback zu einem Highlight des amerikanischen Comic-Mainstreams machen. Seien es die parallel laufenden Handlungen beziehungsweise Perspektiven in dem ersten Kapitel („Spatz“), in welchem ganzseitige Panels quasi nur als grafischer Rahmen für vier vertikale, filmisch angeordnete Bilder dienen und in denen zudem der Künstler zwischen realistischen und toonhaften Darstellungen wechselt, sei es das dritte Kapitel („Februar“), das als eine Abfolge chronologisch angeordneter Szenen angelegt ist, einige mehrere Panels und Texte umfassend, andere lediglich texlose ganz oder halbseitige „Splashpages“; die visuelle und erzählerische Intensität der Story ist geradezu mit den Händen greifbar.

Fünf Seiten mit der Vorstellung der bisher bekannten Schlüssel runden quasi in redaktioneller Hinsicht den Band ab, wobei die Trennung zwischen redaktionellem Teil und eigentlicher Geschichte zumindest mir etwas angestrengt erscheint, da dieser Anhang vergleichsweise stark mit der Story verknüpft ist.

Fazit: Neben den „Freakangels“ ist „Locke & Key“ die mit großem Abstand interessanteste, spannendste und originellste Serie – erzählerisch wie künstlerisch im aktuellen Panini-Programm, jedenfalls für Leser abseits des Superhelden-Mainstreams.