Sharon Ashwood: Hexenlicht – Dark Magic 1 (Buch)

Sharon Ashwood
Hexenlicht
Dark Magic 1
(Ravenous, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Sabine Schilasky
Titelgestaltung von ZERO Werbeagentur unter Verwendung von Motiven von Sywia Makris Photography; FinePic
Knaur, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 464 Seiten plus 7 Seiten Leseprobe aus Sharon Ashwoods „Vampirdämmerung“, 12,90 EUR, ISBN 978-3-426-65243-6

Von Irene Salzmann

Holly Carver arbeitet als Hexe und studiert nebenbei an der Fairview Universität Betriebswirtschaft. Während der Vampir Alessandro Caravelli ihr zuverlässiger Partner in heiklen Fällen ist, gehört ihr Herz Ben Elliot, einem der Dozenten an der Uni. Holly hat nur zwei Probleme: Seit einem magischen Unfall in der Kindheit leidet sie unter großen Schmerzen beim Zaubern, und Ben ist nicht allzu begeistert von ihrer Tätigkeit.

Als Holly ihn aus einem bösen Haus rettet – der Auftakt einer Kette von Ereignissen, die den fragilen Frieden zwischen Menschen, Vampiren und Gestaltwandlern gefährden könnten – und er erlebt, wozu sie fähig ist, verlässt er sie. Nun ist die Bahn frei für Alessandro, der seine Kollegin schon lange liebt, jedoch stets Distanz wahrte, weil er weiß, dass diese Liebe Hollys Tod bedeuten würde. Trotzdem finden sie nach einem grauenvollen Erlebnis Trost beieinander – und Alessandro gelingt es, seinen Blutdurst zu beherrschen. Danach überschlagen sich die Ereignisse: Detective Conall Macmillan, dem Holly ihr Vertrauen schenkte, ist offenbar in die eskalierenden Geschehnisse verwickelt und ein Verräter. Der Kuss, den er ihr aufzwang, verwandelt sie langsam in einen Dämon! Die Vampir-Königin Omara, die Alessandro um Hilfe bittet, erklärt, dass nur der Biss eines Vampirs den Prozess egalisieren kann.

Holly hat keine andere Wahl, als Alessandro zu vertrauen und seine Sklavin zu werden, eine Beziehung, wie sie keiner von ihnen wollte. Erst als es zu spät ist, finden sie heraus, dass sie hereingelegt wurden und Hollys Rettung viel zu teuer bezahlt haben. Aber der Biss hat auch noch eine andere Wirkung, die für Holly von großem Nutzen ist, als die Puzzlestücke an die richtigen Plätze fallen und der Kampf gegen den wahren Feind beginnt...

Die Zahl der Paranormal Romances, die der Buchhandel gegenwärtig anbietet, ist enorm – und entsprechend schwer fällt es dem Leser, Spreu von Weizen zu trennen. Oft steht eine 0-8-15-Love-Story im Vordergrund, und die phantastische Handlung, sofern vorhanden, dient einzig dazu, laue Aufhänger für das Hin und Her der Protagonisten und deftige Sex-Szenen liefern. Ist es Letzteres, was das Publikum lesen möchte, während alles andere keine große Rolle spielt, wird man in den meisten Fällen bestens bedient. Zieht man jedoch eine spannende, abwechslungsreiche Handlung, die sich um interessante Charaktere rankt, vor, erwartet man zudem phantastische Elemente und betrachtet die Romanze als zusätzliche Würze, wird es schon schwieriger, ein geeignetes Buch zu finden, aber es gibt diese Weizenkörner inmitten des Spreus – und „Hexenlicht“ von Sharon Ashwood gehört dazu.

Dabei scheint es zunächst so, als ob auch hier die Beziehungen der Hauptfigur, Holly Carver, im Mittelpunkt stünden, denn sie muss sich für einen von drei Männern entscheiden: den bodenständigen, wohl situierten Ben, der Hexerei und Nicht-Menschen ablehnt, den mutigen Detective Mac, der hervorragend kochen kann, aber gegen seinen Willen in einen Dämon verwandelt wird, und Alessandro, ein Vampir, der eine Gratwanderung betreibt, um gleichzeitig Holly zu beschützen und seiner Königin zu dienen, und dessen Liebe nur fatal enden kann. Natürlich gibt es einige romantische, später auch softe erotische Szenen, doch kommt jedem der Männer noch eine weitere, sehr wichtige Bedeutung im Kampf um die Macht zu. Was ‚harmlos‘ mit einem bösen Haus und einigen verschwundenen bzw. ermordeten Studenten beginnt, steigert sich zu einem Kampf zwischen Vampiren und Gestaltwandlern auf der einen und Dämonen, Ghoulen und Fehlwandlern auf der anderen Seite. Angst gepaart mit Dummheit sowie Verrat erlauben es der Dämonin Geneva, durch ein Portal auf die Erde zu gelangen und Omara, die ihre Macht größtenteils eingebüßt hat, erneut herauszufordern.

Holly wird in diesen Kampf hineingezogen, denn sie verfügt über erstaunliche Fähigkeiten und könnte wie ihre Ahnin, die einst Omara gegen Geneva beistand, die Dämonin zurück in die sogenannte Burg schicken, in der die finsteren Wesen gefangen gehalten werden. Allerdings ist dafür ein Zauber erforderlich, der so groß ist, dass er den Anwender töten kann. Alessandro will nicht zulassen, dass sich Holly opfert, und so kommt Omara Hollys Infektion mit dem Dämonen-Virus ganz gelegen: Alessandros Biss verwandelt die junge Hexe in eine willige Sklavin ihres Gefolgsmannes, der wiederum ihren Befehlen zu gehorchen hat. Zunächst scheint Omaras Plan aufzugehen, doch dann kommt alles anders, denn Holly ist mächtiger, als jeder ahnte, und auch für Alessandro gibt es eine Überraschung, die er niemals für möglich gehalten hätte.

Der Liebesgeschichte wird durchaus sehr viel Raum gewährt, aber darüber gerät die Handlung keineswegs in Vergessenheit. Sharon Ashwood baut eine faszinierende Welt auf, in der Menschen, Vampire, Gestaltwandler etc. miteinander leben. Freilich gibt es Vorbehalte und auch Fanatiker, die in den Menschen bloß Nutzvieh sehen bzw. auf die Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit der überlegenen Spezies hinweisen und diese am liebsten in die Burg schicken würden. Vor dieser Kulisse agieren Vertreter aller Gattungen und kämpfen um die Macht, um den Erhalt des Friedens und für ihre eigenen Ziele. Es wird gespielt und intrigiert, Verrat und Liebe werden als Waffen eingesetzt, genauso wie Magie. Die Protagonisten sind sympathisch, interessant oder böse und erfüllen ihre jeweiligen Rollen. Ganz ohne Klischees geht es leider nicht: Holly entwickelt sich zur Superheldin und Alessandro zum Supervampir – trotzdem, irgendwie gefällt das erwartete Happy End; die beiden haben es sich nach einem langen, harten Kampf verdient. Doch zur Ruhe kommen sie nicht, denn der nächste Band, „Vampirdämmerung“, ist für Januar 2011 angekündigt. Gegenwärtig liegen in den USA vier Romane aus der „Dark Magic“-Reihe vor.

Die Autorin schreibt routiniert und sehr unterhaltsam, so dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen möchte, bevor man die letzte Seite gelesen hat. Auch die erotischen Szenen werden geschmackvoll geschildert. Der wirklich gelungene Mix aus Phantastik, Spannung und Romantik vermag zu überzeugen.

Schätzt man Serien wie „Stadt der Finsternis“ von Ilona Andrews, „Dark Swan“ von Richelle Mead oder „October Daye“ von Seanan McGuire, wird man auch an Sharon Ashwoods „Dark Magic“-Romanen viel Vergnügen haben. Der Titel spricht die Fans der Romantic Mystery genauso an wie die Freunde von Horror und Dark Fantasy.