Rainer Erler: Fleisch (Buch)

Rainer Erler
Fleisch
p.machinery, 2024. Paperback, 412 Seiten, 22,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Was tun, wenn man schwer erkrankt ist? Man geht zum Arzt seines Vertrauens, dieser überweist einen dann ins Krankenhaus, wo die Behandlung beginnt. Soweit die - graue - Theorie. Tatsache ist nach wie vor, dass gerade bei Erkrankungen, die eine Transplantation eines Organs unabdingbar machen, Spender fehlen. Das war 1979, als vorliegender Roman erstmals erschien, nicht anders als heute.

Rainer Erler erzählt in diesem eine Geschichte, wie sie durchaus vorstellbar, ja wahrscheinlich ist.

 

Ein junges Paar in den Flitterwochen, ein abgelegenes Motel in New Mexico eine Entführung und Ermittlungen - das sind die Ingredienzien des Plots.

Aus dem Motel wird Mike, der junge, gesunde Ehemann von Monica, entführt. Eine Verbrecher-Organisation plant, ihm nach der Überführung nach New York - ohne seine Zustimmung - Organe zu entnehmen und meistbietend an solvente Patienten zu veräußern. Monica macht sich, begleitet von verschiedenen Helfern, auf die Suche nach ihrem Ehemann, den Tätern und nach Gerechtigkeit.


Der Roman, dem der Verlag gleich noch das Drehbuch zu dem gleichnamigen Film von Rainer Erler mitgegeben hat, hat von seine Aktualität nichts verloren. Zwar arbeitet die Organ-Mafia zwischenzeitlich nicht mehr mit Entführungen, sondern bedient sich armer Schlucker aus Entwicklungsländern, die ihre Organe für wenig Geld und ohne große ärztliche Nachsorgen verkaufen, das menschenverachtende Vorgehen aber hat sich gegenüber dem Roman kaum verändert.

Wer vom Tod bedroht ist, wer nur mit einem anderen Organ gerettet werden kann und das nötige Kleingeld hat, der fliegt in die Dritte Welt - früher auch nach China - und erwirbt dort die Heilung. Eigentlich pervers, dennoch ist dies für alle Beteiligten eine „Win-Win-Situation“. Eine Niere dafür, dass ein Elternteil Geld für die lebensnotwendige Operation eines Kindes erhält - keine Seltenheit und ein Skandal, über den sich kaum jemand aufregt.

So ist dies ein Roman, der wahrlich leider nichts von seiner erschreckenden Aktualität verloren hat, der sich nach wie vor aufrüttelnd und fesselnd liest und der eine Neuauflage wirklich verdient hat.