Adam Hülseweh: Klunga und die Ghule von Köln (Buch)

Adam Hülseweh
Klunga und die Ghule von Köln
2019, Taschenbuch, 348 Seiten, 12,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Überhaupt sind die Herren, die sich nun förmlich die Hand geben, eher von der Sorte, neben die sich brave Bürger in Bahnen oder Bussen zu setzen vermeiden. Nicht weil sie gefährlich aussähen oder abstoßend, sondern weil der Instinkt eine unwillkürliche Entscheidung trifft.“

Das Kölner Opernhaus, die nach ihrem Architekten benannte ‚Riphahn-Oper‘, soll abgerissen werden. Ein Entscheid, der den Ghul Klunga in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Lange Zeit haben Vampire die Stadt am Rhein regiert; die Ghule waren nichts weiter als deren minderwertige Diener.

Bis es an der Zeit war zurückzuschlagen. Gemeinsam mit den Troglodyten, die im Tiefbau von Köln tätig sind, konnten die Vampirherren unschädlich gemacht und in die Betonfundamente des Opernhauses eingegossen werden. Nun häufen sich die Anzeichen, dass es in Köln erneut vampirische Aktivitäten gibt, die zusammen mit dem Freilegen der Opern-Fundamente für ein Erstarken der Vampire sorgen könnten.

„Wenn Vampire nach Köln kommen, dann nur solche, die sich nicht auskennen. Hin und wieder ein Vampir mit ein paar „Sukkubinchen“, der versucht im Rotlichtmilieu Fuß zu fassen. Oder ein Rockstar, der partout alle Warnhinweise übersehen will.“


Wer sich ein wenig mit moderner Phantastik-Literatur aus deutschen Landen beschäftigt, stellt fest, dass mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder Überraschungen auf den Markt aufpoppen, die niemand auf dem Schirm hatte und die die Leser dann im Sturm erobern. 2019 war zweifellos „Klunga und die Ghule von Köln“ einer dieser Romane, verfasst von Ina Elbracht und Alexander Schmalz unter dem Pseudonym Adam Hülseweh, bis dahin zwei Nobodys in der ‚Szene‘. Dazu ist der Roman im Eigenverlag erschienen, was meist eher zur Skepsis anregt.

Doch die Geschichte der sympathischen Ghule, die als graue Eminenz von Köln auftreten und durch geschicktes Taktieren und Manipulieren den geplanten Abriss der Riphahn-Oper verhindern müssen, hat ihr Publikum begeistert.

Auch wenn man attestieren muss, dass diese Handlung, die der eigentliche Story-Driver sein sollte, neben den vielen anderen Elementen des Romans merklich ins Hintertreffen gerät. Viel mehr Leidenschaft verwenden die Autoren auf die Ghule selbst, denen sie jeweils eine großartige und originelle Entstehungsgeschichte widmen. Allen voran natürlich Klunga, der im 6. Jahrhundert nach Christi unter unschönen Umständen als Sklave aus dem Orient nach Europa geschafft wurde. Genauer gesagt: nach Köln, um dort als Mittel für eine Machtergreifung der besonderen Art zu fungieren.

Doch nach und nach, über die Jahrhunderte, sammelt Klunga eine Gruppe weiterer Ghuls um sich, jeder mit einer speziellen Fähigkeit oder mindestens einem speziellen Spleen ausgestattet. Diese bewegen sich im Kölner Alltag unerkannt unter den Menschen, sind hier so etwas wie nette Untote von nebenan, sind Vermieter, singen in einer Punkrock-Band oder leiden unter Alzheimer.

Auch die menschliche Komponente kommt nicht zu kurz. In Gestalt der Buchhändlerin Julia Schön, die plötzlich von ihrem eingebildeten und nervigen ehemaligen Mitschüler Tristan Klein umgarnt wird, ohne dass sich beide das recht erklären können. Beide spielen eine Rolle in Klungas Plan zur Rettung der Riphahn-Oper.

Das Ganze ist so unfassbar souverän, liebevoll und mit Auge fürs Detail geschrieben, dass niemand so recht an ‚Anfänger‘ als Autoren glauben möchte. Der Urban-Fantasy-Plot wird angereichert mit Lokalkolorit, Humor, absurden Vorgängen und sogar einer Prise Krimi-Noir. Dazu ist das Ganze noch exzellent verwoben mit der Stadthistorie Kölns.

Um dem Roman den passenden Rahmen zu geben, haben sich die Autoren den Künstler Daniel Bechthold ins Boot geholt, der die Buchseiten mit zahlreichen Illustrationen geschmückt hat. Von Porträts der Protagonisten bis hin zum Kellerassel-Seitenzahlen-Daumenkino.