Alisha Bionda (Hrsg.): Dark Poems (Buch)

Alisha Bionda (Hrsg.)
Dark Poems 

Schwarze Phantastik illustriert von Mark Freier
Titelbild & Innenillustrationen: Mark Freier
Arunya, 2017, Hardcover, 244 Seiten, 14,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Alisha Bionda, immer ein Garant dafür, das Fähnchen der phantastischen Kurzgeschichte hochzuhalten, macht erneut von sich reden. Vorliegend hat sie einen der besten heimischen Illustratoren gebeten, seine Bilder als Inspiration für Autoren zur Verfügung zu stellen. Mark Freier, ohne dessen Kunstwerke viele gerade der Kleinverlage sicherlich weniger Bücher verkaufen würden, hat freudig Hier gerufen und sogar selbst eine Story - und keine schlechte - beigesteuert.

Wer Marks Arbeiten kennt - und wie ich schätzt - der weiß, dass der Künstler das Dunkle, das Morbide ebenso goutiert, wie das Flair exotischer Orte und charismatischer Figuren. Entsprechend abwechslungsreich sind auch die Erzählungen, die die Autoren zu den Bilden sich haben einfallen lassen.

Dabei bewegen sich die Geschichten klar im dunkleren Bereich der Phantastik, ohne dass uns Splatter oder wildgewordene Zombiehorden erwarten würden. Es sind eher Beiträge, die sich an klassische Sujets anlehnen, dabei aber immer eigenständig bleiben und den Leser überraschen und faszinieren. Auffallend dabei, dass das sprachliche Niveau durchgängig erstaunlich hoch ist und natürlich die Illustrationen die Beiträge kongenial ergänzen.


Den Auftakt macht Barbara Büchner. In „Die Menschenfresserin“ stellt sie uns einen Ermittler des Übersinnlichen vor, der einer - hm, nun sie Heiratsschwindlerin zu nennen würde das Bild nicht ganz treffen - verfällt, verleibt die Gute sich doch nicht nur den Schmuck und das Vermögen ihres Galans ein…

Vincent Voss ist dafür bekannt, die gruseligere Art des Horrors zu schätzen. Er erzählt uns in „Nachbarn“ von ebensolchen, die eine Party geben und dazu nicht nur ihre Freunde, die Hausleute sondern auch krabelliges Getier einladen.

Jörg Kleudgen gehört zu den interessantesten, weil eigenwilligsten Verfassern der unheimlichen Literatur unserer Zunge. In „Narbenherz“ entführt er seinen Protagonisten, der anlässlich eines Herzinfarkts im Koma liegt, in eine Welt, die an Al Capones erinnert - nur eben mit übernatürlichen Einflüssen.

David Seinsche entführt uns in „Lapua“ auf einen finnischen Friedhof. Vor Jahrzehnten wurde eine Frau, eine zugezogene Fremde, aus der Dorfgemeinschaft ausgestoßen und versehentlich von einem Jäger erschossen. Der junge Thomas meint sie, an ihrem Grab gesehen zu haben.

Faye Hell wendet sich in „Alma Mater“ dem Vampir-Thema zu. Seit Kurzem erhält eine Psychologin mehrfach in der Woche Besuch eines ungewöhnlichen Patienten. So höflich und altmodisch-gediegen er auch daherkommt, seinen Spleen ein Vampir zu sein, mag sie ihm nicht abnehmen - und sie weiß genau, nach welchen Anzeichen sie Ausschau halten muss.

Markus K. Korb greift in „Die dunkle Schwärze“ das alte Motiv des Fluchhauses auf. Modernde Geisterjäger, ein zerstrittene Paar, hat sich in einem alten Herrenhaus eingemietet. Doch als der Fluch dann zutage, pardon zu Nacht tritt, ist die Realität doch viel furchteinflößender als gedacht.

Des Menschen liebster Gefährte ist, nein nicht der Hund sondern die Hauskatze. Auch in Florian Hillebergs „Familiaris“ begegnen wir einer solchen, die ein Satanist in einer fiesen Falle gefangen hat. Während das jugendliche Herrchen noch um seinen Freund trauert, soll Gouda, wie das Kätzchen heißt, in einer schwarzen Messe geopfert werden.

Tobias Bachmann beginnt seine Erzählung auf dem Friedhof. Die Beerdigung der tödlich verunglückten Soul lässt ihren Freund, der nie ihr Liebhaber war, allein zurück. Als er in ihre Wohnung kommt, findet er seine Freundin im Spiegel…

Künstler sind ein ganz eigener Menschenschlag. Das muss auch ein junger, talentierter Schauspieler erfahren, als er zu Beginn seiner Karriere in einer Premiere den Lustknaben gibt. In Mark Freiers „Die Wiedergeburt“ wird nach der gelungenen Premierenaufführung gefeiert - und gestorben. Doch ist der Tod von Dauer?

Babys brauchen ihre Mutter. Trost, menschliche Wärme und nicht zuletzt Nahrung verspricht die Mutter. Doch der Sohn des Bösen und einer Hexe benötigt mehr als Muttermilch - viel mehr, wie Frank G. Gerigk in „Sohn der Finsternis“ zu berichten weiß.

Guido Krain schließt den Kreis der Erzähler mit einer ergreifenden Geschichte um zwei Schwestern, die miteinander nicht können, ohne einander aber auch nicht - und das schon zu frühen Kindheitstagen.


Insgesamt, wie bei den Anthologie aus dem Hause Bionda so üblich, ein wunderbar illustriertes, abwechslungsreiches Werk der dunklen Phantastik, das für jeden Leser einige tolle Beiträge bereithält.