Achim Hildebrand & Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht 10 (Buch)

Achim Hildebrand & Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht 10
Titelbild: Björn Ian Craig
2017, Taschenbuch, 296 Seiten, 12,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Es ist ein Grund zum Feiern: 10 Ausgaben des Horror-Magazins „Zwielicht“ haben das Licht des Tages erblickt, zehnmal - mit den „Zwielicht Classic“-Bänden noch weit mehr - konnten und können Horror-Fans sicher sein, dass sie, wenn sie zu den Büchern greifen, für einige Stunden bestens unterhalten werden. Unterhalten im Sinne von verstörend, ängstlich, gruselnd denn Nomen est Omen, soll heißen, den beiden versierten Herausgebern geht es darum, dem Fan des Unheimlichen die besten Geschichten heimischer Zunge - aber auch ein paar wenige Übersetzungen - zu präsentieren. 

Dass dies ein ums andere Mal gelungen ist beweist, dass nicht nur die Qualität einheimischer Autoren vorhanden ist, sondern, dass auch die Auswahl stimmt. Nachdem man inzwischen im Selbstverlag erscheint, ist die Lieferbarkeit der Bände gesichert, so dass auch die älteren Nummern, die nach und nach neu aufgelegt werden, wieder dauerhaft verfügbar sind.


Welche Beiträge warten diesmal auf den Leser?

Als Auftakt des Jubelbandes haben die Herausgeber niemand geringeren als Michael Siefener, für mich einer der besten unheimlichen Autoren die wir haben, gewinnen können. Natürlich greift Siefener in wohlfeilen Worten sein Lieblingsthema auf - es geht um einen Antiquar, um verbotene, überaus seltene okkulte Bücher und den Preis, den Sammler für den Kauf von bibliophilen Preziosen zu zahlen bereit sind.

Julia Annina Jorges stellt uns dann eine gut 90jährige gefeierte Diva vor, die aussieht, wie ihre eigene Enkelin - gute Gene oder doch ein Erbe, das letztlich seinen Preis kostet?

Algernon Blackwood darf auch in der neuesten „Zwielicht“-Ausgabe nicht fehlen - seine Beiträge sind immerhin in sieben der Anthologien vertreten. Er greift die Themen des Geisterhauses und der Heimsuchung von empfindsamen Medien - vorliegend ein junges Mädchen - auf, denn es gilt einen grausamen Mord zu offenbaren.

Paul Sanker dokumentiert in seiner Erzählung die Invasion einer subtropischen, paradiesischen Insel durch lächelnde Männer in sandgrauen Uniformen

Christian Künne stellt uns ein ganz besonderes Zwillingspaar vor, das ein mörderisches Hobby hat.

Usman T. Malik berichtet uns von einem Jungen, dem sein Vater beibringt, wie man die Toten scheinbar reanimiert - eine Fähigkeit, die er später einmal gut gebrauchen kann.

Michael Tillmann erzählt uns sehr einfühlsam von einem Mönch, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Gebeine seiner lange verstorbenen Mitbrüdern zu ordnen und in einer Beinhöhle zugänglich zu machen. Doch was passiert, wenn der Mönch eines Tages selbst vor Gottes Thron gerufen wird?

Ray Bradbury stellt uns einen havarierten Raumfahrer vor, der sechs Tage und Nächte auf einem Planetoiden ausharren muss, bis Hilfe kommt - eine viel zu lange Zeitspanne, wenn man von Albträumen, Visionen und den Kriegern von Jahrtausenden bedrängt wird…

Sascha Dinse berichtet uns von einem Künstler, der eine neue Muse sucht - und findet. Dass diese morbid veranlagt ist, dass sie sich in psychiatrischer Behandlung befindet, stört ihn nicht, inspiriert sie ihn doch zu seinem größten Kunstwerk - auch wenn die feine Gesellschaft die Genialität desselben nicht erkennen kann oder will.

Karin Reddemann stellt uns ein altes Paar vor, das sich zur eigenen wie der fremden Unterhaltung ein anderes Seniorenpaar einlädt. Am Abend werden Geschichten erzählt - phantastische, grausame Geschichte über die Blutgräfin, Dracula und greise Vampire.

Nicole Kudelka erzählt uns von einem Autounfall. Mitten in der Nacht streift eine Fahrerin zum Glück nur einen Kranich, aber auch das ist schon schlimm genug, wie sie schmerzhaft erfahren muss.

Achim Hildebrand eröffnet dann den Reigen der Artikel mit einem sehr fundierten Bericht über verbotene Bücher über die verschiedenen Zeitalter. Auf der Suche nach einem realen „Necronomicon“ aber ist auch er nicht fündig geworden.

Matthias Kaether zeigt in seinem Beitrag auf, dass es neben den bekannten Pulp-Magazinen wie „Weird Tales“ auch bis dato bei uns gänzlich unbekannte Magazine in den 30ern gab, die als Vorläufer des Extrem-Horrors eine härtere Gangart als die gemäßigten Geschichten um übernatürliche Detektive anschlugen.

Rückblicke auf das Horror-Jahr 2016 und den Vincent Preis ergänzen den Band, bevor Michael Schmidt uns in seinen Streifzügen auf Horror- und Phantastik-Perlen hinweist, die abseits der gängigen Verlage erschienen sind.