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US-Boxoffice: "Die Tribute von Panem – The Hunger Games" schreiben Filmgeschichte

Tödliche Spiele fanden in den USA am Wochenende an den Kinokassen statt, und sie kamen einem Erdbeben gleich. Mit bisher nicht vorstellbaren Zahlen für ein kleines Filmstudio konnte die von Lionsgate produzierte Bestseller-Verfilmung "Die Tribute von Panem – The Hunger Games" astronomische 155 Millionen Dollar am ersten Wochenende in den USA einspielen, der nicht-inflationsbereinigt drittbeste Start aller Zeiten, besser auch als sämtliche "Twilight"-Starts. Damit ist eine neue Mega-Franchise geboren, und mit Jennifer Lawrence eine neue Kino-Ikone und ein Superstar.

Der drittbeste Start aller Zeiten ist noch beeindruckender, wenn man sich vergegenwärtigt, wer als Rekordhalter nur noch davor ist: Auf Platz 2 "The Dark Knight" mit 158 Dollar Millionen, bei welchem 2008 jeder die letzte große Rolle des gerade verstorbenen Heath Ledger sehen wollte, und auf Platz 1 mit 168 Millionen Dollar der letzte Teil der erfolgreichsten Filmserie aller Zeiten, also der achte "Harry Potter"-Film. Danach kommt jetzt schon die "Die Tribute von Panem – The Hunger Games". Der Erfolg erklärt sich durch ein ausgezeichnetes Marketing und auch durch die Tatsache, dass die Trilogie Zuschauer beiden Geschlechts anzieht, anders als die "Twilight"-Serie, die für ein männliches Publikum doch eher abstoßend wirkt.

Hilfreich war wohl auch, dass "Die Tribute von Panem – The Hunger Games" nach Meinung vieler Filmkritiker auch qualitativ sehr gut ausfiel und Regisseur Gary Ross (der lange nicht mehr einen Film für das Kino inszeniert hatte, letztes Werk zuvor war das Pferdedrama "Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg" von 2003) viel Lob für eine kongeniale und rasante Literaturverfilmung ernten konnte, während der Film in den wichtigen Zuschauerumfragen von Cinemascore ein sattes 1+ ernten konnte. Selbst im Feld der Politik konnte der Film Breitenwirkung erzielen und beide Lager ansprechen: Während linke Stimmen den stark ausgearbeiteten Kontrast im Film zwischen faulen Reichen und geknechteten Armen sowie die starke weibliche Heroine lobten, konnten sich liberal-konservative Beobachter für die Warnung vor einem unterdrückenden, mächtigen Staat erwärmen.

Dabei ist die erzählte Geschichte um eine Gruppe Teenager, die an den titelgebenden tödlichen Spielen teilnehmen müssen, keinesfalls neu und erinnert deutlich an Stephen Kings Roman "Menschenjagd" von 1982 (mit Arnold Schwarzenegger als "Running Man" 1987 verfilmt) und vor allem an Kinji Fukasakus kompromissloses Meisterwerk "Battle Royale" (2000) – eine vergleichbare Kompromisslosigkeit konnte sich "Die Tribute von Panem – The Hunger Games"natürlich nicht leisten, da man hier auf eine Jugendfreigabe angewiesen war.

War das kleine Lionsgate-Studio bisher eher für kostengünstige Genre-Kost wie die solide-erfolgreiche "Saw"-Serie bekannt und mitunter schon mal als Übernahmekandidat gehandelt worden, können sie nun auf Augenhöhe mit den Hollywood-Majors eine Mega-Franchise vorweisen. Ein Gesamteinspiel in den USA von über 350 Millionen Dollar dürfte dem Film sicher sein. Einziger kleiner Wermutstropfen in dem berauschenden Erfolg für Lionsgate dürfte sein, dass der Film in den sonst fast immer immens wichtigen Märkten außerhalb der USA (die teilweise heutzutage mehr als zwei Drittel des Umsatzes generieren) zwar solide, aber nicht sensationell starten konnte: 59,3 Millionen Dollar ist bei 67 Märkten/Ländern zwar gut, aber weit von Rekorden oder den US-Zahlen entfernt. Viele US-Schlagzeilenmacher haben trotzdem nicht auf das Wortspiel verzichtet, dass die "Tribute" Feuer gefangen haben, damit auf den Originaltitel des zweiten Bandes ("Catching Fire") anspielend (der bei uns eher profan "Gefährliche Liebe" heißt).

Der riesige Erfolg wird einem weiteren Phantastik-Neustart erhebliche Probleme nächstes Wochenende bereiten: Die Fortsetzung "Zorn der Titanen" wird sich wohl nur sehr schwer gegen den Boxoffice-Orkan des zweiten Wochenendes der "Tribute" durchsetzen können.

Text: Oliver Naujoks