Perry Rhodan 2747: Neu-Atlantis, Wim Vandemaan (Buch)

Perry Rhodan 2747
Neu-Atlantis
Wim Vandemaan
Cover: Dirk Schulz
VPM, 2014, Heft, 68 Seiten, 1,95 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Christoph Alexander Schmidberger

Mit vorliegendem Roman wechselt der Schauplatz zur Erde. Viele der Exilarkoniden suchen auf Terra eine neue Heimat, die sie im gerade entstehenden Neu-Atlantis finden. Die Architektin Nior Carok enwickelt angelehnt an altterranische und arkonidische Vorbilder in den Azoren eine Stadt, die gleichermaßen Zufluchtsort der Arkoniden und Forschungszentrum werden soll.

Es entwickelt sich eine intimere Beziehung zu dem Arkoniden Chorest da Ragnaari, der als Finanzier und Motivator hinter dem Neu-Atlantis-Projekt steht. In dieser maritim gelegenen Stadt soll auch eine Forschungseinrichtung der Firma Gen-Vision untergebracht werden, die unter massivem Verdacht steht, in den Gen-Pool der Erde einzugreifen. Der Verdacht erhärtet sich, als Mitarbeiter des Instituts für Biosphärencontrolling um Bennyd Paullu auf die Spur intelligenzoptimierter Riesenkalmare geraten.

Abseits dieser Entwicklungen unterhält auch Farye Sepheroa, die Enkelin Perry Rhodans, einen knappen Kontakt mit Nior Carok, die an Rhodans sonderbarem Haus in der 746 Upper West Garnaru Road interessiert ist. Mausbiber Gucky möchte Farye jedoch zu einem Abenteuer überreden…

Wenn Wim Vandemaan einen „Perry Rhodan“-Roman schreibt, dann kann er sich stets eines großen Interesses erfreuen. Obwohl der 54jährige promovierte Germanist aus dem Rheinland erst seit 2007 zum Autorenkollektiv der Weltraumserie gehört, hat er sich binnen kürzester Zeit eine Ruf als wortgewaltigster, aber auch umstrittenster Serienautor erarbeitet. So häufen sich anlässlich eines Vandemaan-Romans in den einschlägigen Foren Lobeshymnen und Schmähungen gleichermaßen. Trotzdem oder gerade deshalb ist Vandemaan seit dem Frühjahr 2013 zusammen mit Christian Montillon als Chefautor für die inhaltliche Ausrichtung der Serie verantwortlich. Darunter leidet naturgemäß ein wenig die Frequenz der von ihm selbst verfassten Romane.

„Neu-Atlantis“ bildet in obengenannter Hinsicht keine Ausnahme. Fans von Raumschlachten und nervenstrapazierender Weltraum-Action werden bei Vandemaans jüngstem literarischem Erzeugnis sicherlich enttäuscht werden. Aber darum geht es hier auch gar nicht. Der Roman ist vielmehr ein entspanntes Durchatmen vor dem kleinen Zwischenhöhepunkt, der sich wahrscheinlich um den Mini-Jubiläumsband 2750 anbahnen wird. In vier verschiedenen Handlungsebenen entwirft der Autor ein Panorama der Erde im Jahr 1516 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, die mit politischer Umgestaltung durch die Onryonen und Einwanderungskonflikten – ausgelöst durch die vertriebenen Arkoniden – konfrontiert ist. Dabei werden die handelnden Figuren selten auserzählt, vielmehr hält Vandemaan alles bewusst geheimnisvoll und offen.

Insgesamt schreibt der Autor in diesem Band recht gefällig und zurückhaltend. Am ehesten kommt seine so beliebte wie berüchtigte geschliffene Sprache in der Handlungsebene um die intelligenten Wasserbewohner zu tragen. Es ist jedes Mal ein echter Genuss, dem Meister beim Fabulieren zu lauschen. Es ist eine elaborierte und anspruchsvolle Sprache, mit der Vandemaan einen guten Teil zum Sense of Wonder beiträgt, auch wenn diesmal nicht eine exotische Wasserwelt in den Weiten des Universums Ort des abenteuerlichen Geschehens ist, sondern unsere eigene Erde zum Staunen einlädt. Die besondere Sprache des einzig echten Literaten im Autorenteam transportiert so auch gelungen einige philosophische Fragen, die sich im Roman auftun: Die Frage nach dem Eingreifen des Menschen in die Natur, die Frage nach dem Umgang mit heimatsuchenden Flüchtlingen (übrigens ja eine sehr aktuelle Frage).

All dies spielt sich vor einer gut ausgearbeiteten Kulisse ab, die viel warme Sonne, frische Seebrisen und maritime Faszination mit sich bringt. Ein bisschen Natur, ein wenig Zukunftstechnologie und etwas Urlaubsfeeling. Dazu terranische Alltag, der sonst oft zu kurz kommt.

Für manch einen Leser mag dieser eher unaufgeregte Roman, der allenfalls in der Handlung um die spionierenden Mitarbeiter des Biosphärencontrolling einen abgeschlossenen Plot bietet, mehr lückenfüllenden Charakter haben und wer leichte Unterhaltung sucht, wird vielleicht gelegentlich überfordert und verständnislos reagieren, aber Wim Vandemaan hat mal wieder ein echtes Meisterwerk abgeliefert – vielleicht nicht sein bester Roman innerhalb der Serie, aber gewiss innerhalb dieses Zyklus und unvergleichlich sowieso. Insofern ist es sicherlich auch ein wenig schade, Vandemaan als Exposéa-Autor zu haben, wenn dadurch weniger Texte von ihm erscheinen. Dafür ist es dann aber auch jedes Mal ein echtes Fest.

Dirk Schulz untermalt dazu die maritime Atmosphäre des Texts mit einem stimmungsvollen Titelbild.