Patricia Briggs: Die Wandlerin – Aralorn 1 (Buch)

Patricia Briggs
Die Wandlerin
Aralorn 1
(Masques, 1993)
Aus dem Amerikanischen von Michael Neuhaus
Titelbild von Maria Menshikowa
Bastei Lübbe, 2012, Taschenbuch, 380 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-404-20680-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Petra Weddehage

Die Spionin Aralorn wird auf einen mächtigen Magier angesetzt, da es Attentatsgerüchte gibt. Dabei findet sie mehr heraus, als ihr lieb ist. Der als ae´Magi bekannte und beliebte Magier plant, die Menschen zu unterjochen. Seine Macht wächst scheinbar unaufhaltsam. Sein Zauber vereinnahmt die Menschen um ihn herum und macht sie so zu seinen hingebungsvollen Getreuen.

König Myr, der Herrscher über ein Reich, das über unendliche Ressourcen an Magie zu verfügen scheint, gerät in den Fokus des Magiers.

Nur mit Hilfe ihres ungewöhnlichen Gefährten Wolf, gelingt es Aralorn, den Machenschaften des charismatischen Magiers auf die Schliche zu kommen. Aralorn verbirgt ein unglaubliches Geheimnis: Sie ist eine Gestaltwandlerin. Mal ist sie eine schöne Blondine, kurz darauf eine niedliche, kleine Maus. Allerdings behält sie diese brisante Fähigkeit für sich. Wolf scheint ebenfalls ein Gestaltwandler zu sein, da er sprechen kann. Er bewahrt zudem ein bizarres Mysterium, das ihm so grausam erscheint, dass er es vorzieht, dies für sich zu behalten.

Die ungewöhnlichen Gefährten begeben sich auf die Suche nach einem Zauberspruch gegen die perfiden Machenschaften des ae´Magi. Die Zeit drängt. Zudem regen sich plötzlich Monster aus vergangenen Tagen und überziehen die Welt, in der Aralorn und Wolf leben, mit tödlichem Schrecken.

Patricia Briggs gelingt es hervorragend, ihre Protagonisten dem Leser mit wenigen, aber gut gewählten Szenarien näher zu bringen. Dabei ist die Hauptfigur Aralorn eine sehr sympathische junge Frau, die trotz ihrer Einsätze als Spionin ihren Humor nicht verloren hat. Sie begibt sich, ohne zu zögern, in lebensgefährliche Situationen und denkt nicht an ihre eigene Sicherheit, wenn es darum geht, ihrem Herzen zu folgen. Dank ihrer Fähigkeiten, die sie niemandem offenbart, schafft sie es, fast unmöglich erscheinende Aufträge zu erfüllen. Ihr Vorgesetzter macht sich seinen eigenen Reim auf diese Situation, belässt es aber dabei, solange die junge Frau gute Resultate liefert. Dass sie niemandem erzählt, dass sie grüne Magie beherrscht und zudem noch eine Gestaltwandlerin ist, liegt daran, dass diesen Wesen nachgesagt wird, kleine Kinder zu entführen und zu verspeisen. So kann jeder Leser gut nachvollziehen, warum Aralorn sich diesbezüglich bedeckt hält.

Ein weiterer interessanter Charakter wird von der Autorin eingesetzt, um der Wandlerin einen Gefährten an die Seite zu stellen: Wolf entpuppt sich als starke männliche Figur, mit einer tragischen Vergangenheit, die weitestgehend im Dunklen liegt.

Der ae´Magi ist ein absoluter Machtmensch, der sich über alles hinwegsetzt, wenn es seinen Interessen dient. Sein gutes Aussehen und sein charismatischer Charakter liegen im Widerspruch zu seinen Gräueltaten. Das nutzt er, um seine Opfer einzulullen und sie sich für seine Zwecke gefügig zu machen. Patricia Briggs beschreibt sehr explizit, was der Magier mit der sadistischen Ader zu tun bereit ist, um sein Ziel zu erreichen. Schnell wird klar, dass er die Unsterblichkeit anstrebt, denn was sind seine Reichtümer und seine Macht schon wert, wenn er sie nach einer, wenn auch großzügig bemessenen, Lebenszeit wieder abgeben muss.

Zahlreiche Nebenfiguren wie König Myr und Aralorns Auftraggeber Ren kreuzen den Weg der Hauptprotagonisten. So bekommt die Geschichte eine reizvolle Seitenhandlung, da diese Protagonisten vor allem dazu dienen die Handlung voranzubringen.

Die Autorin verliert zu keiner Zeit den roten Faden. Dank magischer Fähigkeiten wird so manche Reise abgekürzt, und die Protagonisten finden sich so schneller an den Schauplätzen wieder, an denen sie benötigt werden. Ein wenig Romantik ist ebenfalls zu finden. Patricia Briggs gelingt es sehr gut, die Annäherung von Wolf und Aralorn zu beschreiben. Ihre gemeinsamen Abenteuer bringen die beiden Figuren einander näher, und Freundschaft sowie Vertrauen werden nach und nach aufgebaut. Dabei scheut die Autorin auch nicht davor zurück, ihren Hauptfiguren steinige Hindernisse in den Weg zu legen, die das gegenseitige Misstrauen schüren. Sie erzählt gekonnt, wie schwierig es ist, einem anderen Wesen zu vertrauen und wie schnell sich alles ins Gegenteil verkehren kann. Allerdings werden diese Schwierigkeiten doch recht schnell ausgeräumt. Hier hätte sie eine Möglichkeit gehabt, durch eine Prise Misstrauen die Story noch ein wenig actionreicher und subtiler zu gestalten. Dieses Potential wurde leider nicht voll ausgenutzt. Doch trotz dieses kleinen Makels erzeugt sie genug abenteuerliche Atmosphäre, um die Story sinnvoll zu beenden.

Leser, die magische Abenteuer mögen, welche nicht nur von epischen Schlachten handeln, sondern durch gezielte, gewiefte Taktiken zu einem passenden Abschluss führen, werden sich mit dieser Story bestimmt anfreunden.