Rona Walter: Gläsern (Buch)

Rona Walter
Gläsern
Titelillustration von Timo Kümmel
Innenillustrationen von Bernd Muss
LUZIFER, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 322 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-943408-11-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Wir kennen diesen Spruch, von Kindesbeinen hören wir die von den Gebrüdern Grimm gesammelten Märchen um Blaubart oder die Hexe, die unbedingt die Schönste im ganzen Land bleiben will. Rona Walter hat sich des alten Mythen- und Sagenschatzes angenommen, Motive und Elemente daraus entlehnt und in ihr zweites Buch im LUZIFER-Verlag einfließen lassen. Aus der Sicht des Hausdieners erzählt sie ihre Geschichte um Magie, Verrat und Rache.

Die Grafentochter Eirwyn flieht vor ihrer eigenen Mutter, die sie ob ihrer Schönheit willen meucheln will, aus England in das Anwesen der Familie in Deutschland. Umgeben von einem tiefen, urwüchsigen Wald bringt sie sich in vermeintliche Sicherheit. Doch ihre Mutter ruht nicht. Sie heuert einen Kopfgeldjäger an, der, begleitet von zwei langjährigen Dienern der Familie, die Geflohene zurückholen soll. Schon auf dem Weg, auf dem sie den Jäger der Familie treffen, werden sie von den Augen der Mutter, die sie in jedem Spiegel, Flusslauf und im Auge der Krähe beobachten, verfolgt. Mord und Verrat setzt sich auf ihre Spur bis sie, ins heimische Anwesen zurückgekehrt, im Blut ertrinken…

Was Rona Walter hier vorliegt ist wahrlich nicht von schlechten Eltern. Geschickt verbindet sie mehr oder minder bekannte Märchen-Motive mit Elementen aus dem Gothic-Schauer-Roman und zieht uns mit ihrer ganz eigenen Mischung ganz tief in ihre Mär hinein. Zu Beginn rätselt man als Leser noch, wer denn nun der Gute in der Geschichte ist, nur zu bald wird aber deutlich, dass ein jeder der Figuren sein eigenes Päckchen zu tragen hat, seine Geheimnisse hütet und in gewisser Weise Schuld auf sich geladen hat. Das entfaltet einen immer größer werdenden Sog, der von den Beschreibungen der Handlungsorte – allesamt dunkle Gemäuer oder der tiefe, urwüchsige Wald – widergespiegelt wird. Stichwort Spiegel, gerade die Fähigkeit der Gräfin, ihre dunkle Macht über die Spiegel auszusenden, erweist sich als wichtiges Schauer-Element des Buches.

Atmosphärisch dicht und sprachlich ansprechend öffnet die Autorin ihr ganz eigenes Märchenbuch, erzählt eine Geschichte, die Albträume für den Leser bereithält, die ihn in die Erzählung zieht und wohlige Schauer den Rücken hinunterlaufen lässt.