Neil Young’s Greendale (Comic)

Joshua Dysart
Neil Young’s Greendale
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration & Zeichnungen von Cliff Chiang
Panini, 2013, Hardcover, 160 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-86201-658-7

Von Christel Scheja

Vor etwas mehr als zehn Jahren begeisterte Neil Young mit einem ambitionierten Konzeptalbum. „Greendale“ erzählte vom Leben in einer ganz normalen amerikanischen Kleinstadt und über eine Familie, deren Töchter eine ganz besondere Beziehung zur Natur hatten und haben. Nun wurde die komplette Geschichte der Rock-Oper auch von Joshua Dysart und Cliff Chiang in grafischer Form festgehalten.

Greendale ist ein kleiner Ort in Nordkalifornien, in dem fast jeder jeden kennt und das Leben einen eher friedlichen Verlauf nimmt. Derweil braut sich außerhalb der Idylle eine Gefahr zusammen, vor der keiner mehr wirklich die Augen verschließen kann. Nicht nur Umweltgefahren häufen sich, auch der Weg in einen Krieg am anderen Ende der Welt scheint unabwendbar.

Sun Green ist die jüngste Urenkelin des Mannes, der die Gemeinschaft von Greendale vor mehr als einem Jahrhundert mitgeformt hat und ist ein ganz normaler Teenager – so scheint es. Ihre Zwillingsschwester Luna ist schon als Säugling verstorben, etwas, das immer noch wie ein Schatten über der Familie liegt. So wie auch die Tatsache, dass viele Frauen ihrer Familie früh gestorben oder einfach verschwunden sind. Alle zeichneten sich aber ab der Generation ihrer Großmutter durch besondere Gaben und eine enge Verbindung zur Natur aus. Sun wird sich dessen immer bewusster, vor allem als auch noch ein Fremder in der Stadt auftaucht, den scheinbar nur sie sehen kann.

Seine Anwesenheit ist bedrohlich – und als er handgreiflicher wird, indem er ihren Cousin in den Abgrund reißt, ahnt Sun, dass sie nicht länger die Augen vor der Wahrheit verschließen kann, sondern sich ihrem Erbe stellen muss, das viel Verantwortung mit sich bringt. Sie muss nun auf eigenen Beinen und ihr Wort gegen den Rest der Welt erheben, um das zu tun, wozu sie geboren wurde. So wird sie zu einer Umweltaktivistin und beginnt den Kampf gegen einen mächtigen Konzern...

Man muss das Album von Neil Young nicht unbedingt kennen, um „Greendale“ zu genießen, denn die Geschichte ist auch so zu verstehen, vielleicht auch besser als in den kryptischen Zeilen der Lieder, die sie natürlich nur episodenhaft wiedergeben können. In der ruhig verlaufenden Handlung, die in mehrere Episoden aufgeteilt wird, erlebt man nicht nur das beschauliche Kleinstadtleben einer ganz normalen Familie mit – schon früh zeigt sich, dass die Frauen der Familie Green anders sind – besondere Gaben, die sie der Natur näher bringen. Sun, bisher nur ein ganz normaler Teenager, muss sich dem mystischen Erbe stellen, weil ein unheimlicher Fremder sie zunächst nur belauert, dann, als sie aber nicht das tut, was er von ihr zu erwarten scheint, immer mehr in die Ecke drängt. Er beginnt all das zu zerstören, was ihr lieb und teuer ist – angefangen mit ihrem Cousin Jed, über ihren Freund bis hin zu ihrem Großvater. Warum und wieso er dies tut erschließt sich nur, wenn man es wagt, zwischen den Zeilen zu lesen und sich den Fragen zu stellen, die die Geschichte aufwirft, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken. Die eigenwilligen Figuren tragen ihren Teil dazu bei, die Inhalte noch lange nachwirken zu lassen.

Heraus kommt eine spannende Geschichte, die gleich auf zwei Ebenen wirkt – einmal als berührendes Familiendrama, dann aber auch als mystische Geschichte, die mit vielen kryptischen Andeutungen auf das hinweist, was wir im Begriff sind, zu zerstören. Die Zeichnungen fangen dies zudem gelungen ein.

„Greendale“ wird von Panini nicht nur in einer besonders schönen Aufmachung präsentiert, die Geschichte gehört auch zu denen, die im Gedächtnis bleiben – weil die Autoren, der Rock-Oper folgend, mehr als nur ein mystisch verbrämtes Gesellschaftsdrama präsentieren. Wer zwischen den Zeilen liest, wird auch sehr schnell wissen, warum dem so ist.