Disney: Heimliche Helden 1: Supergoof (Comic)

Disney: Heimliche Helden 1
Supergoof
Übersetzung: Dr. Erika Fuchs; e.a.
Lettering: Frans Stummer
Ehapa, 2005, Hardcover, 144 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-7704-0690-6

Von Frank Drehmel

Dass Micky Maus, Goofy und der harte Kern der Familie Duck – Dagobert, Donald sowie die drei kleinen Neffen – die bekanntesten Bürger Entenhausens sind und sich seit vielen Jahrzehnten einer riesigen Fangemeinde erfreuen, steht außer Frage. Doch was ist mit all jenen Figuren, die im Schatten dieser Ikonen der Comic-Kunst zur Lebendigkeit und Aktualität des Disney’schen Universums beitragen, den Freunden und Feinden, den Geheimidentitäten oder den liebgewonnenen Objekten?
Den Abenteuern dieser Helden und Antihelden im Hintergrund widmet Ehapa im Rahmen seiner Comic Collection eine eigene Reihe von liebevoll edierten Hardcover-Sammelbänden, in welchen Entstehungsgeschichte und Werdegang dieser Figuren sowohl durch redaktionelle Beiträge, als auch zahlreiche historische Comicgeschichten näher beleuchtet werden.
Der Fokus des ersten Bandes liegt auf Supergoof, dem Alter Ego Goofys, des Stan Laurels Entenhausens, dessen kindliches Gemüt und Unbedarftheit seinen Freund Micky Maus ein ums andere Mal an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringt.

Sein Comic-Debüt hatte Supergoof, der nicht zuletzt wegen seines rot-blauen Outfits durchaus als Parodie auf Superman aufgefasst werden kann, im Jahre 1965 – also rund 30 Jahre nachdem Goofy selbst den Federn Floyd Gottfredsons & Co. entsprang – in Dell Connells und Paul Murrys Geschichte » Das Phantom« (»The Phantom Blot Meets Super Goof«). Hier ist er allerdings – anders als in späteren Geschichten – noch nicht der Konsument Kräfte verleihender Supererdnüsse, sondern das unfreiwillige Opfer von Daniel Düsentriebs Wasserstoffsuperdetektin, einer klaren Flüssigkeit, unter deren Verwendung der Erfinder auf Bitten Mickys das in den Wilden Westen geflohene Phantom ausfindig machen wollte. Das Wesen dieser wissenschaftlich induzierten Transformation bringt es mit sich, dass Supergoof gezwungen ist, sich sein Kostüm selbst zu schneidern – später bewirken die Supernüsse die automatische Verwandlung –, wozu er auf gerade greifbare Materialien, eine rote Ganzkörperunterwäsche sowie ein blaues Wettermäntelchen zurückgreift, auf Kleidung also, die die geheime Identität des neuen Helden nahezu perfekt verschleiert. Schon in dieser ersten Geschichte deutet sich an, was Supergoof in Zukunft immer wieder in die Bredouille bringen wird: sein ungestümes Wesen! Denn der Zuwachs an physischen Kräften bedeutet nicht automatisch einen Zuwachs an geistiger Reife.
Ein Wermutstropfen stellt die Übersetzung dieser Geschichte dar, die immer wieder der Entwicklung Supergoofs vorgreift, indem sie Zukünftiges (insbesondere die Supererdnüsse, aber auch die Kostümierung) zur Vergangenheit erklärt – Zitat: »Weil ich das Superwasser getrunken hab?! Ob das vielleicht so wirkt wie meine Supernüsse?« (S. 25) – und damit den Debüt-Charakter und historischen Wert der Story verschleiert.

Auch in der zweiten Geschichte – Ende Wut, alles gut (All’s Well That Ends Awful) –, die ebenfalls aus der Feder Connells und Murrys stammt, ist noch keine Erdnuss-Power angesagt, sondern Goofys Kräfte entspringen hier einem von Daniel Düsentrieb entwickelten Supergoof-Cape.
Erst danach werden auf Anregung des zuständigen Redakteurs die Supererdnüsse zum Markenzeichen des Charakters und bereiten damit zugleich weiteren interessanten Storyszenarien den Weg. So wird es beispielsweise möglich, das Goofys Neffe Alfons durch Nuss-Konsum zu Super-Alfons mutiert oder der böse Wolf zum Superwolf (einschließlich peinlicher Unterwäsche Zurschaustellung). In weiteren der insgesamt zwölf mehr oder weniger langen Geschichten dieses Sammelbandes schlägt sich unser Held mit Panzerknackern, normalen Schurken, Superschurken oder Riesenameisen herum, wobei jeweils das Damoklesschwert der begrenzten Supererdnuss-Wirkungszeit über ihm schwebt.

Auch wenn der Sammelband mit seinen 144 Seiten nur einen kleinen Teil jener Geschichten präsentieren kann, die sich in über 40 Jahren angesammelt haben, so vermitteln die Storys gerade jenen Lesern, die mit der Figur noch nicht vertraut sind, einen exzellenten Eindruck davon, was Supergoof ausmacht: Mut, Ungestümheit, Optimismus, Naivität und Güte.

Zu dem Artwork, das so unterschiedlich wie die Zeichner selbst ist, lassen sich aufgrund der Vielfalt nur schwerlich Aussagen treffen. Alles in allem spiegelt es Zeitgeist und typischen Disney-Charme wider, wobei lediglich Jack Bradburys Beitrag »Der schuldlose Schurke« (»Super Spoofed Goof«) eine unrühmliche Ausnahme darstellt, da er Entenhausen von normalen Menschen bevölkert zeichnet und nicht von knopfnasigen Hundeähnlichen.

Herausragend ist der umfangreiche redaktionelle Beitrag, in dem Wolfgang J. Fuchs auf neun Seiten die Entwicklung der Figur fundiert und kenntnisreich nachzeichnet, wobei kleine, den einzelnen Storys vorangestellte Texte das überaus positive Gesamtbild vervollständigen.

Fazit: Nicht nur für Fans von Superhelden einen Riesenspaß.