Chouchin (Comic)

Tina Lindhorst
Chouchin
Carlsen, 2009, Taschenbuch, 196 Seiten, 6,00 EUR, ISBN 978-3-551-77788-1

Von Irene Salzmann

Nach »Drachenschnee«, das in der »Chibi«-Reihe von Carlsen und in Zusammenarbeit mit Franziska Steffen erschien, liegt nun ein neuer Manga von Tina Lindhorst vor: »Chouchin« ist eine Sammlung von vier Geschichten, in denen die Schüler Kouji und Toki die Hauptrollen spielen – und es gibt auch ein Wiedersehen mit den Charakteren aus dem Erstlingswerk.

Eigentlich kann Toki den fröhlichen Kouji nicht besonders leiden, aber auf der Klassenfahrt bleibt ihm nichts anderes übrig, als im Bus neben ihm zu sitzen und sich ein Zimmer mit ihm zu teilen. Während einer Nachtwanderung verlieren sie durch ihr Streiten den Anschluss an die Kameraden und verirren sich im Wald. Als sie eine abgelegene Hütte entdecken, beschließen sie, in dieser auf den Tag zu warten. Schon bald zeigt sich, dass es einen Bewohner gibt, dem Toki für seine Pläne wie gerufen kommt.
Kouji und Toki treffen sich in der Bahn, aber etwas stimmt nicht. Das Abteil ist leer, der Schaffner ist merkwürdig, und dann werden sie auch noch an einer unbekannten Haltestelle in der Wildnis abgesetzt. Auf der Suche nach dem Heimweg stoßen sie auf ein Schloss, in dem vermummte Gestalten hausen. Auf der Flucht vor ihnen geraten sie in einen Wald voller Uhren und entdecken einen alten Mann, der in einem Eisblock steckt.
Die Zeit als Austauschschüler tut Kouji und Toki überhaupt nicht gut. Obwohl sie zusammen die Schule besuchen, zieht sich Toki zurück und freundet sich mit Masa an, der jedoch mehr als nur ein Kamerad sein möchte. Als Kouji den beiden auf eine Party folgt, werden sie im den Wald ohne Wiederkehr festgehalten und müssen durch ein Tor treten, auf dessen anderer Seite die Stadt Salander liegt. Diese wird von einem Paar böser Zauberer heimgesucht.
Nach dem Abenteuer in Salander wartet auf Kouji, Toki, Masa und ihren neuen Freund Shion bereits die nächste Bewährungsprobe. Kouji verschwindet durch eine Tür und bleibt verschwunden, auch als die anderen ihm folgen. Unerwartet bekommen sie Hilfe von der Hexe Lexi, Meister Tsuki, Meister Saru und Kinsha. Allerdings braucht nicht nur Kouji dringend Hilfe sondern auch König Agota.

Alle Storys werden durch eine Rahmenhandlung und den Geschichtenerzähler, der die Jungen manipuliert und sie belohnt, miteinander verbunden. Auch die Freundschaft von Kouji und Toki zieht sich als roter Faden durch die Geschehnisse, wobei der Künstlerin der Fehler unterlief, die beiden zu früh zu vereinen und keine weiteren Höhepunkte folgen zu lassen. Die Irrungen und Wirrungen der Herzen, an denen Masa und Shion nicht unschuldig sind, sind bloß ein dürftiger Ersatz. Allerdings bleib der Titel dadurch clean und kann auch von Lesern ab 13 Jahren bedenkenlos zur Hand genommen werden.
Das reifere Publikum erkennt die Quellen, aus denen geschöpft wurde: Kouji und Toki ähneln Soubi und Ritsuka aus »Loveless«, der Forscher in der Hütte ist Dr. »Frankenstein«, durch die stehen gebliebenen Uhren kommt der Umweltgedanke ins Spiel, weitere Anleihen stammen aus »Alice im Wunderland«, der japanischen Mythologie (die Kitsune) und dem westlichen Märchen (der Sensenmann) usw. Je aufmerksamer man liest, umso mehr Parallelen und Anspielungen entdeckt man.
Dennoch ist es der Künstlerin gelungen, die Versatzstücke auf eigentümliche Weise einzubinden, sie hin und wieder sogar zu verfremden und dadurch interessant zu machen. Unterstützt wird die Handlung von etwas naiv wirkenden, aber passenden Bildern, die von gleichbleibender Qualität sind.
Von daher kann man »Chouchin« jenen empfehlen, die sich für die Werke westliche Künstler interessieren oder die märchenhafte, witzige Fantasy mit einer guten Prise Boys Love mögen. Ein Hintertürchen blieb offen, so dass eine Fortsetzung folgen kann, falls die Leser-Resonanz stimmt.